Die Bergedorfer Bank und ihre Liquidation

BZ, 17. Februar 1921

Bergedorfer Zeitung, 21. Februar 1921

Keine Panik in Bergedorf, denn die Liquidation der Bergedorfer Bank war kein Bankrott, geschah nicht aus Insolvenzgründen: alle Einlagen und Kredite waren sicher.

 

Die Eintragung ins Genossenschaftsregister, dass die Genossenschaft aufgelöst und Liquidatoren bestellt waren, war eben nur die eine Seite der Medaille – die andere zeigte sich in den Inseraten wenige Tage später: das Geschäft mit allen Konten, Guthaben und Verbindlichkeiten war an einen anderen Träger übergeben worden: die Westholsteinische Bank.

Ludwig Bausewein

Es war wohl keine „Vereinigung“ beider Häuser, wie die Bergedorfer Bank in ihrer Darstellung erklärte, sondern eine „Übernahme“ mit gleichzeitiger Degradierung zu einer „Abteilung“, wie die Westholsteinische Bank schrieb – immerhin behielt sie die bisherigen Manager, Direktor Bausewein und Kassierer Wagas, die damit zu Abteilungsleitern wurden. Ludwig Bausewein, Direktor seit dem 1. April 1912, hielt als Adressbucheintrag bis 1923 an dem klangvollen Titel „Bankdirektor“ fest; ab 1924 war er als „Direktor der städtischen Sparkasse“ verzeichnet.

Die 1884 als „Spar- und Leihkasse zu Bergedorf, E.G.“ gegründete Bergedorfer Bank war das zweitälteste Geldinstitut am Platze – das erste war die 1874 von der Stadt Bergedorf übernommene „Bergedorfer Sparkasse“, auf die in einem späteren Beitrag eingegangen werden soll.

Zu den Initiatoren der Bergedorfer Bank zählten der Präses des Bergedorfer Bürgervereins, der Herausgeber der Bergedorfer Zeitung und drei Handwerksmeister. Der Präses wurde im Januar 1885 Direktor des genossenschaftlichen Instituts – sein Kassierer war übrigens Franz Paalzow, der Schöpfer der Bergedorfer Briefmarken. Nach seiner Pensionierung als Leiter der örtlichen Post trat Paalzow also eine neue Position an, die ihn zeitlich aber nicht überfordert haben dürfte: die Kassenstunden waren übersichtlich, montags und donnerstags von 20 bis 21 Uhr sowie sonnabends von 15 bis 17 Uhr. Für diese wenigen Stunden hätte sich ein eigenes Geschäftslokal nicht gelohnt, und so residierte die Bank im Hause des Direktors in der Großen Straße 7 (heute: Sachsentor 6).

Aber die Spar- und Leihkasse wuchs: 1903 erteilte sie den Bauauftrag für ein eigenes Gebäude (Holstenstraße 10, heute Alte Holstenstraße 69) – schon unter dem Namen „Bergedorfer Bank“, denn im Jahre 1900 hatte man das Tätigkeitsfeld erweitert und bot nun alle bankmäßigen Geschäfte an. Vermutlich reagierte sie damit auch auf die „Deutsche Bank“, die 1897 in Bergedorf ein Geschäftslokal eröffnet hatte (1897, siehe Hoffmann/Hoeft, S. 59) und hinter der man nicht zurückstehen wollte.

Ansichtskarte, gelaufen 1907

Das 1904 bezogene Gebäude wurde 1983/1984 von Grund auf modernisiert und renoviert. Sein äußeres Erscheinungsbild kommt dem ursprünglichen Bau wieder sehr nahe und es kann zu den schönsten Häusern dieser Epoche in Bergedorf gerechnet werden. Der Name „Bergedorfer Bank“ war da schon verschwunden (1968), aber einige Bankenfusionen weiter kann man sagen, dass die Nachfahren der „Spar- und Leihkasse zu Bergedorf, E.G.“ von 1884 (mit deutlich erweiterten Geschäftszeiten) bis heute in diesem Haus arbeiten.

 

Für ihre Hilfe und Bereitschaft, Quellen und Material zur Verfügung zu stellen, danke ich Hans-Jürgen Bausewein und Willy Timmann. Die von der Vereins- und Westbank herausgegebene „Bergedorfer Bankzeitung“ kann im Staatsarchiv Hamburg eingesehen werden. Die Statuten und einige Geschäftsberichte der Bergedorfer Bank stehen in der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg zur Verfügung (Präsenznutzung).

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