Fettes Fleisch

Bergedorfer Zeitung, 11. Dezember 1923

Bergedorfer Zeitung, 12. Dezember 1923

Vor hundert Jahren war „fettes Fleisch“ offenbar beliebter als mageres: achtmal hieß es „fettes Schwein“ in den Kleinanzeigen der Woche vom 10. bis 17. Dezember, nur ein Inserent verzichtete auf das Adjektiv. Auch die Rossschlachterei Boockhold aus Sande warb für „fettes Kochfleisch“ vom Pferd (BZ vom 6. Dezember), und in den hier wiedergegebenen großen Anzeigen wurde „fett“ ebenfalls als Verkaufsargument vorgebracht.

Das Angebot von „Hans Kröpke“ richtete sich nur an die Beschäftigten des Bergedorfer Eisenwerks; die Verkaufsstätte „Schwarzer Walfisch“ lag in unmittelbarer Nähe des Werks – ob das Eisenwerk finanziell oder ideell involviert war, ließ sich der BZ nicht entnehmen. Die Schlachterei von August Niemann jedenfalls warnte die Arbeiter, auch die anderer Firmen: sie sollten sich nicht mit argentinischem Gefrierfleisch abspeisen lassen – und auf seine eigenen Angebote gab Niemann allen Arbeitern, nicht nur denen vom Eisenwerk, 10 % Rabatt, für prima fette Ware aus eigener Schlachtung, und zwei Tage später verkündete er einen generellen zehnprozentigen Rabatt für die Weihnachtswoche (BZ vom 14. Dezember).

Bergedorfer Zeitung, 17. Dezember 1923

Das führte dann zu einer weiteren Anzeige: „Hans Gröpke“ (laut Hamburger Adressbuch 1924: Schlachterei, Hamburg, Hamburger Straße) betonte die „allerbeste Qualität“ seiner Ware, die „dem besten deutschen Fleisch an Nährwert weit überlegen“ sei.

Die Auseinandersetzung um das Preis-Leistungs-Verhältnis lässt sich hundert Jahre später nicht mehr klären.

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Das Ende der Bergedorfer Papiergeldhoheit

BZ, 6. Dezember 1923

Man hatte klein angefangen in Bergedorf, mit Gutscheinen über 500.000 Mark (siehe den Beitrag Die Gutscheine gegen den Geldmangel) und steigerte sich schließlich bis Ende Oktober auf einen Gutschein zu 500 Milliarden Mark. Nun wurde das Ende verkündet: bis Jahresende konnten die Scheine im örtlichen Handel noch als Zahlungsmittel eingesetzt werden, und bis zum 15. Januar konnte man die Scheine noch bei der Stadtkasse und den örtlichen Geldinstituten eintauschen.

Bergedorfs kleinere Scheine bis 20 Millionen Mark hatten ihre Gültigkeit bereits am 30. November eingebüßt; sie konnten aber noch bis Jahresende bei den genannten Einrichtungen eingelöst werden (BZ vom 2. November).

BZ, 24. November 1923

Wer Gutscheine der benachbarten Gemeinde Sande besaß, egal welchen Nennwerts, konnte sie 1924 nicht mehr verwenden – nur bis zum 31. Dezember 1923 konnte man diese „gegen Reichspapiergeld“ der Gemeindekasse übergeben.

 

 

Bergedorfer Zeitung, 27. November 1923

Übrigens kamen in dieser Zeit wieder die alten „kaiserlichen“ 1- und 2-Pfennig-Stücke aus Kupfer zum Einsatz, da es bis dahin kaum Rentenpfennige gab, und Anfang 1924 wurden sie per Verordnung den Rentenpfennigen offiziell gleichgestellt.

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Die wertbeständige Wegesteuer

BZ, 7. Dezember 1923

Bergedorfer Zeitung, 24. September 1923

Was offiziell als „Wegesteuer“ bezeichnet wurde, war in Wahrheit die animalische Variante der Kraftfahrzeug-steuer, eine „Zugtiersteuer“, denn die neu eingeführte Steuer wurde auf den Besitz von Zugtieren erhoben, nicht auf die Nutzung bzw. die Intensität der Benutzung der öffentlichen Wege und Straßen. Die Einnahmen sollten der Unterhaltung der Straßen und Wege zugutekommen.

Die Höhe der Steuer hing von der Zugkraft der Tiere ab: für ein besonders zugkräftiges Pferd mussten „2 Einheiten“ entsprechend 20 Mark entrichtet werden, für ein leichteres 15 Mark, für Maultiere und Rinder („1 Einheit“) 10 Mark – aber diese in der Inflationszeit bescheiden klingenden Zahlen mussten mit dem „Goldzollaufgeld“ multipliziert werden. Vereinfacht gesagt war die Steuer damit für den Staat inflationssicher, „wertbeständig“, wie es im Artikel heißt: als der Gesetzentwurf vorgelegt wurde, war die „Einheit“ mit 33.600.000 zu multiplizieren – als das Gesetz am 1. Dezember 1923 in Kraft trat, war der Multiplikator 1 Billion (siehe Zahlen zur Geldentwertung, S. 11); wenn man nicht in Papiermark seine Steuer entrichtete, hatte man für ein Maultier 10 Gold- oder Rentenmark zu zahlen.

Nicht betroffen von der Wegesteuer waren offenbar andere Tierarten, die ebenfalls als Zugtiere Verwendung finden konnten wie z.B. Elefanten und Kamele, die es damals in Hamburg aber wohl nicht in relevanter Größenordnung gab.

BZ, 9. Oktober 1923

BZ, 28. Dezember 1923

Etwas komplizierter war es mit Hunden: in den Regelungen zur Hundesteuer wurden ausdrücklich „Hunde, welche bei Ausübung eines Gewerbebetriebes als Zughunde gehalten und benutzt werden“ genannt (BZ vom 16. April, siehe auch BZ vom 21. August und 29. September 1923 sowie den Beitrag Von Schiffs- und Zug- und anderen Hunden). Für einen Zughund oder einen Wachhund war meist nur ein Zehntel der Hundesteuer zu zahlen, zeitweise sogar noch weniger (BZ vom 16. April, 7. Mai und 21. August 1923). Wegesteuer wurde nicht erhoben.

BZ, 10. Dezember 1920

Ein „Ziegenbockgespann“ wurde im Beobachtungszeitraum nur einmal angeboten, und es sollte wohl mit seinem „niedlichen Kastenwagen“  eher der Kinderbelustigung dienen als gewerblichen Transportzwecken.

 

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Doppelverdiener, Entlassungen und Arbeitszeitverlängerung

Bergedorfer Zeitung, 28. November 1923

Bergedorfer Zeitung, 8. Dezember 1923

 

 

Es ging gegen die „Doppelverdiener“, d.h. Ehepaare, in denen beide Partner berufstätig waren – das Reich forderte die Privatwirtschaft zu entsprechenden Entlassungen auf, sofern keine „ungerechtfertigten Härten“ entstünden, hielt aber ein gesetzliches Verbot für „bedenklich“.

Mit dem eigenen Personal verfuhr der Staat rigoroser: die „Verordnung zur Herabminderung der Personalausgaben des Reichs (Personal-Abbau-Verordnung). Vom 27. Oktober 1923“ traf primär verheiratete Frauen, die von einem Monat auf den nächsten aus dem öffentlichen Dienst entlassen werden konnten (Artikel 14 und 15). Generell sollten bis zum 1. April 1924 insgesamt 15 Prozent der Beamten entlassen werden (Artikel 8).

Die Verordnung trug dazu bei, die Arbeitslosigkeit zu erhöhen und die Frauen zurück an den Herd zu verbannen. Den verbliebenen Beamten wurde ohne finanziellen Ausgleich die Arbeitszeit auf neun Stunden täglich, also 54 Stunden pro Woche, erhöht (BZ vom 4. und 11. Dezember), neue Tarifverträge für Arbeiter und Angestellte in der Privatwirtschaft sahen ähnliche Regelungen vor – der einzige Trost war, dass die Inflation überwunden war (siehe den Beitrag Die Goldmark aus Aluminium).

In Bergedorf und Sande gab es Protestversammlungen gegen die Entlassung von Lehrerinnen und Lehrern (BZ vom 22. und 23. November sowie 22. Dezember); ob es hier Entlassungen gab, war der BZ 1923 nicht zu entnehmen. Bei anderen städtischen Bediensteten wollte der Magistrat Kündigungen aussprechen, die Bürgervertretung setzte aber einen dreiwöchigen Kurzarbeitsversuch durch, der Entlassungen verhindern sollte: folglich wurden 30 Arbeiter in Kurzarbeit geschickt, wofür dann der öffentliche Arbeitsnachweis den Lohnausfall teilweise kompensierte (BZ vom 28. November und 5. sowie 10. Dezember). Über das Ergebnis wurde nicht berichtet.

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Streit um die Straßenreinigung

Bergedorfer Zeitung, 24. November 1923

Bergedorfer Zeitung, 29. November 1923

Bergedorfs Magistrat wollte den Straßenfegern der Stadt kündigen, die Aufgabe den Anliegern übertragen und somit Ausgaben reduzieren. Das stieß (wenig überraschend) auf Protest, war aber durch die Rückkehr zum Goldstandard der Währung bedingt.

Der Bergedorfer Hausfrauenverein lehnte ab, weil die Männer ja morgens „vom Hause abwesend“ seien, und da ihnen früheres Aufstehen zur Straßenreinigung offenbar nicht zuzumuten war, würde die Arbeit der Hausfrau zufallen, die aber die Mehrbelastung nicht tragen könne. Wenn also die städtischen Arbeiter entlassen würden, solle man die jugendlichen Erwerbslosen, die ja Erwerbslosenunterstützung bezögen, zu diesem Dienst heranziehen.

Protest gab es auch in der Bürgervertretung – ihre bürgerlichen Mitglieder argumentierten ähnlich wie der Hausfrauenverein: „Frauen und Kinder müßten in der Hauptsache die Reinigungsarbeit leisten, und das sei ein kulturell unschönes Bild.“ (BZ vom 5. Dezember) Auf der linken Seite des Hauses wandte man sich gegen Entlassungen: statt der geplanten acht Kündigungen solle für 30 städtische Arbeiter Kurzarbeit angeordnet werden, was die Stadtkasse ja entlaste, und so wurde schließlich beschlossen, mit der Maßgabe, dass die Aufgabenübertragung bis zum 31. März 1924 zu befristen sei, und da sich die finanzielle Lage der Stadt offenbar besserte, kam die Straßenreinigung dann wieder in kommunale Hände (BZ vom 29. März 1924) – die Gehwegreinigung war und blieb sowieso Aufgabe der Parterrebewohner.

Bergedorfer Zeitung, 8. Dezember 1923

Damit hatte sich dann auch die Idee des BZ-Redakteurs Hanns Lotz erledigt, „Straßenfeger-Hundertschaften“ zu bilden (in Anspielung auf die „proletarischen Hundertschaften“ der KPD), einen Obersten, Hauptleute und Gruppenführer zu ernennen (womit er die Schützengesellschaft und ihre „militärischen“ Ränge aufs Korn nahm) und eventuell ein Amazonenkorps (in Anspielung auf das legendäre Korps von 1848) aufzustellen.

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Strahlende Regenmäntel

Bergedorfer Zeitung, 23. November 1923

Es war ein Sonderangebot, hoffentlich ein einmaliges in kleiner Menge: Die Bergedorfer Regenmantel-Fabrik von Rudolf Burau bot Herren-Regenmäntel „mit prima Radium-Gummierung“ zu 24 Goldmark an. Der Vorteil eines solchen Mantels war, dass er in der Dunkelheit leuchtete und ein damit gekleideter Mann besser gesehen wurde – der sehr viel größere Nachteil war, dass er radioaktiv strahlte, was damals offenbar nicht interessierte (siehe hierzu auch die Radium-Creme und-Kissen im Beitrag über Das Verbot hypnotischer Vorführungen).

Bergedorfer Zeitung, 3. Dezember 1923

Der Verkauf ging offenbar schnell und glatt, denn schon Anfang Dezember warb Burau nicht mehr hierfür, sondern für Mäntel mit einer wasserdichten Gummierung, vermutlich radiumfrei und auf Wunsch nach Maß gearbeitet.

 

 

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Die Schulen, die Heizung und die Ferien

Bergedorfer Zeitung, 24.11.1923

Das Prinzip kannte man in Bergedorf seit 1919: wenn man vier Schulen in zwei Gebäude steckt und die tägliche Unterrichtszeit reduziert, kann man Heizmaterial sparen (siehe den Beitrag Aus vier mach zwei). 1919 waren die Kohlen knapp – 1923 die Kohle, d.h. der Magistrat wollte aus finanziellen Gründen zum selben Mittel greifen, wie es auch für die Stadt Hamburg „in Aussicht“ genommen war.

Bergedorfer Zeitung, 28. November 1923

Das war umstritten – in der Bürgervertretung ging es hoch her, aus der bildungspolitischen Debatte wurde schnell eine sozialpolitische und gesellschaftspolitische, und sie endete mit der Rücküberweisung des Vorhabens an die Schulkommission.

Die Schulkommission lehnte die Zusammenlegung erneut ab: man könne einfach durch späteren Heizungsbeginn morgens und Unterrichtsverkürzung einen „bedeutend geringeren Verbrauch“ von Kohlen erreichen (BZ vom 1. Dezember) – dem widersprach die „heiztechnische Abteilung des hamburgischen Staates“: „Bei Zusammenlegung der Schulen werden die schon angeheizten Räume weiter benutzt, wofür verhältnismäßig weniger Brennstoff erforderlich ist.“ (BZ vom 4. Dezember)

Diese Erkenntnis aus Hamburg kam gerade noch rechtzeitig zur nächsten Sitzung von Magistrat und Bürgervertretung, in der Bürgermeister Wiesner den Druck noch erhöhte: die Alternative zur Zusammenlegung sei „die [unvermeidliche] Schließung der Schulen in kurzer Zeit“, und mit 12 gegen 10 Stimmen wurde die Maßnahme beschlossen (BZ vom 5. Dezember).

Wie sich herausstellen sollte, ging Bergedorf seinen ganz eigenen Weg: in Hamburg blieben alle Schulgebäude in Betrieb, allerdings wurden dort die Weihnachtsferien um zehn Tage verlängert. Damit drohten innerhalb Bergedorfs unterschiedliche Ferienregelungen: Hansa- und Luisenschule, von Hamburg administriert, ließen ihre Schüler bzw. Schülerinnen bis zum 13. Januar zu Hause, die der Stadt Bergedorf unterstellten Stadtschüler und -schülerinnen sollten am 4. Januar wieder zum Unterricht erscheinen. Zwischen Weihnachten und Neujahr fiel dann dem Magistrat auf, dass durch längere Ferien ja der Kohlenverbrauch der Stadtschulen reduziert werden könnte, zumal „in Anbetracht der herrschenden Kälte“ sonst besonders viel geheizt werden müsste, und so wurde die Stadtvertretung zu einer „Eilsitzung“ am 2. Januar einberufen, um das Ferienende hinauszuschieben (BZ vom 29. und 31. Dezember).

Die Bürgervertreter beschlossen dementsprechend, aber sie übten heftige Kritik am Magistrat: in den Ferien waren in den (ungeheizten) Schulen Wasserleitungen und zahlreiche „Porzellanbecken“ durch den Frost zersprungen, weil man die Frostschutzhinweise der BZ (Unter anderem: „Besonders frostgefährdete Klosettanlagen können mittels einer Petroleumlampe erwärmt werden,“ BZ vom 28. Dezember) ignoriert und auch Leitungen nicht entleert hatte – so hatte man zwar Kohlen gespart, musste nun aber die kostspieligen Schäden beseitigen (BZ vom 3. Januar 1924).

Bergedorfer Zeitung, 18. Januar 1924

Kurz nach dem verschobenen Ferienende verkündete der unter starken Druck geratene Bürgermeister Wiesner, dass man nun doch genug Kohlen für den Betrieb aller vier Schulen kaufen könne, weil der Senat das nötige Geld als Vorschuss zur Verfügung stelle (BZ vom 18. Januar 1924), und so kehrten die Schulen am 21. Januar zum Normalbetrieb zurück (BZ vom 19. Januar 1924).

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Wucher und Wirrwarr bei der Währungsumstellung

Bergedorfer Zeitung, 19. November 1923

Bergedorfer Zeitung, 22. November 1923

 

 

 

 

 

 

Es war wirklich verwirrend: in einigen Geschäften wurde „wertbeständiges“ Geld, auch die neu eingeführte Rentenmark, nur wertgemindert in Zahlung genommen – andere Läden verlangten Zuschläge bei der Bezahlung mit Papiergeld.

Auf den ersten Blick scheint beides unzulässig: es gab einen festen Umrechnungskurs (seit dem 20. November: 1 Goldmark gleich 1 Billion Papiermark), und die Preise sollten dem Vorkriegsniveau entsprechen, doch so einfach war es nicht: Preissteigerungen auf dem Weltmarkt hatten wie neue Steuern und Sozialabgaben im Deutschen Reich praktisch alle Waren verteuert (BZ vom 12. Dezember). Ob es deshalb gerechtfertigt war, dass die Grundpreise für Fleisch von einem Tag auf den nächsten verdoppelt wurden (BZ vom 8. und 9. November), muss bezweifelt werden – es dürfte sich um Wucher gehandelt haben.

Bergedorfer Zeitung, 12. November 1923

Aber Wucher sollte unterbunden werden, und so erhielten Bergedorf und Geesthacht eigene Preisprüfungsstellen, die die Angemessenheit von Preisen begutachten und Fälle von Wucherverdacht an die Staatsanwaltschaft übergeben sollten (BZ vom 24. Dezember). Allerdings dauerte es bis zur konstituierenden Sitzung der Ausschüsse vier Wochen (BZ vom 13. Dezember) und weitere zwei Wochen bis zur offiziellen Einweisung in die Aufgaben (BZ vom 29. Dezember) – da waren die Preise bereits im Rückgang begriffen. Sie lagen aber immer noch über dem Friedensstand, und da die Löhne und Gehälter im Zuge der Währungsumstellung halbiert worden waren (BZ vom 12. und 21. Dezember), fehlte es den meisten Menschen weiterhin an allen Ecken und Enden.

Immerhin: die anfänglichen Höher- bzw. Minderbewertungen einzelner Arten von Zahlungsmitteln verschwanden (BZ vom 6. Dezember).

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Der lateinische Bauer

Bergedorfer Zeitung, 16. November 1923

Ein „fesselnder neuer Roman“, Ort der Handlung die „hiesige Gegend“, ein „gehaltvolles Werk“ des „tiefschürfenden Heimatschriftstellers“ Johann Brüdt – die BZ war überzeugt, dass der Abdruck „das lebhafteste Interesse unserer Leserschaft“ hervorrufen würde.

In der Bergedorfer Zeitung war Brüdt, im Hauptberuf Rektor der Mädchenschule in Sande, bisher durch seine Gedichte in Erscheinung getreten; sein Roman Karsten Holm war von der BZ positiv rezensiert worden (siehe den Beitrag Zweimal „Literarisches“), und nun sollte, so die Ankündigung, Brüdts neuer Roman folgen.

Allerdings ließ sich wohl kein Verlag finden, der den Roman als eigenständiges Buch veröffentlichen wollte – jedenfalls ist unter diesem Titel keine Publikation Brüdts im Gemeinsamen Verbundkatalog von über 1.000 Bibliotheken zu finden.

Der Titel war aber zum Zeitpunkt der Brüdtschen Veröffentlichung 1923 schon lange belegt: ob Maximilian Schmidt (1832-1919) der Schöpfer war oder Berthold Auerbach (1812-1882), ließ sich nicht klären. Im späten 19. Jahrhundert fanden Anna Wohlgemuth und Adolf Pichler keinen schöneren Titel. Das Sujet reichte auch nach dem Zweiten Weltkrieg für weitere Schöpfungen von Siegmund Guggenberger und Josef Weingartner. Während all diese dem süddeutschen bzw. österreichischem Sprachraum zuzurechnen sind, ist Brüdt der einzige norddeutsche Verfasser eines lateinischen Bauern.

Wie viele BZ-Leser bis zur letzten der fünfzig Folgen am 21. Januar 1924 durchhielten, ist nicht bekannt.

Noch ein Hinweis für alle, die das Werk lesen wollen: die erste Folge findet man nicht in der digitalen Ausgabe vom 17. November, sondern fälschlicherweise in der BZ vom 16. November 1923, Seite 5, die auf den 17. November datiert ist. Vermutlich ist der Sortierfehler aus der gebundenen Papierausgabe übernommen.

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Die Goldmark aus Aluminium

Bergedorfer Zeitung, 8. November 1923

Bergedorfer Zeitung, 13. November 1923

Gleich zwei neue Sorten Notgeld wurden innerhalb einer Woche vom Staate Hamburg eingeführt – es war aber Notgeld, das Hoffnung machte, der Inflation zu entkommen, denn der entscheidende Unterschied zu den Papiermark-Notgeldscheinen war die Deckung: Gold bzw. Dollar, und da störte es nicht, dass die „Goldpfennig“-Verrechnungsmarken aus Aluminium und die „Notgoldscheine“ aus Papier waren: sie waren wichtige Marken auf dem Weg zu einer Währungsreform.

Eigentlich sollte die „Rentenmark“ Notgeld und Papiermark überflüssig machen, doch der Buchdruckerstreik in Berlin verzögerte die Herstellung der neuen Zahlungsmittel (BZ vom 13. November) – zur Überbrückung gab es also „wertbeständiges Notgeld“, das auch nach dem Start der Ausgabe der Rentenmark vorerst seine Gültigkeit behielt. Die Papiermark-Notenpresse, die zuletzt 10-Billionen-Mark-Scheine produziert hatte, wurde mit der Einführung der Rentenmark gestoppt (BZ vom 8. November) und der Inflation somit der Garaus gemacht (ausführlichere Darstellung in den Artikeln Inflation und Währungsreform des Lebendigen Museums Online oder auch Rentenmark bei Wikipedia).

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