Benzin und Kraftfahrzeuge in Bergedorf

Bergedorfer Zeitung, 30. Mai 1925 (verkleinerte Wiedergabe)

Schon ein Jahr nach ihrer Einführung in Hamburg gab es die hochmoderne Dapolin-Straßenpumpe auch in Bergedorf-Sande – ein deutliches Zeichen für die zunehmende Motorisierung des Verkehrs. Meist erfolgte die Betankung aber noch aus Kannen oder Kanistern wie z.B. bei Fritz Bundesen in seinen beiden Auto-Werkstätten an der Kampchaussee und beim „Schützenhof“ in Sande; ab Ende Juni bot zudem das Gaswerk Bergedorf „Motorenbenzol für Kraftwagenbetrieb“ an (Anzeigen in der BZ vom 30. Mai und 25. Juni 1925).

(Die erste Anzeige mit der Dapolin-Zapfsäule war in der BZ schon am 28. Mai erschienen, leider mit nicht korrekten Adressangaben. Aus der Deutsch-Amerikanischen Petroleum-Gesellschaft ging übrigens die Standard Oil Company hervor, die später zu Esso und dann ExxonMobil wurde.)

BZ, 2. Juni 1925

Der Bergedorfer Wilhelm Wulf mag als Beispiel für den Wandel im Verkehr dienen: als er 1924 seine Auto-Taxe anschaffte, betonte er, dass er seine Pferdedroschken dennoch weiter zur Verfügung stellte.  1925 warb er nur noch für seine Auto-Taxe – ähnlich in der Stadt Hamburg: dort war die Zahl der Pferdedroschken von knapp 1.000 auf 80 im März 1925 zurückgegangen, und im Juni waren es nur noch 20 (BZ vom 20. Juni 1925). Am 6. September wurden die letzten ihrer Art mit Musik und Umzug verabschiedet (BZ vom 5. September 1925).

Bergedorfer Zeitung, 28. Mai 1925

Insgesamt waren im Mai 1925 in Bergedorf die Motorfahrzeuge schon in der Mehrheit: eine dreitägige Verkehrszählung am Bahnübergang Bergedorf-Sande erfasste 2.073 Fahrzeuge, davon 364 Motorräder. Lässt man die Motorräder außer Betracht, waren knapp 40 % „bespannte Fuhrwerke“, und hiervon die große Mehrheit „Lokalverkehr“ aus Bergedorf-Sande – entweder war Hamburg auf dem Weg zum Automobil schon weiter als Bergedorf-Sande oder bei den geringen Entfernungen konnten Pferdewagen noch konkurrieren.

Fußgänger und Radfahrer wurden übrigens nicht gezählt; sie hatten ja einen Tunnel als Alternative zum ebenerdigen Bahnübergang mit den oft und lange geschlossenen Schranken – mit der Zählung hatte die Wirtschaftliche Vereinigung konkrete Werte ermitteln wollen, die der Bahn die Notwendigkeit der Höherlegung der Bahntrasse beweisen sollten. Dafür hätte aus heutiger Sicht die Verkehrsbelastung sicher nicht ausgereicht.

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Die dörflichen Versicherungen

BZ, 27. Mai 1925

Das Beispiel der Mobiliar-Feuerversicherung in den Vierlanden und Krauel zeigt die Vorteile einer kleinen Versicherung auf Gegenseitigkeit: man kennt sich, man steht füreinander ein. Die Organisation ist demokratisch, denn jedes Mitglied hat eine Stimme. Man braucht auch keinen aufwändigen Verwaltungsapparat, was die Höhe der Beiträge dämpft, und es gibt keinen Eigentümer oder Investor, der vor allem an Gewinnausschüttung interessiert ist.

 

Bergedorfer Zeitung, 2. Juni 1925

Nachteilig ist aber die geringe Größe, wie hier zu sehen: zwei Großbrände hatten die Versicherung in Schieflagen gebracht – nur durch Kredite konnten die zu leistenden Zahlungen bewältigt werden. Doch da zeigte sich auch wieder ein Vorteil: die Kirchwärder Spar- und Leihkasse sprang als Kreditgeber ein, und so sorgte eine örtliche Genossenschaft dafür, dass ein örtlicher gemeinnütziger Verein weiterbestehen konnte und die lokale Wirtschaft und ihre Netzwerke keinen Schaden erlitten.

Bemerkenswert ist die Aussage im Jahresbericht, dass in der Inflationszeit „die Feuerschäden auf ein Mindestmaß beschränkt blieben“ und „dass mit Einführung einer stabilen Währung … automatisch auch die Feuerschäden wieder einsetzten“. Man kann sich durchaus vorstellen, dass sich Teilnehmer der Versammlung der Mobiliar-Feuerversicherung bei diesen Worten wissend anschauten …

Die Vereinsmitglieder beschlossen jedenfalls, ein (Übernahme-)Angebot einer „auswärtigen größeren Versicherung“ abzulehnen und „ein Bild starken Selbstbewusstseins und vollen Vertrauens in die Kraft der heimischen auf Gegenseitigkeit begründeten Versicherung“ zu präsentieren (BZ vom 30. Juni 1925).

BZ, 25. Januar 1925

Die Mobiliar-Feuerversicherung war in ganz Vierlanden aktiv – das war bei den Viehversicherungen nicht der Fall: in Kirchwärder gab es den Schweineversicherungsverein für die Südseite, und vermutlich gab es weitere Vereine in den Vierlanden, die leider ohne die Zeitung mit ihren Mitgliedern kommunizierten; über die Bergedorfer Gewichts-Schweinegilde wurde bereits berichtet.

Die Hamburger Feuerkasse bemühte sich, die angeblich 30 Viehversicherungsvereine in einer landesweiten leistungsfähigen Gesellschaft zu vereinen – sie wollte kostenlos die Verwaltung übernehmen, vieles sollte weiter dezentral und ehrenamtlich erledigt werden (BZ vom 24. Januar und 7. Februar 1925).

Bergedorfer Zeitung, 2. Mai 1925

Wahrscheinlich steckte hinter diesen Plänen der Staat, der wohl glaubte, den Viehhaltern etwas Gutes tun zu können – aber die Feuerkasse war wegen ihrer hohen Versicherungsprämien für Weichdächer in Vierlanden eher unbeliebt, woran auch die Kofinanzierung von Motorspritzen der Feuerwehren durch die Feuerkasse nichts änderte. Der Staat gab zwar Kredite für Düngemittel, andererseits belastete er die Landwirtschaft mit der geänderten Grundsteuer und der neu beschlossenen Infrastrukturabgabe, kurz: man traute der Landespolitik nicht über den Weg, und so entschied eine Versammlung der Versicherungsvereine, „die Sache langsam reifen zu lassen und nichts zu übereilen.“ (BZ vom 27. Juni 1925)

In Wahrheit war es wohl eine Absage: der Schweineversicherungsverein Kirchwärder-Südseite bestand genauso fort wie die Horst-Borghorster Schweineversicherung in Altengamme, wie sich aus Anzeigen u.a. am 10. Januar 1929 ergibt.

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Die störenden Verkehrsteilnehmer

Es sind halt immer die anderen, die den Verkehrsablauf stören, nicht man selbst. In den Vierlanden gingen die Streitigkeiten und gegenseitigen Schuldzuweisungen zwischen motorisierten Verkehrsteilnehmern und solchen mit Pferden 1925 weiter, und manchmal fand das im Sprechsaal der Bergedorfer Zeitung Widerhall.

Bergedorfer Zeitung, 22. Mai 1925

Bergedorfer Zeitung, 23. Mai 1925

Aktuell scheint es keine Probleme wegen Pferden im Verkehr zu geben.

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Das zensierte Meter-Jubiläum

Bergedorfer Zeitung, 20. Mai 1925

1925 vermerkten Metrologen (kein Schreibfehler!) das „Goldene Jubiläum des Metermaßes“, und auch die BZ würdigte den Jahrestag und den Meter, der in immer mehr Ländern zur Längenmessung benutzt wurde und wird. Es mag Zufall sein, aber bestimmte Aspekte der Maßeinheit und ihrer Einführung blieben in der BZ unerwähnt:

Am 20. Mai 1875 war bei einer Konferenz in Paris die Meterkonvention unterzeichnet worden – in Paris! Und der Meter als Längenmaß ist ja sowieso französischen (!) Ursprungs: bei Wikipedia und in vielen anderen Veröffentlichungen ist nachzulesen, dass Franzosen (!) die maßgeblichen Messungen durchführten und der französische (!) Nationalkonvent (1793) – in Paris! – den Meter zur verbindlichen Einheit erklärte. Errechnet wurde der Meter als Bruchteil der Entfernung zwischen Nordpol und Äquator eines bestimmten Meridians  – des Meridians durch Paris! Zudem wurde ein Urmeter hergestellt – und in Paris verwahrt!

Angesichts der Verkürzungen in der BZ kann man schon von frankophober journalistischer Zensur sprechen. Der „Hamburgische Correspondent“ (ebenfalls 20. Mai 1925, im Portal Hamburger Zeitungen digital) versuchte übrigens nicht, die Rolle Frankreichs totzuschweigen. Er stellte nüchtern die Fakten dar.

Bergedorfer Zeitung, 30. November 1925

BZ, 2. April 1925

Amtlich und offiziell galt in Deutschland das Meter-Maß, doch die Vorgänger waren 1925 noch immer im Gebrauch, besonders bei Flächenangaben für landwirtschaftliche und gärtnerische Nutzung – dort waren die Ruten langlebig, tendenziell aber abnehmend.

Der Urmeter hat übrigens seine Bedeutung verloren: der Meter und andere Maßeinheiten werden heute über Naturkonstanten definiert – die Physikalisch-Technische Bundesanstalt – Nationales Metrologieinstitut gibt dazu präzise Auskunft.

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Von der Villa per Wettbewerb zum Rathaus

Bergedorfer Zeitung, 6. April 1925

Als die Stadt Bergedorf 1924 die Villa Messtorff mit Nebengebäuden und Park kaufte, blieb die künftige Nutzung zunächst noch unklar. Ab März 1925 wurde es immer klarer und konkreter: die Villa sollte das Bergedorfer Rathaus aufnehmen, und ein beschränkter Architektenwettbewerb wurde ausgeschrieben, an dem sich zehn Büros beteiligten (BZ vom 4. und 28. März, vom 1. und 6. April sowie 14. Mai 1925).

Bergedorfer Zeitung, 13. Mai 1925

Nun lag das Ergebnis vor: der 1. Preis ging an den Hamburger Architekten Karl Schneider, der 2. Platz ging an Henry Grell und Peter Pruter für ihren Entwurf – obwohl das Preisgeld recht bescheiden war, hatten sich also renommierte Architekten beteiligt und ja schließlich auch durchgesetzt.

Zwar war in der Auslobung nur von einem „Anbau“ die Rede gewesen, nicht von einem „Umbau“, aber der Messtorffsche Wintergarten sollte in jedem Falle weichen, denn dorthin konnte und sollte der Baukörper erweitert werden, und für eine Gartenbauausstellung im Sommer benötigte man ja auch keinen Wintergarten. Selten bedauert man das Fehlen von Abbildungen in der BZ so sehr wie hier; die Öffentlichkeit 1925 konnte alle zehn Entwürfe in einer Ausstellung im Stadthaus betrachten und versuchen abzuschätzen, ob Schneiders Konzept wirklich so dysfunktional war wie in einem Leserbrief, der Grell/Pruter favorisierte, behauptet (BZ vom 19. Mai 1925).

Bergedorfer Zeitung, 20. Mai 1925

Vielleicht veranlasste diese Stellungnahme Bergedorfs Rat und Stadtvertretung, nicht nur den zur Realisierung vorgesehenen Entwurf Schneider durcharbeiten zu lassen, sondern auch den zweitplatzierten Plan (BZ vom 20. Mai 1925).

Letztlich gab es keinen Unterschied zwischen Platz 1 und Platz 2: keiner von beiden Bauten wurde realisiert, was Thema eines späteren Artikels sein soll.

 

 

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Gefährliches und mutförderndes Baden

Bergedorfer Zeitung, 13. Mai 1925

Allein in Preußen waren zwischen 1904 und 1924 über 63.000 Menschen ertrunken, fast 39 % davon waren Kinder – eine erschreckende Zahl. Auch aus dem Gebiet der Landherrrenschaft Bergedorf meldete die BZ jedes Jahr mehrere Fälle, die wenigsten aus Bergedorf (Bille bzw. Schleusengraben), die meisten aus Geesthacht (Elbe), und 1925 ertranken dort wieder Menschen. Das Baden in der Elbe war (und ist) gefährlich: im Sommer 1925 gab es mehrere Fälle des Ertrinkens, sogar von geübten Schwimmern, denn die Strömung und die Strudel an den Buhnenköpfen waren nicht nur für Nichtschwimmer gefährlich (BZ vom 23. Mai, 10. und 12. Juni sowie 8., 21., 29. und 30. Juli 1925).
Die am Schluss des Artikels erhobene Forderung nach Schwimmunterricht in den Schulen und „Rettungswachdiensten an allen gefährdeten (sic!) Stellen“ war berechtigt, es bestand dringender Handlungsbedarf – allerdings stand Schulschwimmen in Hamburg schon seit 1890 im Lehrplan, wie Ingeburg Zeidler schreibt; zum Leidwesen der Behörde fand mangels geprüfter Schwimmlehrer der Unterricht aber nicht an allen Schulen statt (BZ vom 12. September 1925).

BZ, 11. April 1925

BZ, 9. April 1925

„Badeplätze unter fachkundiger Leitung“, die der Journalist ja ebenfalls forderte, waren jedenfalls in den Badeanstalten Bergedorfs und Sandes an der Bille vorhanden. Die Bekanntmachung der Badezeiten für beide Bäder zeigt, dass für schulischen Schwimmunterricht täglich Zeit zur Verfügung stand.

Bergedorfer Zeitung, 13. Mai 1925

Bergedorfer Zeitung, 29. Juli 1925

Endlich war in Bergedorf auch die Gleichstellung von Männern und Frauen in Sachen Badezeiten erreicht; die frühere Bevorzugung der männlichen Badenden war beseitigt und es gab erhebliche Zeiten des gemeinsamen Badens von Männlein und Weiblein, ebenso in Sande, wo Frauen sogar mehr Zeit als den Männern eingeräumt wurde.
Eine Gastautorin der BZ betonte in einem Artikel den „Wert des Schwimmens für die Frau“ (BZ vom 12. Juni 1925): „Im Wasser ist alles frohgemut und unbeschwert …. viele sonst untätige Muskeln müssen arbeiten …. Dazu ist die Lage beim Schwimmen, emporgerichteter Kopf, gestreckter Rücken und vorgewölbte Brust eine Haltungsübung ersten Ranges. …. Auch der persönliche Mut wird gefördert und durch das Schwimmen Selbstvertrauen, Selbstbeherrschung, Geistesgegenwart, Kraftgefühl und erhöhte Lebenslust geweckt.“
Bei manchen Männern schien das Schwimmen eher die Selbstüberschätzung zu wecken: die 1925 im Raum Bergedorf Ertrunkenen waren mit einer Ausnahme männlich.

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Orthopädisches Turnen statt Redressions-Apparat

Bergedorfer Zeitung, 9. Mai 1925

Beinahe jedes siebte Kind in Bergedorf litt unter Rückgratverkrümmung, so die schulärztliche Untersuchung vom Frühjahr 1925, und erst daraufhin beschloss die Schulkommission der Stadtvertretung, an den Schulen „orthopädische Turnkurse“ einzurichten. Die dafür nötige Lehrerfortbildung hatte mit Prof. Dr. Carl Deutschländer eine Autorität auf diesem Gebiet übernommen – wie viele Lehrkräfte teilnahmen, wie viele Kurse eingerichtet wurden, wie viele Kinder teilnahmen, stand nicht in der BZ.

Bergedorfer Zeitung, 19. Januar 1913

Als 1913 der erste BZ-Artikel zum Thema „orthopädischer Unterricht“ erschien (BZ vom 30. November 1913), setzte man auf andere Abhilfe: eine Hamburger Firma warb mit diesem Schockbild für ihren Redressions-Apparat. 1924 inserierte sie mit demselben Bild und versprach Abhilfe durch ihren „Geradehalter“ (BZ vom 4. Januar 1924).

 

Bergedorfer Zeitung, 11. April 1925

In Bergedorf-Sande bot das „Korsett-Atelier Wilhelmine Landrock“ ab 1910 alle Arten maßgefertigter Korsetts an (BZ vom 20. Juli 1910), z.B. Frack-Korsetts für Männer, auch „Kinder-Korsetts“ und „orthopädische Geradehalter“, doch nach dem Ende des Weltkriegs zielte Frau Landrock in ihren Anzeigen eher auf ein Publikum jüngerer modebewusster Damen.

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Hilfe und Selbsthilfe für die Hilfsschule

Bergedorfer Zeitung, 6. Mai 1925

Die Lehrer der Bergedorfer Hilfsschule wollten sich nicht auf das Erteilen von Unterricht beschränken: sie planten für die Schülerinnen und Schüler einen Aufenthalt in einem Ferienheim. Dafür brauchten sie Geld, denn viele Familien konnten auch ohne Zusatzausgaben kaum über die Runden kommen. Also organisierten sie zusammen mit dem Elternrat einen „Niederdeutschen Abend“ in der Aula der Luisenschule, und der mehrere hundert Personen fassende Saal war gut gefüllt, wie man aus der Höhe der Einnahmen schließen kann.

Der Abend war von Professor Oskar Schwindrazheim geprägt: er stellte Bilder aus, Vertonungen seiner Gedichte wurden gesungen, und er selbst trug aus seinen Dichtungen vor, unter anderem zu „Aanten“ (Enten), „Lünken“ (Sperlinge, Spatzen), Adebors (Weißstörche) und „Kälwei“. Die Bedeutung von „Kälwei“ ist aber unklar, die einschlägigen Lexika der niederdeutschen Sprache führen nicht zu einem Ergebnis, auch nicht Schreibvarianten, wenn auch in der ersten Silbe das Wort „Kalf“ (Kalb) stecken mag. Nun ja, bei einem „poetischen Märchenzauber“, der die Zuhörer in den Bann zog, war und ist so ein Fragezeichen wohl ohne Belang.

Das Selma-Anna- und Otto-Heim der Julius und Betty Rée-Stiftung

Einen Bericht über die Ferienaktion suchte man in der BZ vergebens – eventuell verbrachte man die Zeit im oder beim Selma-Anna- und Otto-Heim auf dem Gojenberg. Über das Heim und seine Nutzungen berichtete die Bergedorfer Zeitung ausführlich am 24. September 1938 (S. 7): „1912 wurde es als eine Privatstiftung gegründet“. Der Name der Stifterin und ihrer Stiftung wurde dabei bewusst unterschlagen: es war die „Julius und Betty Rée-Stiftung“, und Familie Rée war jüdisch.

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Maulkörbe und Hundeleinen

Bergedorfer Zeitung, 29. April 1925

Seit mehr als einem Jahr litten Bergedorfs Hunde und Hundehalter unter Maulkorbpflicht und Leinenzwang (für die Hunde, nicht die Halter) – die verhängte Hundesperre sollte die Tollwut stoppen, aber wegen neu aufgetretener Fälle wurde sie immer wieder verlängert. Jetzt zeigten die Maßnahmen erste Erfolge: für die Stadt Geesthacht wurde die Hundesperre (nach dreizehn Monaten) aufgehoben, die Hunde im Bergedorf benachbarten Sande mussten nicht mehr Maulkorb tragen, sondern nur noch an der Leine geführt werden, ebenso im Stadtgebiet Hamburg (BZ vom 7. Februar, 21. und 28. März 1925). Ende April dann in Hamburg der Rückschlag und die Rückkehr zum Leinenzwang.

Bergedorfer Zeitung, 30. April 1925

Bergedorfer Zeitung, 28. April 1925

Unter diesen Umständen war es nicht leicht, einen Hund zu halten, aber die „Ortsgruppe Bergedorf-Sande und Umgegend des Vereins für deutsche Schäferhunde“ verfiel nicht in Resignation: sie zeigte im Sander Thalia-Theater einen Film über die „Aufzucht und Ausbildung des Schäferhundes“ (BZ vom 22. Januar 1925), und trotz der oben geschilderten Einschränkungen veranstaltete der Verein Anfang Mai in Bergedorf eine große Ausstellung von Schäferhunden, zu der zahlreiche auswärtige Gäste erwartet wurden, für die (und deren Hunde?) Quartiere gesucht wurden.

Bergedorfer Zeitung, 15. Juli 1925

Zu neuen Tollwutfällen kam es offenbar nicht, endlich fielen die Maulkörbe in den Landherrenschaften Bergedorf und Marschlande (BZ vom 8. Juni 1925) und schließlich auch die verbliebenen Restriktionen.

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Krebssuppe statt Cheeseburger auf dem Frühjahrsmarkt

Bergedorfer Zeitung, 4. Mai 1925

Nostalgie pur: der „beschauliche Krammarkt der Urgroßväterzeit“ war zum „Riesenrummelplatz“ geworden, schrieb die BZ am 4. Mai 1925 über den „stark amerikanisierten“ Bergedorfer Frühjahrsmarkt und trauerte dem „früheren Zauber“ nach.

Zumindest der Speisezettel der Gastronomen ließ keine Änderung erkennen: schon 1875 warb Schefe’s Salon für „Beefsteak und Krebssuppe“ (Bergedorfer Zeitung und Anzeiger vom 24. April 1875) – in den folgenden Jahrzehnten inserierten immer mehr Lokale und boten vor allem Krebssuppe an; 1925 nannten acht Wirte diese Spezialität (BZ vom 2. Mai 1925). Bei einer tiefgreifenden Amerikanisierung hätte man eigentlich Cheeseburger, Hot Dogs und dergleichen erwarten müssen; „heiße Wiener“ unterlagen sicher keinem transatlantischen Einfluss.

Die Entwicklung hin zum Vergnügungsmarkt mit „Welt-Attraktionen“ hatte auch schon im 19. Jahrhundert eingesetzt: „Auf dem Krammarkt waren nicht sehr viele Verkaufsbuden, wogegen die Gelegenheit zu Vergnügungen um so reichlicher geboten war und auch in ausgedehntester Weise benutzt wurde. Fünf Caroussels … waren immer voll besetzt“ (BZ vom 29. April 1884). Neu war 1925 vielleicht der diskriminierend so bezeichnete „Negerboxer“.

Zu dem ursprünglichen Markt-Montag war längst der Sonntag hinzugekommen. Die räumliche Ausdehnung („Riesenrummelplatz“) hatte in der Tat stattgefunden: der Bergedorfer Marktplatz hatte schon längst nicht mehr ausgereicht, die Fläche war auf die Hauptstraße ausgedehnt worden; dann (BZ vom 1. Mai 1884) verlagerte sich der Kram- und Vergnügungsmarkt immer mehr Richtung Portici und Neue Straße, 1929 weiter zum heutigen Standort Frascati-Platz (BZ vom 20. April 1929).

BZ, 4. September 1925

Der Vieh- und Pferdemarkt auf dem Brink bzw. Mohnhof hatte im Laufe der Zeit erheblich an Bedeutung verloren – er wurde noch 1925 auf den Frascati-Platz verlegt (BZ vom 2. September 1925).

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