Die körperliche Züchtigung an den Schulen

Veröff.

Bergedorfer Zeitung, 6. Februar 1924

Vor hundert Jahren waren Körperstrafen noch weit verbreitet, auch in den Schulen. Es gab in Hamburg aber Bestrebungen, dies zu ändern, und deshalb diskutierte die Elternschaft (nicht nur) der Hansaschule auf Anregung der Oberschulbehörde das Thema. Das Ergebnis an der Hansaschule war klar: die Lehrer sollten das Züchtigungsrecht behalten; die bestehenden Einschränkungen genügten „vollauf“. Ob die anderen Bergedorfer Schulen ebenfalls hierüber berieten und zu welchem Votum sie ggf. gelangten, schrieb die BZ nicht; sie berichtete nur über den Freispruch von zwei wegen Misshandlung angeklagten Lehrern in Hamburg: den Lehrern falle „eine Überschreitung des Züchtigungsrechts nicht zur Last“ (BZ vom 26. März).

Mehrfach wurde das Thema im Hamburger Schulbeirat, zusammengesetzt aus Lehrer- und Elternvertretern, debattiert, doch die Gegner der Prügelstrafe konnten deren Abschaffung nicht erreichen; die Bestimmungen von 1917 blieben mit einer Einschränkung in Kraft: wenn Elternrat und Lehrkörper einer Schule beschlossen, körperliche Züchtigung als Strafmittel auszuschließen, dann sollte die Behörde dies billigen (Hamburger Echo vom 2. März sowie 17. Juni, Hamburgischer Correspondent vom 3. Juni und Hamburger Volkszeitung vom 14. Juni, alle im Portal Hamburger Zeitungen Digital).

Das Thema blieb aber weiter aktuell, auch im Bürgerschaftswahlkampf: eine Anfrage der Ortsgruppe der Internationalen Frauenliga beantwortete der SPD-Vorstand, dass die SPD die körperliche Züchtigung in Hamburger Schulen zwar als „kulturwidriges Erziehungshilfsmittel“ sehe, sie aber „nicht ausdrücklich verboten“ sei (Hamburger Echo vom 18. Oktober).

Die Regelung von 1917 (siehe unten) blieb also in Kraft; die körperliche Züchtigung in Schulen wurde erst 1969 abgeschafft, wie Uwe Bahnsen schrieb. Im aktuellen Hamburgischen Schulgesetz, § 49 (1) heißt es schlicht: „Die körperliche Züchtigung und andere entwürdigende Erziehungsmaßnahmen sind verboten.“

Verfügung S. 1

Verfügung S. 2

 

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