Keine Ferkel als Handgepäck in der Bahn!

Bergedorfer Zeitung, 6. August 1924

Offenbar hatte es Probleme gegeben, und die Bahn musste ihre Fahrgäste daran erinnern, dass die Mitnahme von Ferkeln als Traglasten, also Handgepäck, nicht erlaubt war. Die Zeitungsmeldung gibt aber zu Fragen Anlass: wäre die Mitnahme eines sehr kleinen Lamms oder Zickleins zulässig gewesen, solange das Tierchen auf dem Schoße verblieb? Und warum war nur für einen kleinen Hund „die tarifmäßige Beförderungsgebühr zu entrichten“, nicht aber z.B. für große Katzen oder Kaninchen? Vogelhändler hätten sicher gern gewusst, was als „kleiner Vogel“ anzusehen war: fielen Tauben, Hühner, Enten und/oder Gänse, die man ja in Käfigen transportierte, in die erlaubte und beförderungsgebührenfreie Kategorie des Kleinvogels?

Bergedorfer Zeitung, 16. Oktober 1924

Eine weitere Meldung konnte diese Fragen nicht ausräumen – immerhin war ihr zu entnehmen, dass in der 1. bis 3. Wagenklasse das Handgepäck maximal 25 kg wiegen durfte, was sicher für mehr als einen kleinen Hund gereicht hätte. Das Höchstgewicht für die 4. Klasse ist hier nicht erkennbar, aber es dürfte bei 50 kg gelegen haben.

Die heutigen Vorschriften sind klassenlos. Bei der Deutschen Bahn muss für größere Hunde, die anzuleinen und mit Maulkorb zu versehen sind, ein Zusatzticket Hund gelöst werden; Hunde und Katzen in Behältnissen sind frei. Die HVV-Beförderungsbedingungen  (§ 12) sind etwas komplizierter. Ferkel, Vögel und dergleichen werden nicht genannt.

Bergedorfer Zeitung, 6. August 1924

Übrigens war die Schweinehaltung in der eigenen Wohnung schon damals unzulässig, wie der Vorfall aus Sande zeigt.

 

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Die Kirchenglocken und die Politik

Bergedorfer Zeitung, 31. Juli 1924

Bergedorfer Zeitung, 31. Juli 1924

Endlich konnten die im Krieg beschlagnahmten Kirchenglocken in Sande ersetzt werden; das Kirchenjubiläum hatte man noch ohne vollständiges Geläut und ohne die Prospektpfeifen der Orgel begehen müssen. Die neuen Glocken waren aus dem relativ kostengünstigeren Klangstahl, nicht aus Bronze, aber als sie geliefert wurden, bestand noch eine beachtliche Finanzierungslücke (BZ vom 21. Mai und 7. Juli).

Die Glockenweihe sollte am 3. August stattfinden, obwohl die Glocken schon knapp vier Wochen vorher geliefert worden waren – doch der 3. August passte den Verantwortlichen der Kirchengemeinde wohl besser, denn dann konnte man die Einweihung mit dem Gedenken an den Beginn des Weltkriegs zehn Jahre zuvor und an die Kriegsopfer verbinden. Dass dabei „jede politische Färbung ausgeschlossen sein“ und zugleich „der Kriegsschuldlüge gedacht werden“ sollte, scheint aus heutiger Sicht unvereinbar. Hätte die BZ einen Bericht über die kinderlose Veranstaltung gebracht, wüsste man wohl mehr.

Im September dann konnte auch die gereinigte und instandgesetzte Orgel mit neuen Prospektpfeifen, ebenfalls ohne Kinder, festlich eingeweiht werden (BZ vom 11. September).

Bergedorfer Zeitung, 11. September 1924

Es musste aber weiterhin Geld gesammelt werden, das u.a. durch den Verkauf von Ansichtskarten mit Fotos vom Hochziehen der Glocken (50 Pfg pro Stück) eingenommen werden sollte – ob der Diebstahl solcher Ansichtskarten aus dem Schaukasten am Pastorat einfache Kriminalität oder eine politische Demonstration und Straftat war, weiß man nicht (BZ vom 18. August).

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Die Motorräder und das Fahrverbot

Bergedorfer Zeitung, 30. Juli 1924

Warum allein Motorrad fahren, wenn man es auch in einer Gruppe tun kann? Das dürfte vor hundert Jahren ein wesentliches Gründungsmotiv für die „Motorradfahrervereinigung von Vierlanden und Umgegend“ gewesen sein – die Deregulierung der Kleinkrafträder hatte ja zu stark steigenden Zahlen geführt, was organisierte Gemeinschaftsveranstaltungen für manche Freunde dieses Motorsports sicher attraktiv machte.

Doch was des einen Vergnügen, ist des anderen Leid, Belästigung, Gefährdung und sogar Schaden: in Sande erhob der Bürgerverein Protest gegen eine behördlich genehmigte „Motorrad-Zuverlässigkeitsfahrt“, bei der angeblich der Ort viel zu schnell durchquert wurde (BZ vom 18. August). Für ein Motorradrennen Schwarzenbek – Lauenburg – Bergedorf und zurück wurden laut BZ die Ortsdurchfahrten in Bergedorf und Geesthacht „neutralisiert“ (BZ vom 20. und 24. September). Bei dieser Wettfahrt belegte der Neuengammer Otto Wulff überraschend Platz 2 (BZ vom 7. Oktober).

Bergedorfer Zeitung, 21. August 1924

Aber wie war Wulff an den Start gelangt? Die Landherrenschaft hatte das generelle Verbot des Befahrens der Deiche mit Motorfahrzeugen in den Vier- und Marschlanden ausdrücklich auf Kleinkrafträder ausgedehnt, da die Deiche für solchen Verkehr nicht geeignet waren (BZ vom 12. Juli) – Ausnahmen sollten allerdings möglich sein, und vielleicht war es Wulff ja gelungen, eine solche Genehmigung zu erhalten.

 

BZ, 25. August 1924

Die „Motorradfahrervereinigung“ kündigte „geeignete Schritte“ gegen das Fahrverbot bei der Behörde an (BZ vom 3. September), aber zumindest 1924 gab es keine Änderung der Vorschrift. Der Neuengammer Motorradhändler Hermann Stahlbuhk hatte zu diesem Zeitpunkt bereits resigniert und veranstaltete eine Art Schlussverkauf „zu jedem annehmbaren Preis“.

Ob die restriktive Regelung tatsächlich restriktiv gehandhabt wurde, kann man bezweifeln: die Gemeindevertretung von Curslack protestierte mehrfach gegen die großzügige Praxis der Landherrenschaft bei der Erteilung von Genehmigungen, allein 40 in Curslack (BZ vom 30. September und 13. Dezember).

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Junge Mädchen gesetzten Alters und konfirmierte Kuhhirten

BZ, 19. Juli 1924

Die von der Inserentin gewählte Altersangabe ist etwas verwirrend: sie beschrieb sich einerseits als jung, aber andererseits als gesetzt, also älter – die Bezeichnung „Mädchen“ war dagegen nicht als Altersangabe zu verstehen, sondern als eine Berufsbezeichnung: „Dienstmädchen“, also eine Hausangestellte.

BZ, 23. April 1924

BZ, 29. August 1924

Die Unklarheit der Begriffe „jung“ und „älter“ durchzieht zahlreiche Anzeigen: eine Zweiunddreißigjährige begab sich als „älteres Mädchen“ auf Stellungssuche, eine fast Vierzigjährige auf der Suche nach einem Ehemann sah sich als „junges Mädchen“.

BZ, 23. Juli 1924

BZ, 25. Juli 1924

Eine häufig zu findende Anforderung an junge Mädchen war ein Mindestalter von 18 Jahren. Nur selten wurde ein geringeres Alter akzeptiert, denn die unter 18 Jahre alten Mädchen mussten womöglich zur Fortbildungsschule und fehlten dann im Haushalt.

BZ 12. Juni 1924

BZ, 25. Juli 1924

Bei den fürs Kühehüten gesuchten Jungen schien auf den ersten Blick nicht das Alter relevant, sondern der christliche Glaube, denn die Sander und Lohbrügger Bauern suchten „konfirmierte“ Jungen (auch in der BZ vom 9. und 30. April sowie 12. August). Wahrscheinlich war die Religion als solche aber nicht ausschlaggebend: Konfirmation und Schulentlassung fanden zu Ostern statt. Das erklärt aber nicht, warum der Brotausträger christlich erzogen sein sollte.

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Das Fahrradparken in Bergedorf

BZ, 20. Mai 1924

BZ, 13. August 1924

Da war wohl ein neues Geschäftsfeld entdeckt worden: die sichere Aufbewahrung von Fahrrädern im städtischen Raum. Die erste Anzeige hatte der Privatier E. R. Heymann vom Bergedorfer Markt geschaltet – wer in der Hauptverkehrsstraße oder in der Nähe etwas zu erledigen hatte, konnte dort sein Zweirad zur Aufbewahrung abgeben. Frau Schmaljohann warb für ihr Abstellangebot in einem Hinterhof der Sander Großen Straße mit der Bahnhofsnähe, was „B+R“ möglich machte.

BZ, 24. Juli 1924

Auf die Fahrradaufbewahrung Adolf Nührmanns soll hier näher eingegangen werden: vom Hofplatz des „Gasthofs zur Sonne“ (Nr. 4 auf der Karte 1904) war der Weg zum Bahnhof sogar noch kürzer, und der Betreiber sicherte für seinen Fahrradstand eine ständige Beaufsichtigung zu, was ihn möglicherweise von den anderen Anbietern unterschied.

BZ 18. Juli 1924

Vermutlich war Nührmann Pächter des Hofplatzes bzw. eines ungenutzten Teils davon,  denn mit der zunehmenden Motorisierung war der Bedarf an „Ausspann“-Gelegenheiten zurückgegangen. Wie sich das Fahrradparken mit dem häufig stattfindenden Schweinehandel auf demselben Grundstück vertrug, ist ungeklärt.

Abstellmöglichkeiten wurden natürlich nicht nur für Fahrräder gesucht und gefunden; Garagen für Personen- und Lastautos tauchten in den Anzeigen auf wie auch Stallungen, letztere seltener (BZ vom 26. und 30. Juli sowie 4. September).

Eine Sonderstellung nahm sicher die Bootslagerung des an der Bille gelegenen Lokals Waldhaus ein:

(Aufnahme von ca. 1900)

Bergedorfer Zeitung, 4. April 1924

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„Selbsthilfe“ für Frühaufsteher

Bergedorfer Zeitung, 18. Juli 1924

BZ, 18. Juli 1924

Frühes Aufstehen am einzig arbeitsfreien Wochentag, dem Sonntag, forderte die Gemeinnützige Bau- und Spargenossen-schaft „Selbsthilfe“ in Sande von ihren Mitgliedern: es sollte „Pflichtarbeit“ geleistet werden: Tannen abholzen und dadurch das Baugelände vorbereiten; die Fortsetzung der Arbeit mit Karren und Schaufeln am 3. August (BZ vom 1. August 1924) wird nicht die letzte gewesen sein.

Ein gutes halbes Jahr zuvor war die „Selbsthilfe“ gegründet worden. Sie verlangte von ihren Mitgliedern nicht nur Arbeitseinsatz, sondern auch finanzielle Beiträge: der zu erwerbende Anteil von 30 Mark konnte in wöchentlichen Raten à 1 Mark gezahlt werden, darüber hinaus ein Wochenbeitrag von 50 Pfennigen (BZ vom 19. Dezember 1923 und 4. Januar 1924). Zuschüsse des Kreises Stormarn kamen hinzu (BZ vom 26. März 1924), was den Start sicher erleichterte, und schließlich musste sich die Gemeinde Sande zusätzlich beteiligen (BZ vom 1. Oktober 1924).

Von der Gemeinde erhielt die Genossenschaft 10 Baugrundstücke in Erbpacht, zumindest teilweise für Doppelhäuser (BZ vom 30. Juli 1924). Die für den 9. August angekündigte Richtfeier (siehe Ausschnitt unten) kann wohl kaum für einen Bau auf dieser Fläche gewesen sein, selbst wenn Tag und Nacht gearbeitet worden sein sollte. Der Bergedorfer Zeitung war übrigens nichts über die Lage der Bauplätze zu entnehmen – aus einer Nebenbemerkung in einem Vortrag Caesar Meisters (S. 6) kann man erschließen, dass an der Riehlstraße gebaut wurde.

BZ, 1. August 1924

Ob im Laufe der Zeit alle Genossen der „Selbsthilfe“ ein Baugrundstück erhielten, ist nicht bekannt; die Reihenfolge der Vergabe jedenfalls wurde ausgelost, und laut Caesar Meister wurde die Einrichtung noch vor 1945 aufgelöst: „Nachdem die Häuser in das Eigentum der Mitglieder überführt worden waren, ist die Genossenschaft dann verschwunden.“ (Ebd.) Vielleicht ist das der Grund dafür, dass die „Selbsthilfe“ in der Lokalgeschichtsschreibung (bisher) keine Erwähnung gefunden hat.

(Anmerkung: Nicht nur die „Selbsthilfe“ erhielt 1924 Erbpachtgrundstücke von der Gemeinde Sande, sondern auch drei Investoren mit 21 Grundstücken (BZ vom 30. Juli 1924). Es spricht viel dafür, dass alle diese Grundstücke an der Riehlstraße (zwischen Höperfeld und Marnitzstraße) liegen – vielen der Einzel- und Doppelhäuser unterschiedlicher Typen dort sieht man den Baustil der 1920er Jahre an.)

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Die gefährlichen Hochantennen

Von „plug and play“ waren Käufer von Rundfunkempfangsgeräten vor hundert Jahren weit entfernt: während in heutigen Geräten eine Antenne in aller Regel eingebaut ist, musste man früher eine Antenne anschließen und verfuhr nach der Faustregel: eine längere Antenne sorgt für besseren Empfang. Wie das aussehen konnte, ist auf einer Seite des Bayerischen Rundfunks zu sehen.

BZ, 21. Juni 1924

Der Rat der Stadt Bergedorf wollte verhindern, dass Antennen quer über Straßen usw. gespannt oder Starkstromleitungen gekreuzt würden, letzteres wohl vor allem wegen der Gefahr des Blitzeinschlags in eine Antenne und des Überspringens eines Einschlags ins Stromnetz, und machte einen Genehmigungsvorbehalt (wobei fraglich ist, ob die Stadtverwaltung damals über entsprechend sachkundige Mitarbeiter verfügte).

Die Hamburger Feuerkasse hatte ihrerseits schon vor der Installation von Außenantennen auf Dächern gewarnt, wenn diese nicht „sachgemäß konstruiert und von einem Fachmann sachgemäß angebracht“ würden und besonders auf die Notwendigkeit der Erdung hingewiesen (BZ vom 13. Juni).

Bergedorfer Zeitung, 16. Juli 1924

Dem flüchtigen Leser wird aber die hier wiedergegebene Meldung von Mitte Juli als Entwarnung erschienen sein: demnach erhöhe eine Hochantenne nicht die Einschlagswahrscheinlichkeit für den Blitz – „im Gegenteil“. Erst aus dem folgenden Satz wird deutlich, dass diese Risikominderung nur für geerdete Anlagen gelten solle und dass die Leitsätze des Verbands Deutscher Elektrotechniker zu beachten seien, wenn man nicht Gefahr laufen wolle, dass die Feuerkasse im Schadensfall den Schadenersatz verweigere.

Wenig später folgte per Verordnung die Genehmigungspflicht aller Hochantennen (BZ vom 2. und 4. September), und das traf die zahlreichen Radiobastler hart, denn die Prüfgebühr wurde in Bergedorf vom Rat auf 5 Mark festgesetzt (und 10 Mark bei einer eventuell erforderlichen Nachschau, BZ vom 10. September). Das stieß in der Stadtvertretung auf fraktionsübergreifenden Widerstand, und die Gebühr wurde auf 3 Mark bzw. 5 Mark reduziert (BZ vom 11. Oktober).

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Verkehrshindernis Reichsbahn

Bergedorfer Zeitung, 9. Juli 1924

Die Bahnschranken waren zu – ein für die Einwohner Bergedorfs und Sandes gewohntes Bild. Fußgänger konnten per Tunnel die Gleise an der Holstenstraße unterqueren, aber alle Arten von Fahrzeugen standen an den ebenerdigen Bahnübergängen still, was die örtliche Wirtschaftslobby verständlicherweise ärgerte.

Besonders störend waren die Rangierfahrten des morgendlichen Güterzuges, die für ein- bis zweistündige Verkehrsstaus mit „Dutzenden von Fuhrwerken“ sorgten, sehr zum Missfallen der Logistiker und Disponenten in den Firmen, der Fuhrleute, der Droschkenfahrer usw. Die Forderung der Wirtschaftlichen Vereinigung war schlicht: die Ankunft des Zuges sollte – wie vor dem Krieg – zu verkehrsarmer nachtschlafender Stunde erfolgen; dann würde ein frühes Be- und Entladen möglich, was sehr im Sinne der Wirtschaft wäre.

Eine erste Antwort der Bahn traf bereits nach drei Wochen ein, und sie fiel überraschend positiv aus: „die Früherlegung des Güterzuges [ist] vorbehaltlich der noch ausstehenden Zustimmung einiger Dezernenten genehmigt.“ (BZ vom 31. Juli) Offenbar gab es unter diesen Dezernenten keine Bedenkenträger oder sie konnten umge- bzw. überstimmt werden: ab dem 1. September sollte der Zug mit den für Bergedorf-Sande bestimmten Güterwaggons bereits um 03:47 Uhr eintreffen (BZ vom 23. August) – in den Vormittagsstunden sorgten dann nur noch der durchgehende Güterverkehr und der Personenverkehr für längeres Absenken der lästigen, aber notwendigen Schranken.

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Stenotypist und Stenotypistin

BZ, 14. Juni 1924

In Stellenanzeigen war vor hundert Jahren meist klar angegeben, ob eine Stelle mit einer Frau oder einem Mann besetzt werden sollte – da bildete die geschlechtsneutral formulierte Suche des Bergedorfer Rechtsanwalts und Notars Dr. Grethe nach einer Person, die sowohl die Stenographie als auch das Maschinenschreiben beherrschte, eine Ausnahme. Man kann über Grethes Motivation nur spekulieren – ein Grund könnte gewesen sein, dass Frauen schlechter bezahlt wurden.

Bergedorfer Zeitung, 12. Juli 1924

Ob Dr. Grethe dann einen Stenotypisten oder eine Stenotypistin einstellte, ist unbekannt. Vermutlich erfüllte die Person aber nicht die Ansprüche, denn wenige Wochen später inserierte Grethe erneut, diesmal größer, und diesmal sollte es definitiv eine Frau sein, und zwar eine, die ihre Arbeit perfekt verrichtete.

BZ, 3. Mai 1924

BZ, 23. April 1924

Die Kernkompetenz der Motorenbauer lag sicher nicht in der Rechtschreibung, und der (oder die) Personalverantwortliche des Kaufhauses Frank & Nielsen schien eine eher unklare Vorstellung vom Berufsbild einer Stenotypistin zu haben.

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Bergedorfs neuer Wochenmarkt

Die Einrichtung eines Gemüsemarktes in Bergedorf war eines der vielen Anliegen der Wirtschaftlichen Vereinigung Bergedorf: volkswirtschaftlich sei es „ein Unsinn“, dass die Vierländer Erzeuger den Hamburger Großmarkt belieferten, wo dann Bergedorfer Gemüsehändler, Ladengeschäfte wie die Stadt durchziehende Karrenhändler, ihre Waren einkauften – ein Wochenmarkt in Bergedorf müsse her, damit Vierländer Gemüse schnell und günstig zu den Bergedorfer Hausfrauen gelange. Die Wirtschaftsvertreter hatten dabei übrigens einen Hintergedanken: wenn die Arbeiterschaft weniger Geld für Lebensmittel benötigte, dann könnten die Löhne niedriger sein (BZ vom 20. Juni).

BZ, 3. Juli 1924

Der Rat der Stadt reagierte außerordentlich schnell: ab dem 8. Juli sollte es zweimal wöchentlich einen solchen Gemüsemarkt auf dem Brink geben. An diesem ersten Markttag lag die Zahl der Stände bei eher bescheidenen 15, dann aber stieg sie so stark, dass der Platz nicht mehr ausreichte. Folglich wurden die „Karrenhändler“ auf den Mohnhof verbannt, nur noch Erzeuger durften auf den Brink. (BZ vom 8., 11., 15., und 16. Juli). Die Hoffnung auf sinkende Preise durch mehr Wettbewerb zwischen den Ladengeschäften mit „Grünwaren“, den Karrenhändlern und den Erzeugermarkt-Beschickern wurde aber letztlich wohl enttäuscht. Die DDP bilanzierte knapp, dass „durch den Markt bis jetzt im großen und ganzen nicht erreicht worden ist, die Marktpreise niedriger als die Preise in den Ladengeschäften zu gestalten.“ (BZ vom 30. Juli)

 

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