Der Bürgerschaftswahlkampf im Oktober 1924 verlief in der Landherrenschaft Bergedorf wohl friedlich – anders als bei den vorangegangenen Wahlen zur Bürgervertretung im Februar und zum Reichstag im April desselben Jahres. Zwar ist die BZ der letzten dreizehn Oktobertage (und fast des ganzen Novembers) 1924 nicht erhalten geblieben, aber die durchgesehenen Hamburger Tageszeitungen (Hamburger Fremdenblatt, Hamburgischer Correspondent, Hamburger Volkszeitung, alle im Portal Hamburger Zeitungen Digital) aus diesem Zeitraum schrieben in ihren Berichten aus Bergedorf nichts über besondere Vorkommnisse.
Zwei Ereignisse sind aber einer Erwähnung wert: laut Hamburger Echo hatte die DNVP in der BZ eine Anzeige geschaltet, die Reichsbanner-Angehörige „wegen Veranstaltungsstörung“ explizit von ihren Versammlungen ausschloss – doch hiervon distanzierten sich die Bergedorfer Deutschnationalen: an ihrem Abend im Colosseum nahmen auch Reichsbannerleute teil, und alles verlief ruhig und in geordneten Bahnen (Hamburger Echo vom 25. Oktober). Über gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen SPD-Reichsbanner-Gruppen und KPD-Plakatklebern in der Nacht vor der Wahl in „allen Stadtteilen“ berichtete exklusiv die Hamburger Volkszeitung (27. Oktober), die sich ansonsten mehrfach über geringe Beteiligung an Veranstaltungen anderer Parteien mokierte (20. und 21. Oktober).
Nahezu jede Wahlveranstaltung im Raum Bergedorf war auch von politischen Gegnern besucht, die oft selbst Kandidaten waren, „den anderen“ nicht das politische Feld überlassen wollten und/oder darauf hofften, in der Diskussion unentschlossene Wählerinnen und Wähler überzeugen zu können. Die Motive im einzelnen lassen sich nicht ergründen: an einer Veranstaltung des „Völkisch-Sozialen Blocks“ nahmen SPD- wie KPD-Anhänger teil – man beschimpfte sich gegenseitig, aber es blieb alles friedlich (Hamburger Echo vom 24. Oktober).
Für die Kandidaten bedeutete diese Art der Wahlkampfführung, dass sie sich mal in diesem, mal in jenem Lokal trafen, mal war der eine Veranstalter und Redner, der andere Diskutant, mal umgekehrt. Einmalig war wohl (durch einen Fehler des Wirts) die „Doppelvermietung“ eines Saals in Kirchwärder-Seefeld an DVP und DNVP, doch auch hier blieb ein Konflikt aus: „Auf dem Wege gütlicher Verständigung gingen beide Versammlungen ineinander über“ (BZ vom 14. Oktober), was auch den erschienenen Gegnern lange Wege ersparte.
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Die Wahlergebnisse sind online einzusehen in den Statistischen Mitteilungen über den hamburgischen Staat Nr. 15.