Rundfunksender Bergedorf

Bergedorfer Wasserturm, undatierte Aufnahme, wohl vor 1930

Bergedorfer Zeitung, 31. März 1924

Hamburgs Pech war Bergedorfs Glück: die BZ meldete, dass es aus einer Reihe technischer Gründe in der Großstadt selbst keinen geeigneten Standort für einen Rundfunk-sender gab, wohl aber in der Kleinstadt Bergedorf: hier war es ruhig, es gab keine Störquellen, und die Nutzung des hochgelegenen Wasserturms (Nr. 26 auf der  Karte 1904) zur Antennenbefestigung sparte sicher auch Kosten.

Nicht nur die Sendeanlage sollte nach Bergedorf kommen, sondern alle mit einer Rundfunkanstalt verbundenen Einrichtungen wie Senderaum und Konzerträume, was den Bau entsprechender „Gebäulichkeiten“ erforderte. „Radio Bergedorf“ würde damit „schon in der nächsten Zeit in der Reihe der großen Radiozentralen einen ersten Platz“ einnehmen, vielleicht London oder Paris vergleichbar.

Der Baubeginn stand unmittelbar bevor, das Material für die Antennen war bereits in der Stadt eingetroffen – doch dann meldete das Blatt: „Es ist … schade, daß die Fertigstellung unseres Bergedorfer Rundfunksenders am Wasserturm bis zum 1. April nächsten Jahres hinausgeschoben werden mußte.“ (BZ vom 5. April) Daraus wurde aber genausowenig wie aus dem Projekt des Bunten Bergedorf vom 1. April 1923.

Der Sender siedelte sich in Hamburg an. Die Nordische Rundfunk-Aktiengesellschaft, kurz Norag, nahm am 2. Mai 1924 ihren Sendebetrieb im damaligen Hauptfernsprechamt in der Schlüterstraße auf, worüber die Hamburger Nachrichten am selben Tag schrieben: „Im Parterre befindet sich der schallsichere Aufnahmeraum, in den oberen Stockwerken der Maschinen- und Senderaum und auf dem Gebäude zwischen zwei 28 Meter langen Stangen der Verteiler.“ Die Leistung des Mittelwellensenders betrug 0,7 kW; es gab 896 angemeldete Hörer und vermutlich sehr viel mehr Schwarzhörer – eine knappe Darstellung der Anfangsphase der Norag gibt es online beim Hans-Bredow-Institut, beim  NDR auch ein Audio dazu.

Abgesehen von einer kurzen Existenz eines kommerziellen Senders „Bergedorf Radio“ in den 1980er Jahren konnte sich der Rundfunk in Bergedorf nur auf Seiten der Hörer etablieren. Das werbefreie Hamburger Lokalradio hat seit 1998 sein Sendestudio in Lohbrügge, wird aber von Hamburg aus verbreitet.

Dieser Beitrag wurde unter Bergedorf 1924 veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert