Böses Blut zwischen Neuengamme und Curslack

Bergedorfer Zeitung, 29. November 1924

Curslack und Neuengamme sind nur durch einen recht schmalen Altarm der Elbe, die Dove-Elbe, getrennt, und schon vor hundert Jahren war es z.B. über die Kirchenbrücke problemlos möglich, das trennende Wasser zu überwinden.

Liest man aber diesen Sprechsaalartikel eines Curslackers, bekommt man das Gefühl, als läge nicht nur ein gewaltiger Strom zwischen den Dörfern, sondern ein Ozean, wenn nicht mehrere. Der Verfasser ist voller Verbitterung: die Schließung der Postagentur Curslack war in seinen Augen völlig unverständlich – unerträglich aber war es für ihn, jetzt in Postangelegenheiten nach Neuengamme laufen zu müssen, zumal die Poststelle dort „in jeder Weise überlastet“ wäre und den Rentnern keine Hilfestellung bei Formalitäten gäbe.

Mit seinen Wertungen, dass Curslack „kulturell und wirtschaftlich … die höherstehende“ der beiden Gemeinden wäre, wird er auf der anderen Seite der Dove-Elbe keine neuen Freunde gewonnen haben. Die Curslacker empfänden es „als Anmaßung, daß sie jetzt gezwungen sind, wegen jeder Kleinigkeit nach Neuengamme zu laufen“, denn das widerspreche den „Lebensgewohnheiten der Vierlande, wo jede Gemeinde sich in jeder Weise für sich hält.“

Aber so isoliert voneinander lebten Curslacker und Neuengammer schon damals nicht: die Eisenbahn von Bergedorf nach Zollenspieker hatte für Neuengamme und Curslack einen gemeinsamen Haltepunkt, es gab (und gibt) einen gemeinsamen Sportverein (BZ vom 31. Januar 1921), auch in Schulfragen wurde kooperiert (BZ vom 20. Dezember 1920). Der Sprechsaal-Artikel ist so absurd, dass man durchaus die Frage stellen kann, ob der Verfasser womöglich alles ironisch meinte und sich mit den Übertreibungen über seine Mitbürger lustig machte.

Bergedorfer Zeitung, 3. Dezember 1924

Zumindest ein Neuengammer nahm den Curslacker aber ernst und schrieb seinerseits an die BZ: er sah (als Neuengammer) die Lage weniger dramatisch und bezweifelte, dass Curslack wirtschaftlich und kulturell auf eIner höheren Stufe stand. In einem Punkt teilte er die Einschätzung des Curslackers: zu anderen Gemeinden hielt man Distanz.

 

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Die Gratiszugaben zu den Weihnachtseinkäufen

Bergedorfer Zeitung, 27. November 1924

BZ, 27. November 1924

Hier gab es als kostenlose Zugabe einen hübschen Gummiball, dort allerliebste Spielwaren (Gebr. Bernau, BZ vom 29. November), woanders ein Paket weiße oder braune Weihnachtskuchen (Langhans, BZ vom 3. Dezember), alles gekoppelt an einen Einkauf zu einem angegebenen Mindestgeldbetrag. Im Kaufhaus Biebler gab es 100 Gramm feinste Schokolade: „Beim Einkauf von je 6 Mark erhalten Sie je eine Tafel im Werte von 50 Pfg. kostenlos.“ (BZ vom 28. November). Bei einem Einkauf für 20 Mark gab es im Kaufhaus Kröger (Zollenspieker) Waren im Wert von 3 Mark „nach beliebiger Wahl des Kunden“ (BZ vom 1. Dezember). Andere gaben einen Rabatt bei Barzahlung (Fibiger in Sande, BZ vom 27. November).

Bergedorfer Zeitung, 11. Dezember 1924

Bergedorfer Zeitung, 11. Dezember 1924

Aber nicht jedes Geschäft beteiligte sich an dieser Art des Wettlaufs um Kundschaft: der Bergedorfer „Eisenkrämer“ Hartig Eggers machte aus seinem Verzicht auf Rabatt und Gratiszugabe sogar ein Verkaufsargument und unterstellte den Wettbewerbern, Waren minderer Qualität anzubieten. Dabei wandte er sich u.a. gegen das vom Kaufhaus Frank & Nielsen angebotene Gratis-Aluminiumgeschirr.

Das Zugaben-Phänomen war nicht auf Bergedorf begrenzt: die Hamburger Detaillistenkammer nannte es „psychologisch verständlich“, dass Einzelhändler versuchten, so ihren Absatz zu steigern, doch „Das Rabatt- und Zugabewesen bedeutet eine Verschleierung der Preisgestaltung“ und sei im Interesse der Verbraucher abzulehnen (BZ vom 12. Dezember).

 

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Die Hansa-Schüler und die Kurzschrift

Bergedorfer Zeitung, 7. Oktober 1924

Bergedorfer Zeitung, 18. Oktober 1924

Schon bald nach dem Ende des Weltkriegs war an Bergedorfs Hansa-Schule der Schüler-Stenographenverein „Gabelsberger“ ins Leben getreten – doch dem Gabelsberger-Schreiben wollte das Reich den Garaus machen und statt der Vielfalt der bestehenden Kurzschriftsysteme eine neu geschaffene Einheitsstenographie etablieren.

Das stieß bei den Hansa-Stenographen auf entschiedene Ablehnung: nur Gabelsberger könne als Einheitsstenographie anerkannt werden, zumal das neue System noch unfertig sei. Das war selbstbewusst, aber eine Fehleinschätzung, denn keine zwei Wochen später wurde die formelle Einigung von Reich und Ländern auf die neue Schrift verkündet und festgelegt, dass „in anderen Systemen als in der Einheitskurzschrift … der Unterricht in den Schulen nicht erteilt“ werden dürfe.

Die Hansaschüler zeigten sich unbeeindruckt: als die Dachorganisation der Gabelsberger, der Deutsche Stenographenbund, einknickte und (auch) mit dem neuen System zu arbeiten begann, erklärte der Schülerverein einmütig seinen Austritt aus dem Verband (BZ vom 17. Januar 1925). Wie lange diese stenographische Variante des kleinen gallischen Dorfes ihren Widerstand aufrechterhalten konnte, war der BZ nicht zu entnehmen.

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Der Schwindel mit Sparbrennern

Bergedorfer Zeitung, 18. Oktober 1924

Immer wieder pries das Gaswerk Bergedorf die Vorzüge: mit Gas konnte man z. B. Essen zubereiten, Badewasser erwärmen und Plätteisen auf Temperatur bringen, es war sauberer als Kohle, man konnte bequem heizen (BZ vom 27. September) – und das alles bei sinkenden Preisen: hatte ein Kubikmeter Gas im Dezember 1923 noch 25 (Gold-)Pfennig gekostet, so gab es ihn ab dem 1. Oktober für 20 Pfennig und ab dem 1. Dezember für 18 Pfennig (BZ vom 29. September und 29- November), was die Gaskunden bestimmt freute.

 

BZ, 29. März 1924

Bergedorfer Zeitung, 9. Dezember 1924

Eine weitere Ersparnis sollten sogenannte „Sparbrenner“ ermöglichen, für die in der BZ geworben wurde und die von Hausierern angepriesen wurden, aber das Gaswerk lehnte diese wiederholt strikt ab: „Wir warnen vor dem Ankauf der angebotenen wertlosen Apparate“ – wirklich brauchbare Gassparer gebe es nur beim Gaswerk selbst zu kaufen (BZ vom 6. September). Ob das alles zutraf oder ob das Gaswerk eher eigennützig als altruistisch argumentierte?

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Verlorene Uhren und verlorene Begriffe

Manche Begriffe verschwinden im Laufe der Zeit aus dem Alltagsleben – an einige von ihnen sei hier erinnert.

BZ, 26. Januar 1924

BZ, 29. September 1924

Es kann wohl nur beim Transport einer größeren Uhr vorkommen, dass ein Perpendikel, heute würde man Pendel sagen, verlorengeht. Ob es sich bei der Uhr um einen Regulator (Auktionsobjekt, BZ vom 5. April 1924) handelte, also eine besonders genau gehende Uhr, kann nicht gesagt werden. Edith Ohlys Damenuhr war sicher zu klein für ein Perpendikel, aber als eine Tula-Uhr, also eine Niello-Arbeit, dürfte sie schon zu den besseren Produkten gezählt haben.

BZ, 10. Oktober 1924

BZ, 12. Juli 1924

Der Begriff Forke wird heute wohl ausschließlich für landwirtschaftliches Gerät genutzt; für den zum Essbesteck gehörenden Gegenstand hat sich das Wort Gabel durchgesetzt; Alpaka bezeichnet hier nicht die südamerikanische Kamelart, sondern wie Britannia eine Metalllegierung. Über Carl Sievers‘ Geschäftsausstattung weiß man nichts – man kann aber davon ausgehen, dass Tonbank und Reol vorhanden waren: die Tonbank war keine geologische Formation, sondern der Ladentisch/der Verkaufstresen, und im Reol wurden in den verschiedenen Fächern die Waren gelagert. Während Wikipedia unter Reol eine heutige japanische Tonkünstlerin vorstellt, findet man im Hamburgischen Wörterbuch unter „Reaal“ die zutreffende Erklärung des Hier und Damals.

BZ, 16. Juni 1924

Ebenfalls nur mit Hilfe des Hamburgischen Wörterbuchs kann man herausfinden, was Bohnenschächte waren: Stangen, an denen Bohnen emporranken.

 

BZ, 15. Dezember 1924

Hinsichtlich der „Hexe“ führt Wikipedia die Suchenden auf Abwege – erst die Eingabe von „Kochhexe“ führt zu der zutreffenden Erklärung: es ging nicht um Hexenhandel oder um das bekannte Grimmsche Märchen, sondern um einen einfachen Herd aus Eisenblech.

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Von Mardern und Hühnern

Bergedorfer Zeitung, 2. Februar 1924

Ein Marder ist laut Digitalem Wörterbuch der deutschen Sprache ein „mittelgroßes oder kleines braunes Raubtier, meist mit sehr gestrecktem, reich und fein behaartem Körper, das als diebisch gilt, weil es auch Geflügel erbeutet“ – vor 100 Jahren bezeichnete die BZ Fahrraddiebe, also zweibeinige Räuber, die vor allem im Schutz der Dunkelheit operierten, als Fahrradmarder (siehe z.B. BZ vom 12. April). Geht man nach den Zeitungsmeldungen des Jahres, so traten nur menschliche Marder in Erscheinung, keine tierischen.

BZ, 13. Mai 1924

BZ, 4. Oktober 1924

Die „Marder“ aller Arten waren aber nicht die einzigen, die Hühnern nachstellten: auf dem Lande war es nicht unüblich, Hühner frei laufen zu lassen – doch wenn das Federvieh Grundstücksgrenzen ignorierte, konnte es in Gefahr geraten, wobei – siehe Anzeige links – ein „gerichtliches“ Vorgehen gegen den Halter die mildere Variante war, was die als nicht hochintelligent angesehenen Tiere nicht zu Verhaltensänderungen bewogen haben dürfte. Das Erschießen von grenzüberschreitendem Geflügel – siehe Anzeige rechts – war eine Radikallösung, deren Rechtmäßigkeit zu bezweifeln ist.

Bergedorfer Zeitung, 4. Dezember 1924

Ihres Lebens zunächst einigermaßen sicher sein konnten diejenigen Hühner, die bei der alljährlichen Ausstellung des Bergedorfer Geflügelzüchtervereins prämiert wurden, immerhin erhielten ca. 40 von ihnen Ehrenpreise (BZ vom 8. Dezember). Das Deutsche Reichshuhn war nicht unter den Ausgezeichneten, wohl aber „goldhalsige deutsche Zwerge“, worüber hier nicht philosophiert werden soll.

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Die Sander Probleme mit dem Bahnhof Bergedorf

Bergedorfer Zeitung, 26. März 1914

Bergedorfer Zeitung, 9. April 1924

Obwohl der Bahnhof teilweise auf preußischem Gebiet lag, also in Sande, hieß er nicht „Bergedorf-Sande“, sondern schlicht „Bergedorf“ – für die Sander ein schon Jahrzehnte währendes Ärgernis: man fühlte sich diskriminiert. Noch mehr als die Stationsbezeichnung störte aber, dass es von Sande aus keinen Zugang zu den Bahngleisen gab: man musste den Umweg über die Holstenstraße nehmen, und der war alles andere als beliebt. Oft musste man an den geschlossenen Bahnschranken warten, und wer nicht warten wollte oder konnte, musste den anrüchigen Fußgängertunnel unter den Bahngleisen nehmen.

Bahnschranke an der Holstenstraße – rechts davon der Niedergang zum Fußgängertunnel

Bahnschranken an der Holstenstraße – rechts davon der Niedergang zum Fußgängertunnel, im Vordergrund eines der Bahngleise

 

 

 

 

 

 

 

Bergedorfer Zeitung, 2. August 1924

Dieses Anliegens nahm sich auch Bergedorfs „Wirtschaftliche Vereinigung zur Förderung von Industrie, Großhandel und Verkehr“ an, unterstützt vom Bürgerverein und der Gemeindevertretung Sandes (BZ vom 4. September und 15. Oktober). Mit einer Eingabe zur Früherlegung eines Güterzugs hatte der Verband Erfolg gehabt (siehe den Beitrag zum Verkehrshindernis Reichsbahn), aber bei den aktuellen Anliegen zeigte sich die Bahn unnachgiebig.

Bergedorfer Zeitung, 27. September 1924

Damit wollte sich die Vereinigung nicht zufriedengeben: sie schrieb nun an das Reichsverkehrsministerium als Aufsichtsbehörde der Reichsbahn: der volkswirtschaftliche Nutzen dieses neuen Ausgangs überwiege „die fiskalischen Bedenken hinsichtlich der Baukosten bei weitem“. Die Antwort war enttäuschend: nach den gesetzlichen Bestimmungen stehe dem Ministerium eine Einflußnahme auf derartige bauliche Maßnahmen nicht zu (BZ vom 16. Februar 1925).

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Die ungeliebte Fortbildungsschule

Bergedorfer Zeitung, 2. Dezember 1924

Die 1919 eingeführte Fortbildungsschulpflicht stieß in den Dörfern um Bergedorf weiterhin auf verbreitete Ablehnung bis hin zum Boykott. Die Curslacker Gemeindevertretung zum Beispiel hielt „die Wiedereinführung des Fortbildungsschulunterrichts in der bisherigen Weise … für völlig zwecklos“ (BZ vom 30. September 1924): Verstöße gegen die Schulpflicht konnten nicht sanktioniert werden, und der Unterricht wurde von den Dorfschullehrern erteilt, nicht von Fachlehrern, brachte den Jugendlichen und den Betrieben also keinen fachlichen Nutzen.

Nun sollte ein neuer Versuch gestartet werden, mit reduzierter Stundentafel, zunächst beschränkt auf einen Schülerjahrgang, nur in den Wintermonaten, erteilt durch „führende Praktiker“ im Obst- und Gemüsebau, die als hauptamtliche Kräfte allerdings „Wanderunterricht“ geben sollten, also von Schule zu Schule wandern – mit einem solchen System habe man bei der weiblichen Jugend im Koch- und Nähunterricht gute Erfahrungen gemacht.

Die Einführung des neuen Modells in modifizierter Form ging in den Vierlanden schneller voran als in den Marschlanden, und statt zahlreicher „einklassiger und einstufiger Zwergschulen“ sollte es wenige größere Fachschulen geben, auch für den Hauswirtschafts- und Kochunterricht der Mädchen (BZ vom 19. September und 7. Dezember 1925).

Im städtischen Bereich war die Lage etwas anders: dort forderte die Wirtschaftliche Vereinigung, also der örtliche Arbeitgeberverband, den Fortbildungsunterricht außerhalb der Arbeitszeit zu ermöglichen (BZ vom 26. Juni 1924), also abends und/oder sonntags. Dazu kam es aber nicht.

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Die Promi-Hochzeit in Sande

Bergedorfer Zeitung, 5. April 1924

Wahrscheinlich war die Schauspielerin Fern Andra bekannter als ihr Bräutigam, der Profi-Boxer Kurt Prenzel – auch in Sande, obwohl Prenzel von dort stammte. „Viele Schaulustige“ hatten sich beim Sander Standesamt eingefunden, um sie oder ihn oder beide zu sehen, aber ein Medienereignis war es nicht: das Hamburger Fremdenblatt vom 7. April meldete in knappen Worten die Eheschließung und beförderte Prenzel dabei zu einem „Hamburger Jung“; ähnlich wortarm am selben Tage die Wilhelmsburger Zeitung, die Prenzel zum Mittelgewichtsringer machte (beide Blätter im Portal Hamburger Zeitungen Digital). Die anderen Hamburger Zeitungen übergingen das Event.

1925 übernahm Prenzel eine größere Rolle im Film „und es lockt ein Ruf aus sündiger Welt“ (Hauptrolle: Fern Andra) – das reicht eigentlich nicht, ihn als neuen Filmstar zu bezeichnen (so aber Helen Barr), denn weitere große Rollen konnten nicht nachgewiesen werden. Auch in seinem eigentlichen Beruf des Preisboxers lief nicht alles wie gewünscht: 1925 wollte er seine Frau vor einem tollwütigen Hund beschützen, wurde dabei selbst gebissen und lange außer Gefecht gesetzt, wie es auf einer Seite der Hoosier State Chronicles heißt (u.a. dort auch Fotos).

Lange bestand die Ehe nicht: 1927 meldete die Magdeburger Volksstimme, dass Prenzel wegen „ehewidrigen Verhaltens“ Andras (die dieses bestritt) die Scheidung einreichte. Der geschiedene Prenzel kehrte nicht nach Sande zurück: er emigrierte in die USA und boxte weiter, wie man auf einer Liste seiner Kämpfe sieht.

 

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Lyrische Blüten aus Bergedorf

Über die Jahre hin hatte die BZ Gedichte von „Felicitas“ veröffentlicht, u.a. „Sehnsucht“ und „Heimatglockenklang“ (BZ vom 12. Juli und 7. August 1923) – das Pseudonym, das auf eine Dichterin hindeutete, wurde 1924 gelüftet: Felicitas war der in Bergedorf am Reinbeker Weg wohnende siebzigjährige Hamburger Kaufmann Hinrich Schnitger.

Bergedorfer Zeitung, 29. Januar 1924

Bergedorfer Zeitung, 28. Februar 1924 – weitere Gedichte Schnitgers in der BZ vom 28. Juni, 12. Juli und 17. September 1924

Mit dem Verkaufserlös seines Buches wollte Schnitger „die Not der armen Kinder Bergedorfs“ lindern, und obwohl der Preis mit 10 Mark nicht gering war, ging der Verkauf flott: schon Ende März waren 43 von 50 Exemplaren verkauft, und Pastor Behrmann quittierte den entsprechenden Spendeneingang (BZ vom 15. Januar, 14. und 25. März 1924). Schnitger finanzierte übrigens die Herstellung des Buches (bei Konrad Hanf in Hamburg) komplett aus eigener Tasche.

Schnitger fand offenbar Gefallen an Dichtung und Publikation, denn insgesamt erschienen vier Bände seiner „Blumen vom Lebenswege“ – der erste Band ist in Hamburg nur in der Bibliothek des Museums für Bergedorf und die Vierlande vorhanden.

Bergedorfer Zeitung, 17. Dezember 1924

Noch ein weiterer Bergedorfer publizierte 1924 eigene Gedichte: Alfred Staningk, laut Adressbuch Lehrer von Beruf, wohnhaft Brauerstraße. Sein „Weg zur Freude“ erschien sogar im Bergedorfer Schafferverlag Carl Weißleder (Weißleder hatte offenbar sein Geschäftsfeld (Hypnotismus und dergleichen) erweitert und verlegte jetzt auch Bücher aus diesem Bereich). Ein Gedicht Staningks druckte die BZ nicht, aber doch eine Leseempfehlung in der Rubrik Literarisches: „Das Buch eines Ringenden, der durch Leid und Verzagtheit den Weg zu sonnigen Höhen gefunden hat.“

Unter den weiteren BZ-Hinweisen auf „Literarisches“ findet man z.B. Plattdeutsches von Otto Garber und Paul Wriede (BZ vom 18. und 11. Oktober), historisierende Hamburg-Romane (BZ vom 28. November und 9. Dezember) oder Heimatführer (BZ vom 15. Juli und 8. Dezember). Literaturfreunde konnten sich mit den Fortsetzungsromanen in der Zeitung (z.B. Johann Brüdt, Der lateinische Bauer) zerstreuen, doch Freunde der literarischen Avantgarde wurden in der BZ nicht fündig.

 

 

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