Allem Papiermangel zum Trotz: auch um die Jahreswende 1917/1918 erschienen Bücher, und Werke von Schriftstellern aus dem Heimatgebiet wurden in der BZ rezensiert – so auch hier.
Johann Brüdt war nicht nur Rektor der Mädchenschule in Sande, der sich vielfältig in seiner Gemeinde engagierte, er war auch Schriftsteller (siehe Bergedorfer Personenlexikon). An ihn erinnert heute der Brüdtweg in Lohbrügge (früher Sande), wenn auch ohne Erklärungstäfelchen unter dem Straßenschild.
Während der Kriegsjahre tauchte der Name Brüdt häufiger in der Bergedorfer Zeitung auf, denn er betrieb für die Gemeinde Sande die Goldankaufstelle (siehe z.B. BZ vom 1. März 1917). Mehrfach druckte die Zeitung seine patriotischen Gedichte (z.B. BZ vom 4. Januar, 16. April und 22. Mai 1915), und Ende 1917 erschien sein Roman „Karsten Holm“ (BZ vom 23. November 1917) – offenbar ein Verkaufsschlager (zumindest im Raum Sande/Bergedorf), denn nach wenigen Monaten schon inserierte der Verlag, dass das Buch „wieder lieferbar“ sei (BZ vom 9. März 1918). Zum Verkaufserfolg wird die Kulisse der Romanhandlung in beträchtlichem Maße beigetragen haben, denn wie die BZ schrieb, spielen große Teile in „Berghausen“, d.h. Sande.
Die Handlung selbst lässt sich gut der Buchkritik der Zeitung entnehmen – die literarische Bewertung fällt einhundert Jahre später weniger euphemistisch aus, und das Fazit, dass der Krieg alles heilt und die Menschen zusammenführt, möchte man auch nicht teilen. Etwas penetrant ist zudem Brüdts glorifizierende Darstellung seines eigenen Standes Volksschullehrer.
Der Lehrer Paulsen, eine der Hauptfiguren, setzt sich – wie übrigens auch der Autor – für den Erhalt der Boberger Dünen ein, und der im Roman geschilderte Sandabbau hat auch tatsächlich stattgefunden, u.a. 1903 – 1907 zur Aufhöhung des Hammerbrooks und von Teilen Billwärders. Der im Roman namenlose Bach in einer „mit Buschwerk bewachsenen Schlucht“ mit dem benachbarten Urnenfriedhof wird die Ladenbek zum Vorbild gehabt haben. Die „Waldstraße“, an der das Holmsche Haus lag, trägt heute den Namen Höperfeld, der geschilderte Weg durch den Kiefernwald in die Dünenlandschaft dürfte mit dem heutigen „Walter-Hammer-Weg“ gleichzusetzen sein. Die Buchillustration des Berghausener Wasser- und Aussichtsturms von Theodor Herrmann auf S. 126 zeigt eindeutig den „Sander Dickkopp“. So lassen sich diese und andere Handlungsorte in Sande identifizieren – eine Entschlüsselung von Romanfiguren als reale Sander Personen (Kaufmann Mohr, der „Fabrikant“, der Förster, der „Professor“, die Lehrerin Anna Fester, …) war aber nicht möglich.
Einige Worte noch zu dem zweiten hier rezensierten Buch: der im Blog-Beitrag Große Politik in Bergedorf genannte Albert Zimmermann schrieb „Vom Eheglück“ und gab nach Ansicht des BZ-Kritikers „eine reiche Fülle guter Ratschläge für den Hausgebrauch“, wobei er nicht mit starken Worten geizte: „Der Mann muß dem festgewurzelten Baume gleichen, an dem sich die anpassungsbedürftige Frauenseele emporranken kann.“ (S. 21) – „Die Natur, nicht etwa Menschensatzung, hat dem Weibe den Mann als Führer gegeben.“ (S. 22) Als Ratgeber kann das Buch aus heutiger Sicht nicht empfohlen werden. Eine nach Zimmermann benannte Straße gibt es nicht, und das freut ein denn ja auch.