Die Gutscheine gegen den Geldmangel

Bergedorfer Zeitung, 10. August 1923

Bergedorfer Gutscheine vom 7. August 1923 (Rückseiten unbedruckt)

Bergedorfs „Gutscheine“ von 1923 erinnern an die „Kriegswechselmarken“ von 1917, auch wenn es nicht mehr um Pfennigbeträge ging, sondern (zunächst) um eine halbe bis eine ganze Million Mark. Man wollte damit der akuten Zahlungsmittelnot entgegenwirken, denn an solchen „kleineren Scheinen“, wie sie im Artikel genannt wurden, fehlte es besonders.

1923 wurden Arbeiter nach geleisteten Arbeitsstunden wöchentlich entlohnt: in aller Regel erhielten sie eine „Lohntüte“ mit der entsprechenden Menge Bargeld, denn über ein Lohn- bzw. Gehaltskonto verfügten nur die wenigsten. Dementsprechend wurde bei Einkäufen in aller Regel bar bezahlt.

1923 stiegen die Löhne rasant: ungelernte Arbeiter im Dienst des Reichs verdienten in der Woche vom 29. Juli bis 4. August 22.740 Mark pro Stunde – in der darauffolgenden Woche mit 45.600 Mark gut das Doppelte (BZ vom 28. Juli und 4. August). Die Preise stiegen noch schneller: der Butterpreis verdreifachte sich in derselben Zeit nahezu (von 88.000 auf 260.000 Mark, BZ vom 27. Juli und 3. August). Eine Woche später waren es 840.000 Mark … (BZ vom 10. August)

Die Reichsbank konnte die „passenden“ Scheine für die Lohnzahlungen nicht in ausreichendem Maße bereitstellen – wenn Arbeiter aber nur einen Teil des Lohns erhielten, drohte ihnen und ihren Familien die nackte Not; den Firmen drohten Arbeitsniederlegungen (siehe BZ vom 1. August). Diesen Gefahren sollten die Bergedorfer Gutscheine begegnen.

Bergedorfer Zeitung, 13. August 1923

Dasselbe traf auf die Nachbargemeinde Sande und deren Gutscheine zu, die es dort bis zum Wert von zwei Millionen gab. Hinsichtlich des höchsten Nennwerts zog Bergedorf sehr schnell nach: ab dem 17. August hatten die Bergedorfer ihren eigenen Zwei-Millionen-Schein (BZ vom 16. August 1923). Die Gültigkeit all dieser Scheine wurde mehrfach verlängert.

Bergedorfer Zeitung, 14. August 1923

Auch die Stadt Hamburg war nicht untätig und bereitete die Ausgabe von Notgeldscheinen über 1 Million und 5 Millionen vor, daneben auch „Hartgeldstücke“ von 200.000 Mark. So sollte „eine völlige Behebung der Zahlungsmittelknappheit“ eintreten, doch das gelang nicht.

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