Der Gestank der chemischen Produktion muss wirklich schlimm gewesen sein – er empörte die Anlieger nahe der Fabrik, er beschäftigte die Bergedorfer Kommunalpolitik und Verwaltung, die staatliche Gewerbeaufsicht, die Landherrenschaft und Gustav Weitkamp.
Weitkamp hatte vertretungsweise die Position des Lokalredakteurs der BZ übernommen, er wohnte in der Brunnenstraße 49, also an demselben Sielstrang. So wusste er, worüber er schrieb, denn der „widerliche Geruch“ (BZ vom 18. Juni) kam auch in seiner Wohnung aus WC und Handstein – wohl deshalb berichtete er geradezu akribisch über den Umweltskandal.
Nicht nur die Abwässer waren ein Problem: vom Fabrikgelände an der Pollhofsbrücke verbreitete sich der üble Geruch auch durch die Luft: die Schule am Brink (ca. 1 km entfernt) musste die Fenster geschlossen halten und auf Freiübungen auf dem Schulhof verzichten, auch beim Krankenhaus auf dem Gojenberg stank es (BZ vom 19. und 24. Juni). Trotz der olfaktorischen Störungen gelang es einem Bergedorfer, seine Eindrücke in einer „Stink-Ballade in Puh-Moll“ zusammenzufassen, nachzulesen in der BZ vom 24. Juni.
Bürgermeister Wiesner verkündete vollmundig, dass er schon am 16. Juni die Einleitung verboten hätte (BZ vom 19. Juni), doch daran hielt die Firma sich offenbar nicht (Anlieger Weitkamp in der BZ vom 19. Juni). Dann musste der Bürgermeister (auf Anfrage der BZ) einräumen, dass er dagegen nichts tun könne – es sei Sache der Landesbehörden (BZ vom 24. Juni), und Anlieger müssten privatrechtlich Schadenersatz einklagen (BZ vom 26. Juni). Immerhin konnte die BZ die nächste Meldung zum Thema mit einer beruhigenden Titelzeile versehen: „Wieder ‚reine Luft‘ in der Brunnenstraße.“ (BZ vom 15. Juli) – die Landherrenschaft hatte jegliche Geruchsbelästigung untersagt und das beendete die Produktion.
Da weitere Meldungen in der BZ ausblieben, kann man davon ausgehen, dass die Abwasserbeseitigung wie geplant vonstatten ging und die Brunnenstraße wieder zu einer akzeptablen Wohnadresse wurde.