Sogar angeschwemmtes Reet konnte man 1920 zu Geld machen – „Streuels“ ist laut Hamburgischem Wörterbuch im Wasser treibendes Schilf, das sich nach höheren Wasserständen im Deichvorland ablagert. Offenbar gab es Nutzungen dafür, z.B. getrocknet als Einstreu in Stallungen, und der Deichvorstand von Kirchwärder wollte mit der Verpachtung Einnahmen erzielen. Heute muss die Stadt Geld dafür aufwenden, das Schilf und anderes am Deichfuß Angetriebenes, das nun „Treibsel“ genannt wird, zu entsorgen.
Die Deiche waren damals nicht städtisch, sondern Gemeineigentum der Deichverbände, die wiederum die Landbesitzer zu Bau, Unterhaltung, Sicherung und ggf. Wiederherstellung eines definierten Deichabschnittes verpflichteten („Deichlast“). Durch die Verpachtung der dem jeweiligen Verband gehörenden Außendeichsflächen (und durch Zwangsbeiträge in die „Deichkasse“) hatte der Verband auch Geldeinnahmen – zum Deichwesen in den Vierlanden siehe den Aufsatz von Carsten Weide.
Nicht nur das Vorland wurde verpachtet, sondern ebenso die Deichböschungen zur Grasnutzung, wie aus weiteren Anzeigen hervorgeht, und da der Curslacker Neue Deich der Stadt Hamburg gehörte, betätigte sich sogar die Finanzdeputation als Verpächter. (Auch die Stadt Bergedorf machte Gras zu Geld: sie vergab die Grasmahd auf den Wiesen im Stadtpark an den Meistbietenden, BZ vom 19. Mai.)
Nach der Sturmflut von 1962 wurde diese Organisationsstruktur aufgegeben: die Deiche und alle damit zusammenhängenden Aufgaben wurden von der Stadt Hamburg übernommen, was zu einer immensen Verbesserung des Hochwasserschutzes geführt hat. Die Böschungen der Schutzdeiche werden auch nicht mehr verpachtet, sondern durch von der Stadt beauftragte (und bezahlte) Unternehmen gemäht und durch Schafe beweidet.
Der Deichverband der Vier- und Marschlande als Zusammenschluss der zehn gemeindlichen Deichverbände ist auch heute noch in das Deichwesen und den Hochwasserschutz aktiv eingebunden, wie z.B. aus einem Artikel der Bergedorfer Zeitung von 2011 und einem Artikel von 2013 hervorgeht.