Die Deutschnationalen Handlungsgehilfen in Bergedorf-Sande

Bergedorfer Zeitung, 15. September 1924

Für einen Handlungsgehilfen (heute: kaufmännischer Angestellter) klangen die Angebote in dieser Werbeanzeige bestimmt attraktiv – der Hinweis auf den riesigen Pferdefuß fehlte natürlich.

Anlässlich des Umzugs der hauptamtlich geführten Geschäftsstelle hatte die Ortsgruppe Bergedorf-Sande des Deutschnationalen Handlungsgehilfen-Verbands (DHV) diese Annonce in die BZ setzen lassen, die sich nur an Personen männlichen Geschlechts wandte: der DHV sah sich als Interessenvertretung der Männer in den Büros und Kontoren und wollte dort keine Konkurrenz durch Frauen (siehe den Beitrag Frauen zurück an den Herd).

Das in der Anzeige dargelegte Leistungsspektrum für die Mitglieder war vielfältig, es ging weit über eine berufsständische Vertretung hinaus: die Krankenversicherung zum Beispiel übernahm die Kosten für Behandlungen als Privatpatient, Wohlfahrts- und Finanzeinrichtungen standen zur Verfügung, indirekt förderte der DHV auch den Wohnungsbau für Mitglieder. Bei den monatlichen Versammlungen im Portici gab es mal Verbandsthemen, mal allgemein Interessierendes wie einen Vortrag über den Sternenhimmel (z.B. BZ vom 25. Januar, 10. April und 3. Juli 1924). Man konnte in einer „Geschäftsmannschaft“ Fußball spielen, die u.a. gegen den Sander Turn- u. Spielverein v. 1892 antrat (z.B. BZ vom 26. Juni 1923), die Sternwarte besichtigen (BZ vom 3. Juli 1924), mit der Jugendgruppe auf Schnitzeljagd Richtung Sachsenwald gehen (BZ vom 15. September 1924).

All dies kam aber verbunden mit einer politischen Haltung, und das war der Pferdefuß: bei den Versammlungen in Bergedorf wurde immer wieder betont, dass man nicht neutral sei: „Der DHV ist nicht nur Gewerkschaft schlechthin, sondern eine nationale Bewegung. Er verficht das soziale Wohl der Handlungsgehilfen letzten Endes, um sie stark zu machen für den Dienst am Vaterland.“ (BZ vom 25. Januar 1924; siehe auch den Beitrag zur Schlammschlacht um die Volksbildung) – Ein anderer Redner betonte das Bekenntnis des DHV zum völkischen Gedanken (und damit zum Antisemitismus), wobei der DHV sich nicht an eine bestimmte Partei binde (BZ vom 10. April 1924), aber Sozialdemokraten und Kommunisten waren definitiv unerwünscht.

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