Junge Mädchen gesetzten Alters und konfirmierte Kuhhirten

BZ, 19. Juli 1924

Die von der Inserentin gewählte Altersangabe ist etwas verwirrend: sie beschrieb sich einerseits als jung, aber andererseits als gesetzt, also älter – die Bezeichnung „Mädchen“ war dagegen nicht als Altersangabe zu verstehen, sondern als eine Berufsbezeichnung: „Dienstmädchen“, also eine Hausangestellte.

BZ, 23. April 1924

BZ, 29. August 1924

Die Unklarheit der Begriffe „jung“ und „älter“ durchzieht zahlreiche Anzeigen: eine Zweiunddreißigjährige begab sich als „älteres Mädchen“ auf Stellungssuche, eine fast Vierzigjährige auf der Suche nach einem Ehemann sah sich als „junges Mädchen“.

BZ, 23. Juli 1924

BZ, 25. Juli 1924

Eine häufig zu findende Anforderung an junge Mädchen war ein Mindestalter von 18 Jahren. Nur selten wurde ein geringeres Alter akzeptiert, denn die unter 18 Jahre alten Mädchen mussten womöglich zur Fortbildungsschule und fehlten dann im Haushalt.

BZ 12. Juni 1924

BZ, 25. Juli 1924

Bei den fürs Kühehüten gesuchten Jungen schien auf den ersten Blick nicht das Alter relevant, sondern der christliche Glaube, denn die Sander und Lohbrügger Bauern suchten „konfirmierte“ Jungen (auch in der BZ vom 9. und 30. April sowie 12. August). Wahrscheinlich war die Religion als solche aber nicht ausschlaggebend: Konfirmation und Schulentlassung fanden zu Ostern statt. Das erklärt aber nicht, warum der Brotausträger christlich erzogen sein sollte.

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Das Fahrradparken in Bergedorf

BZ, 20. Mai 1924

BZ, 13. August 1924

Da war wohl ein neues Geschäftsfeld entdeckt worden: die sichere Aufbewahrung von Fahrrädern im städtischen Raum. Die erste Anzeige hatte der Privatier E. R. Heymann vom Bergedorfer Markt geschaltet – wer in der Hauptverkehrsstraße oder in der Nähe etwas zu erledigen hatte, konnte dort sein Zweirad zur Aufbewahrung abgeben. Frau Schmaljohann warb für ihr Abstellangebot in einem Hinterhof der Sander Großen Straße mit der Bahnhofsnähe, was „B+R“ möglich machte.

BZ, 24. Juli 1924

Auf die Fahrradaufbewahrung Adolf Nührmanns soll hier näher eingegangen werden: vom Hofplatz des „Gasthofs zur Sonne“ (Nr. 4 auf der Karte 1904) war der Weg zum Bahnhof sogar noch kürzer, und der Betreiber sicherte für seinen Fahrradstand eine ständige Beaufsichtigung zu, was ihn möglicherweise von den anderen Anbietern unterschied.

BZ 18. Juli 1924

Vermutlich war Nührmann Pächter des Hofplatzes bzw. eines ungenutzten Teils davon,  denn mit der zunehmenden Motorisierung war der Bedarf an „Ausspann“-Gelegenheiten zurückgegangen. Wie sich das Fahrradparken mit dem häufig stattfindenden Schweinehandel auf demselben Grundstück vertrug, ist ungeklärt.

Abstellmöglichkeiten wurden natürlich nicht nur für Fahrräder gesucht und gefunden; Garagen für Personen- und Lastautos tauchten in den Anzeigen auf wie auch Stallungen, letztere seltener (BZ vom 26. und 30. Juli sowie 4. September).

Eine Sonderstellung nahm sicher die Bootslagerung des an der Bille gelegenen Lokals Waldhaus ein:

(Aufnahme von ca. 1900)

Bergedorfer Zeitung, 4. April 1924

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„Selbsthilfe“ für Frühaufsteher

Bergedorfer Zeitung, 18. Juli 1924

BZ, 18. Juli 1924

Frühes Aufstehen am einzig arbeitsfreien Wochentag, dem Sonntag, forderte die Gemeinnützige Bau- und Spargenossen-schaft „Selbsthilfe“ in Sande von ihren Mitgliedern: es sollte „Pflichtarbeit“ geleistet werden: Tannen abholzen und dadurch das Baugelände vorbereiten; die Fortsetzung der Arbeit mit Karren und Schaufeln am 3. August (BZ vom 1. August 1924) wird nicht die letzte gewesen sein.

Ein gutes halbes Jahr zuvor war die „Selbsthilfe“ gegründet worden. Sie verlangte von ihren Mitgliedern nicht nur Arbeitseinsatz, sondern auch finanzielle Beiträge: der zu erwerbende Anteil von 30 Mark konnte in wöchentlichen Raten à 1 Mark gezahlt werden, darüber hinaus ein Wochenbeitrag von 50 Pfennigen (BZ vom 19. Dezember 1923 und 4. Januar 1924). Zuschüsse des Kreises Stormarn kamen hinzu (BZ vom 26. März 1924), was den Start sicher erleichterte, und schließlich musste sich die Gemeinde Sande zusätzlich beteiligen (BZ vom 1. Oktober 1924).

Von der Gemeinde erhielt die Genossenschaft 10 Baugrundstücke in Erbpacht, zumindest teilweise für Doppelhäuser (BZ vom 30. Juli 1924). Die für den 9. August angekündigte Richtfeier (siehe Ausschnitt unten) kann wohl kaum für einen Bau auf dieser Fläche gewesen sein, selbst wenn Tag und Nacht gearbeitet worden sein sollte. Der Bergedorfer Zeitung war übrigens nichts über die Lage der Bauplätze zu entnehmen – aus einer Nebenbemerkung in einem Vortrag Caesar Meisters (S. 6) kann man erschließen, dass an der Riehlstraße gebaut wurde.

BZ, 1. August 1924

Ob im Laufe der Zeit alle Genossen der „Selbsthilfe“ ein Baugrundstück erhielten, ist nicht bekannt; die Reihenfolge der Vergabe jedenfalls wurde ausgelost, und laut Caesar Meister wurde die Einrichtung noch vor 1945 aufgelöst: „Nachdem die Häuser in das Eigentum der Mitglieder überführt worden waren, ist die Genossenschaft dann verschwunden.“ (Ebd.) Vielleicht ist das der Grund dafür, dass die „Selbsthilfe“ in der Lokalgeschichtsschreibung (bisher) keine Erwähnung gefunden hat.

(Anmerkung: Nicht nur die „Selbsthilfe“ erhielt 1924 Erbpachtgrundstücke von der Gemeinde Sande, sondern auch drei Investoren mit 21 Grundstücken (BZ vom 30. Juli 1924). Es spricht viel dafür, dass alle diese Grundstücke an der Riehlstraße (zwischen Höperfeld und Marnitzstraße) liegen – vielen der Einzel- und Doppelhäuser unterschiedlicher Typen dort sieht man den Baustil der 1920er Jahre an.)

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Die gefährlichen Hochantennen

Von „plug and play“ waren Käufer von Rundfunkempfangsgeräten vor hundert Jahren weit entfernt: während in heutigen Geräten eine Antenne in aller Regel eingebaut ist, musste man früher eine Antenne anschließen und verfuhr nach der Faustregel: eine längere Antenne sorgt für besseren Empfang. Wie das aussehen konnte, ist auf einer Seite des Bayerischen Rundfunks zu sehen.

BZ, 21. Juni 1924

Der Rat der Stadt Bergedorf wollte verhindern, dass Antennen quer über Straßen usw. gespannt oder Starkstromleitungen gekreuzt würden, letzteres wohl vor allem wegen der Gefahr des Blitzeinschlags in eine Antenne und des Überspringens eines Einschlags ins Stromnetz, und machte einen Genehmigungsvorbehalt (wobei fraglich ist, ob die Stadtverwaltung damals über entsprechend sachkundige Mitarbeiter verfügte).

Die Hamburger Feuerkasse hatte ihrerseits schon vor der Installation von Außenantennen auf Dächern gewarnt, wenn diese nicht „sachgemäß konstruiert und von einem Fachmann sachgemäß angebracht“ würden und besonders auf die Notwendigkeit der Erdung hingewiesen (BZ vom 13. Juni).

Bergedorfer Zeitung, 16. Juli 1924

Dem flüchtigen Leser wird aber die hier wiedergegebene Meldung von Mitte Juli als Entwarnung erschienen sein: demnach erhöhe eine Hochantenne nicht die Einschlagswahrscheinlichkeit für den Blitz – „im Gegenteil“. Erst aus dem folgenden Satz wird deutlich, dass diese Risikominderung nur für geerdete Anlagen gelten solle und dass die Leitsätze des Verbands Deutscher Elektrotechniker zu beachten seien, wenn man nicht Gefahr laufen wolle, dass die Feuerkasse im Schadensfall den Schadenersatz verweigere.

Wenig später folgte per Verordnung die Genehmigungspflicht aller Hochantennen (BZ vom 2. und 4. September), und das traf die zahlreichen Radiobastler hart, denn die Prüfgebühr wurde in Bergedorf vom Rat auf 5 Mark festgesetzt (und 10 Mark bei einer eventuell erforderlichen Nachschau, BZ vom 10. September). Das stieß in der Stadtvertretung auf fraktionsübergreifenden Widerstand, und die Gebühr wurde auf 3 Mark bzw. 5 Mark reduziert (BZ vom 11. Oktober).

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Verkehrshindernis Reichsbahn

Bergedorfer Zeitung, 9. Juli 1924

Die Bahnschranken waren zu – ein für die Einwohner Bergedorfs und Sandes gewohntes Bild. Fußgänger konnten per Tunnel die Gleise an der Holstenstraße unterqueren, aber alle Arten von Fahrzeugen standen an den ebenerdigen Bahnübergängen still, was die örtliche Wirtschaftslobby verständlicherweise ärgerte.

Besonders störend waren die Rangierfahrten des morgendlichen Güterzuges, die für ein- bis zweistündige Verkehrsstaus mit „Dutzenden von Fuhrwerken“ sorgten, sehr zum Missfallen der Logistiker und Disponenten in den Firmen, der Fuhrleute, der Droschkenfahrer usw. Die Forderung der Wirtschaftlichen Vereinigung war schlicht: die Ankunft des Zuges sollte – wie vor dem Krieg – zu verkehrsarmer nachtschlafender Stunde erfolgen; dann würde ein frühes Be- und Entladen möglich, was sehr im Sinne der Wirtschaft wäre.

Eine erste Antwort der Bahn traf bereits nach drei Wochen ein, und sie fiel überraschend positiv aus: „die Früherlegung des Güterzuges [ist] vorbehaltlich der noch ausstehenden Zustimmung einiger Dezernenten genehmigt.“ (BZ vom 31. Juli) Offenbar gab es unter diesen Dezernenten keine Bedenkenträger oder sie konnten umge- bzw. überstimmt werden: ab dem 1. September sollte der Zug mit den für Bergedorf-Sande bestimmten Güterwaggons bereits um 03:47 Uhr eintreffen (BZ vom 23. August) – in den Vormittagsstunden sorgten dann nur noch der durchgehende Güterverkehr und der Personenverkehr für längeres Absenken der lästigen, aber notwendigen Schranken.

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Stenotypist und Stenotypistin

BZ, 14. Juni 1924

In Stellenanzeigen war vor hundert Jahren meist klar angegeben, ob eine Stelle mit einer Frau oder einem Mann besetzt werden sollte – da bildete die geschlechtsneutral formulierte Suche des Bergedorfer Rechtsanwalts und Notars Dr. Grethe nach einer Person, die sowohl die Stenographie als auch das Maschinenschreiben beherrschte, eine Ausnahme. Man kann über Grethes Motivation nur spekulieren – ein Grund könnte gewesen sein, dass Frauen schlechter bezahlt wurden.

Bergedorfer Zeitung, 12. Juli 1924

Ob Dr. Grethe dann einen Stenotypisten oder eine Stenotypistin einstellte, ist unbekannt. Vermutlich erfüllte die Person aber nicht die Ansprüche, denn wenige Wochen später inserierte Grethe erneut, diesmal größer, und diesmal sollte es definitiv eine Frau sein, und zwar eine, die ihre Arbeit perfekt verrichtete.

BZ, 3. Mai 1924

BZ, 23. April 1924

Die Kernkompetenz der Motorenbauer lag sicher nicht in der Rechtschreibung, und der (oder die) Personalverantwortliche des Kaufhauses Frank & Nielsen schien eine eher unklare Vorstellung vom Berufsbild einer Stenotypistin zu haben.

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Bergedorfs neuer Wochenmarkt

Die Einrichtung eines Gemüsemarktes in Bergedorf war eines der vielen Anliegen der Wirtschaftlichen Vereinigung Bergedorf: volkswirtschaftlich sei es „ein Unsinn“, dass die Vierländer Erzeuger den Hamburger Großmarkt belieferten, wo dann Bergedorfer Gemüsehändler, Ladengeschäfte wie die Stadt durchziehende Karrenhändler, ihre Waren einkauften – ein Wochenmarkt in Bergedorf müsse her, damit Vierländer Gemüse schnell und günstig zu den Bergedorfer Hausfrauen gelange. Die Wirtschaftsvertreter hatten dabei übrigens einen Hintergedanken: wenn die Arbeiterschaft weniger Geld für Lebensmittel benötigte, dann könnten die Löhne niedriger sein (BZ vom 20. Juni).

BZ, 3. Juli 1924

Der Rat der Stadt reagierte außerordentlich schnell: ab dem 8. Juli sollte es zweimal wöchentlich einen solchen Gemüsemarkt auf dem Brink geben. An diesem ersten Markttag lag die Zahl der Stände bei eher bescheidenen 15, dann aber stieg sie so stark, dass der Platz nicht mehr ausreichte. Folglich wurden die „Karrenhändler“ auf den Mohnhof verbannt, nur noch Erzeuger durften auf den Brink. (BZ vom 8., 11., 15., und 16. Juli). Die Hoffnung auf sinkende Preise durch mehr Wettbewerb zwischen den Ladengeschäften mit „Grünwaren“, den Karrenhändlern und den Erzeugermarkt-Beschickern wurde aber letztlich wohl enttäuscht. Die DDP bilanzierte knapp, dass „durch den Markt bis jetzt im großen und ganzen nicht erreicht worden ist, die Marktpreise niedriger als die Preise in den Ladengeschäften zu gestalten.“ (BZ vom 30. Juli)

 

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Kraftdroschken und andere Fahrzeuge

Bergedorfer Zeitung, 3. Juli 1924

Per Kraftdroschke ans Ziel zu kommen war sicher bequemer als per pedes, aber es war natürlich auch teurer. Insofern kann man schließen, dass es zahlungskräftige Menschen in Bergedorf gab, die als Nutzer von Georg Jordans Taxiservice in Frage kamen. Jordan hatte schon vor dem Krieg ein solches Angebot bereitgehalten, es aber im Krieg wegen Brennstoffmangels aufgeben müssen (siehe den Beitrag Mehr Mangel).

Nun also nahm er den Betrieb wieder auf – fünfeinhalb Jahre nach Kriegsende schien ihm die Wirtschaftlichkeit wieder gegeben. Außerdem verfügte er über weitere Kraftwagen für (nicht näher definierte) „Fernfahrten“, die er wohl mit Chauffeur vermietete. Ein anderer Anbieter, A. Hinz aus Sande, vermietete ebenfalls: ein „Auto (geschlossen) für Stadt- und Fernfahrten“ (BZ vom 8. Mai 1924)

Bergedorfer Zeitung, 15. August 1924

Ab August hatte Jordans Kraftdroschke Konkurrenz: Wilhelm Wulf hatte „von jetzt an“ eine „Auto-Taxe“, und C.A. Riege übernahm „Last- und Personenfahrten“ mit dem Auto (BZ vom 22. August 1924). Zwar fuhren auch Wulfs preislich günstigere Pferdedroschken weiter, aber der Trend zur Motorisierung setzte sich fort (siehe z.B. den Beitrag 2021 zu Lastautomobilen), und Klagen über Rasende Autler fanden wiederholt ihren Niederschlag in der BZ.

Wo die motorbetriebenen Fahrzeuge mit Treibstoff versorgt wurden, ist unklar: erst 1923 inserierte mit A. Ricklefs (Sande, Große Straße) ein Anbieter von Benzin und „Auto-Oel“ (BZ vom 22. Mai 1923), aber auch vorher wird es Tankstellenbetreiber vor Ort gegeben haben. Eine Reparaturwerkstatt für Kraftfahrzeuge tauchte im Anzeigenteil der BZ erst 1924 auf (BZ vom 21. Juni 1924), was die Reparaturbedürftigkeit der Fahrzeuge nur unzureichend widerspiegeln dürfte. Die Entwicklung des Kfz-Gewerbes in Bergedorf-Sande ist weder der BZ noch den Branchenverzeichnissen des Adressbuches zu entnehmen.

BZ, 12.Juli 1924

Jordan übrigens rechnete mit technischen Problemen, ob bei eigenen oder fremden Autos.

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Die Geheimsitzung der Stadtvertretung

Bergedorfer Zeitung, 28. Juni 1924

„Geheime Sitzung“ nannte man früher den „nicht-öffentlichen Teil der Sitzung“ eines städtischen Gremiums. „Geheim“ klingt aufregender als es meistens war, aber in dieser geheimen Sitzung wurde ein echter Aufreger beschlossen, der prompt den Weg in die Zeitung fand: Bergedorf kaufte die örtlichen Besitzungen Richard Messtorffs, des Erben des Prinzen von Bergedorf.

War die Stadt Bergedorf an der hochherrschaftlichen Villa interessiert – oder an den Grundstücken? Jedenfalls beschloss die Stadtvertretung einstimmig den Kauf der Immobilie und der Grundstücke, laut BZ zu „in erster Linie Straßenregulierungs- und Ausbauzwecken zur Förderung des Siedlungswesens“. Da in dem Zeitungsbericht nur vom „Grundstück“ die Rede ist, könnte man also vermuten, dass der Bau von Wohnhäusern (ähnlich der Siedlung am Heinrich-Heine-Weg) auf der erworbenen Fläche von knapp 20.000 qm der Hauptgrund für den Erwerb war.

Aber was sollte mit der Villa geschehen? Eine gute Woche später schrieb die BZ: „man scheint sich in maßgebenden Kreisen über den Verwendungszweck selbst noch nicht im klaren zu sein“, und das ließ Raum für den (bestenfalls halbgaren) Vorschlag eines Bergedorfers, das Gebäude in eine städtische Festhalle umzuwandeln (BZ vom 8. Juli), woraus bekanntlich nichts wurde: das „schloßartige Gebäude“ (BZ) erhielt nach Teilabriss, Umbau und Erweiterung ein zweites Leben als Bergedorfs Rathaus.

Erstaunlicherweise tauchte das Thema 1924 in der BZ nicht wieder auf: demnach gab es keine Stellungnahmen von Vereinen, Verbänden und Parteien, auch keine weiteren Leserbriefe. Hinter den Kulissen wurde aber wohl an Zukunftsplänen gearbeitet, wie Olaf Matthes und Otto Steigleder (o.p., S. 15f.) schreiben. Die fundierte Darstellung dieser beiden Autoren weicht in einer Reihe von Punkten vom Zeitungsbericht ab: zwar nennen auch sie den Kaufpreis von 200.000 Mark (S. 22), äußern aber in Anm. 20 Zweifel an der Höhe: „Die Angaben über den Wert des Grundstücks differieren in den [amtlichen] Quellen.“ Das spricht nicht für eine vorbildliche Aktenführung.

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Die durchschlagskräftige Schreibmaschine mit sichtbarer Schrift

Bergedorfer Zeitung, 1. Juli 1924

Die Schreibmaschine „Kontor“ war mit ein gewichtiges Büromöbel, beachtliche 27 kg inklusive Versandverpackung (eine andere Maschine des selben Herstellers wog nur 12 Kilogramm, BZ vom 28. Juni), aber sie hatte laut Anzeige ihre Vorzüge: in eine durchschlagskräftige Maschine wurde hinter das zu beschreibende Blatt ein Blatt Kohlepapier gelegt und dahinter wiederum ein dünnes Blatt Papier und so weiter – je mehr Durchschlagskraft, desto mehr Exemplare ließen sich in einem Arbeitsgang herstellen. Die z.T. schwer lesbaren Durchschläge sind längst durch Fotokopien oder Mehrfachexemplare aus dem Drucker verdrängt worden.

BZ, 14. Januar 1924

Der Bergedorfer Gustav Weitkamp suchte eine Maschine mit sofort sichtbarer Schrift, was 1924 längst Standard gewesen sein dürfte (siehe Wikipedia), aber offenbar waren auch noch andere Modelle mit (zunächst) verdeckter Schrift in Gebrauch.

 

BZ, 6. Dezember 1924

Die BZ-Leser brauchten aber nicht auf den Versandhandel zu setzen: Rudolf Bentin bot Maschinen bekannterer Hersteller in Bergedorf an, allerdings ohne Preisangabe, ähnlich Erich Falke gegen Jahresende. Das von Werner Heinrichs für 30 Mark angebotene Gerät („stabil, leicht erlernbar, billig durch einfache Konstruktion“, BZ vom 4. Juli) wird wohl in eine andere Kategorie gehört haben.

BZ, 4. Dezember 1924

Gustav Weitkamp war möglicherweise mit seiner gekauften Maschine nicht zufrieden; jedenfalls wollte im Dezember jemand aus demselben Haus eine Reise-Schreibmaschine „Senta“ verkaufen.

Vermutlich waren alle angebotenen Schreibmaschinen rein mechanisch und bedurften einer erheblichen Anschlagskraft.

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