„Geheime Sitzung“ nannte man früher den „nicht-öffentlichen Teil der Sitzung“ eines städtischen Gremiums. „Geheim“ klingt aufregender als es meistens war, aber in dieser geheimen Sitzung wurde ein echter Aufreger beschlossen, der prompt den Weg in die Zeitung fand: Bergedorf kaufte die örtlichen Besitzungen Richard Messtorffs, des Erben des Prinzen von Bergedorf.
War die Stadt Bergedorf an der hochherrschaftlichen Villa interessiert – oder an den Grundstücken? Jedenfalls beschloss die Stadtvertretung einstimmig den Kauf der Immobilie und der Grundstücke, laut BZ zu „in erster Linie Straßenregulierungs- und Ausbauzwecken zur Förderung des Siedlungswesens“. Da in dem Zeitungsbericht nur vom „Grundstück“ die Rede ist, könnte man also vermuten, dass der Bau von Wohnhäusern (ähnlich der Siedlung am Heinrich-Heine-Weg) auf der erworbenen Fläche von knapp 20.000 qm der Hauptgrund für den Erwerb war.
Aber was sollte mit der Villa geschehen? Eine gute Woche später schrieb die BZ: „man scheint sich in maßgebenden Kreisen über den Verwendungszweck selbst noch nicht im klaren zu sein“, und das ließ Raum für den (bestenfalls halbgaren) Vorschlag eines Bergedorfers, das Gebäude in eine städtische Festhalle umzuwandeln (BZ vom 8. Juli), woraus bekanntlich nichts wurde: das „schloßartige Gebäude“ (BZ) erhielt nach Teilabriss, Umbau und Erweiterung ein zweites Leben als Bergedorfs Rathaus.
Erstaunlicherweise tauchte das Thema 1924 in der BZ nicht wieder auf: demnach gab es keine Stellungnahmen von Vereinen, Verbänden und Parteien, auch keine weiteren Leserbriefe. Hinter den Kulissen wurde aber wohl an Zukunftsplänen gearbeitet, wie Olaf Matthes und Otto Steigleder (o.p., S. 15f.) schreiben. Die fundierte Darstellung dieser beiden Autoren weicht in einer Reihe von Punkten vom Zeitungsbericht ab: zwar nennen auch sie den Kaufpreis von 200.000 Mark (S. 22), äußern aber in Anm. 20 Zweifel an der Höhe: „Die Angaben über den Wert des Grundstücks differieren in den [amtlichen] Quellen.“ Das spricht nicht für eine vorbildliche Aktenführung.