Der Bürgerschaftswahlkampf 1924

Bergedorfer Zeitung, 16. Oktober 1924 (Schluss eines Berichts über eine SPD-Versammlung)

Der Bürgerschaftswahlkampf im Oktober 1924 verlief in der Landherrenschaft Bergedorf wohl friedlich – anders als bei den vorangegangenen Wahlen zur Bürgervertretung im Februar und zum Reichstag im April desselben Jahres. Zwar ist die BZ der letzten dreizehn Oktobertage (und fast des ganzen Novembers) 1924 nicht erhalten geblieben, aber die durchgesehenen Hamburger Tageszeitungen (Hamburger Fremdenblatt, Hamburgischer Correspondent, Hamburger Volkszeitung, alle im Portal Hamburger Zeitungen Digital) aus diesem Zeitraum schrieben in ihren Berichten aus Bergedorf nichts über besondere Vorkommnisse.

Bergedorfer Zeitung, 16. Oktober 1924 (Schluss eines Berichts über eine DNVP-Versammlung)

Zwei Ereignisse sind aber einer Erwähnung wert: laut Hamburger Echo hatte die DNVP in der BZ eine Anzeige geschaltet, die Reichsbanner-Angehörige „wegen Veranstaltungsstörung“ explizit von ihren Versammlungen ausschloss – doch hiervon distanzierten sich die Bergedorfer Deutschnationalen: an ihrem Abend im Colosseum nahmen auch Reichsbannerleute teil, und alles verlief ruhig und in geordneten Bahnen (Hamburger Echo vom 25. Oktober). Über gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen SPD-Reichsbanner-Gruppen und KPD-Plakatklebern in der Nacht vor der Wahl in „allen Stadtteilen“ berichtete exklusiv die Hamburger Volkszeitung (27. Oktober), die sich ansonsten mehrfach über geringe Beteiligung an Veranstaltungen anderer Parteien mokierte (20. und 21. Oktober).

Bergedorfer Zeitung, 16. Oktober 1924 (Schluss eines Berichts über eine DNVP-Versammlung)

Nahezu jede Wahlveranstaltung im Raum Bergedorf war auch von politischen Gegnern besucht, die oft selbst Kandidaten waren, „den anderen“ nicht das politische Feld überlassen wollten und/oder darauf hofften, in der Diskussion unentschlossene Wählerinnen und Wähler überzeugen zu können. Die Motive im einzelnen lassen sich nicht ergründen: an einer Veranstaltung des „Völkisch-Sozialen Blocks“ nahmen SPD- wie KPD-Anhänger teil – man beschimpfte sich gegenseitig, aber es blieb alles friedlich (Hamburger Echo vom 24. Oktober).

Bergedorfer Zeitung, 16. Oktober 1924 (Schluss eines Berichts über eine DNVP-Versammlung)

Für die Kandidaten bedeutete diese Art der Wahlkampfführung, dass sie sich mal in diesem, mal in jenem Lokal trafen, mal war der eine Veranstalter und Redner, der andere Diskutant, mal umgekehrt. Einmalig war wohl (durch einen Fehler des Wirts) die „Doppelvermietung“ eines Saals in Kirchwärder-Seefeld an DVP und DNVP, doch auch hier blieb ein Konflikt aus: „Auf dem Wege gütlicher Verständigung gingen beide Versammlungen ineinander über“ (BZ vom 14. Oktober), was auch den erschienenen Gegnern lange Wege ersparte.

Die Wahlergebnisse sind online einzusehen in den Statistischen Mitteilungen über den hamburgischen Staat Nr. 15.

 

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Wulstreifen und Langsamradeln

Bergedorfer Zeitung, 18. Oktober 1924

Bergedorfs führender Fahrradverein, der national und international erfolgreiche RV Sport, wird wohl die Nase gerümpft oder zumindest herablassend milde gelächelt haben über die Vereinsmeisterschaft des Curslacker Radfahrervereins von 1895.

Beim Rennen der Männer über 12,3 km erfolgte der Start zeitlich gestaffelt, je nach Art der Bereifung. Der objektiv schnellste Fahrer muss B. Wobbe gewesen sein, der in Gruppe zwei oder drei (Draht- bzw. Schlauchreifen) gestartet war und den Sieger A. Buhk (Wulstreifen) fast eingeholt hätte. In welchem Ausmaß die Platzierungen vom Reifen- und Fahrradmaterial beeinflusst waren, weiß man nicht. Wobbe wird jedenfalls nicht glücklich darüber gewesen sein, dass er trotz der schnellsten Zeit sich nicht mit dem Meistertitel schmücken durfte.

Die Männer absolvierten ihr Rennen mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von etwa 32 km/h – die Siegerin des Damenrennens kam nur auf ca. 1,65 km/h – die elf anderen Damen waren schneller, aber Ziel des Wettbewerbs war das Langsamfahren, bei dem der Boden nicht mit dem Fuß berührt werden durfte – und einhundert Meter per Fahrrad in über dreieinhalb Minuten zu radeln dürfte nicht einfach gewesen sein.

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Vom Tretrad zur motorisierten Streife – die Polizei wird moderner

Bergedorfer Zeitung, 15. Oktober 1924

Die Beschwerden über den motorisierten Verkehr rissen nicht ab. Die Überschreitung der innerörtlichen Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h führte wiederholt zu schweren Unfällen; Lärm, Qualm und Gestank der Motorräder („Chausseeflöhe“, BZ vom 14. Juni 1924) nervten die Menschen – aber nun wollte die Polizei dagegen vorgehen, mit „weit höheren Strafen und Fahrscheinentziehung in größerem Umfang als bisher“, mit Motorrad- und Kraftwagenstreifen statt mit polizeilichem „Straßendienst zu Fuß oder auf dem Tretrad“.

Ob diese Kräfte auch in Bergedorf zum Einsatz kamen, war der BZ nicht zu entnehmen. Die Forderung des BZ-Redakteurs Hanns Lotz, das Maximaltempo in der Stadt zu halbieren (BZ vom 14. Juni 1924), wurde in einem Teilbereich umgesetzt: in dem ost-westlichen Hauptstraßenzug Holstenstraße – Große Straße – Sachsenstraße durfte ab Herbst sogar nur noch mit 12 km/h gefahren werden (BZ 27. Dezember 1924). Ob (und ggf. wie lange) dieses Tempolimit nach Ende von Pflasterungsarbeiten bestehen blieb, ist offen.

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Die Rolle rückwärts bei den Straßennamen

Bergedorfer Zeitung, 11. Oktober 1924

Meistens ist es lästig, wenn der Straßenname geändert wird: man muss Geschäftspartner, Freunde und Verwandte informieren, eventuell neue Visitenkarten und neues Briefpapier herstellen lassen, die Änderungen in amtliche Dokumente eintragen lassen – doch hier forderten „die Anlieger“ der betroffenen Straßen, eine gerade einmal zwei Jahre alte Änderung wieder zurückzunehmen: die „Bebelstraße“ sollte wieder zur „Bismarckstraße“ werden, die „Rathenaustraße“ wieder zur „Blücherstraße“ usw.

Die Gründe waren, wie die Eingabe zeigt, politischer Natur, genauso wie 1922 die Änderung aus politischen Gründen nach höchst kontroverser Debatte beschlossen worden war (siehe den Beitrag zum Streit um die Straßennamen). Die Wahlen zur Stadtvertretung im Frühjahr 1924 brachten dann eine knappe bürgerliche Mehrheit, und der „Bürgerbund“ nahm sich des Anliegens an.

Bergedorfer Zeitung, 10. Dezember 1924

Wie die Debatte in der Stadtvertretung verlief, ist nicht bekannt, da die Bergedorfer Zeitung vom 20. Oktober bis zum 25. November 1924 nicht erhalten geblieben ist – man wird aber davon ausgehen können, dass es keine wesentlich neuen Argumente gab und dass die Abstimmung wieder kontrovers verlief. Die offizielle Bekanntmachung vom Dezember zeigt, dass die Rolle rückwärts vollzogen wurde.

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„Stahlhelm“ vs. „Reichsbanner“

Bergedorfer Zeitung, 10. Oktober 1924

Schon an den Farben konnte man die politische Grundhaltung erkennen: im „Stahlhelm – Bund der Frontsoldaten“ organisierte man sich „unter der schwarz-weiß-roten Fahne“, nun auch in einer Ortsgruppe Bergedorf-Sande, und wollte u.a. völkisches Gedankengut verbreiten, angeblich ohne sich einer bestimmten Partei zuzuordnen. Die Nähe zur DNVP und noch weiter rechts stehenden Verbänden und Parteien war aber unübersehbar.

 

Bergedorfer Zeitung, 6. September 1924

Ein anders ausgerichteter Zusammenschluss war das „Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold, Bund der republikanischen Kriegsteilnehmer“ mit dem Ziel, Republik und Demokratie zu schützen. Getragen wurde der Verband von SPD, DDP und Zentrum. Die Gründungsgeschichte der Ortsgruppe Bergedorf-Sande ist etwas unübersichtlich: vermutlich war das örtliche Reichsbanner zunächst eine nur von der SPD getragene Einrichtung – es war jedenfalls schon aktiv, bevor Zentrum und DDP zur offiziellen Gründung aufriefen, die dann auch vollzogen wurde (BZ vom 29. September 1924).

Der Bergedorf-Sander Stahlhelm hielt sich mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen zurück: zwei Anzeigen luden zu Militärkonzerten (27. November und 17. Dezember 1924), was durchaus den Aktivitäten der bestehenden Militärvereine entsprach. Ob der Stahlhelm in den handfesten Auseinandersetzungen bei einer DNVP-Kundgebung zur Reichstagswahl eine Rolle spielte, kann nicht belegt werden – die BZ schrieb über handfeste Auseinandersetzungen „zwischen Reichsbannerleuten und Angehörigen des deutsch-nationalen Saalschutzes“ (BZ vom 5. Dezember). In einer offiziellen Stellungnahme des Reichsbanners wurde der Stahlhelm als Konfliktbeteiligter nicht erwähnt (BZ vom 6. Dezember).

Die politischen Gegensätze hatten sich also weiter verschärft – und Gewalt verdrängte zusehends Argumente, auch in Bergedorf.

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Der Schatz im Acker

Bergedorfer Zeitung, 6. Oktober 1924

Heutige Boulevardblätter und vergleichbare Medien hätten mehr daraus gemacht als die BZ vor 100 Jahren: Unfall? Selbsttötung? Mord?

War die Frau aus Neuengamme beim Wasserschöpfen in die Dove-Elbe gestürzt und dabei ertrunken? Oder war sie „ins Wasser gegangen“, hatte sich das Leben genommen? Oder hatte jemand sie ins Wasser gestoßen?

Jedenfalls war sie wohlhabend gewesen, was ja durchaus ein Mordmotiv sein kann – und sie muss um ihr Leben gefürchtet haben, denn sie hatte ihr Geld „sehr tief im Acker vergraben“ und auf einem zurückgelassenen Zettel vermerkt, dass eine Suche erfolglos bleiben würde. Wohin ihre nicht näher bezeichneten „Kostbarkeiten“ gerieten und welche Bedeutung dem verschwundenen Kommodenschlüssel zukam, war der BZ nicht zu entnehmen.

An der Schatzsuche beteiligten sich Berufene, vermutlich die Familie, und Unberufene, doch zu keinem der (möglichen) Aspekte des Themas gab es bis Jahresende 1924 weitere Meldungen. Die Fragen bleiben.

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Die Verlangsamung durch den Schnellverkehr

Bergedorfer Zeitung, 4. Oktober 1924

Für alle Telefongespräche in Bergedorf und von Bergedorf in die weite Welt galt weiterhin, dass sie von Hand vermittelt werden mussten – wer in einer der Spitzenzeiten telefonieren wollte, musste damit rechnen, dass es zu Wartezeiten kam: erst musste sich die Bergedorfer Vermittlung melden, dann benötigte sie eine freie Leitung in die Zielregion, dann musste die dortige Vermittlungsstelle den Anruf annehmen und den gewünschten Teilnehmer anrufen (sofern eine Leitung frei war), und dann musste der Bergedorfer Anrufer hoffen, dass sein Gesprächspartner den Anruf annahm.

Dieser Vorgang sollte nun beschleunigt werden – das Zauberwort hieß „Schnellverkehrsamt“, und nach der Mitteilung der Oberpostdirektion sollten Gespräche fortan ruckzuck, eben im Schnellverkehr, vermittelt werden.

Bergedorfer Zeitung, 4. Oktober 1924

Allerdings: was die Oberpostdirektion als Maßnahme zur Beschleunigung der Gesprächsherstellung einstufte, war in den Augen der Schriftleitung der BZ das genaue Gegenteil, denn es wurde ein weiterer Vermittlungsschritt hinzugefügt.

Einen Trost gab es allerdings ab Dezember 1924: die Gebühren wurden gesenkt, und zum 1. Februar 1925 wurde es noch einmal billiger – die Vieltelefonierer bekamen progressive Rabatte auf die Gesprächspreise (BZ vom 29. November und 19. Dezember 1924).

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Die schwierige Befestigung eines Elbdeichs

Bergedorfer Zeitung, 25. September 1924

BZ, 25. September 1924

Eine kurze Meldung und eine nüchterne Bekanntmachung – also nichts Aufregendes, sollte man meinen. Dem war aber nicht so, denn Deichangelegenheiten waren immer kompliziert und hatten immer eine lange Vorgeschichte.

Die Deiche in den Vierlanden standen in aller Regel im Eigentum der Deichverbände. Jeder Grundeigentümer war Mitglied eines solchen Deichverbands, was in der „Deichrolle“ registriert wurde, in der auch die „Deichlast“ beschrieben war (siehe hierzu den Beitrag Von Streuels und Deichverbänden).

Die primäre Funktion der Deiche bestand ja im Schutz des Landes gegen Überflutung, aber sie waren seit jeher auch Verkehrswege, und diese letztere Funktion hatte an Bedeutung stark zugenommen. Mehr Verkehr ergab eine stärkere Beanspruchung der Deichkrone, die ja zugleich Fahrbahn war.

Die Pflicht zur Unterhaltung des Deichs einschließlich der Fahrbahn lag beim jeweiligen Grundeigentümer, der die ggf. benötigte „Deicherde“ von Flächen des Deichverbands entnehmen durfte, welcher auch (in Kirchwärder) Schlacken für die Fahrbahn zur Verfügung stellte (BZ vom 19. Mai und 11. Oktober 1924).

BZ, 19. Mai 1925

Die Klagen über die Zustände der ungepflasterten Deichstraßen in Kirchwärder und Ochsenwärder nahmen eher zu als ab, von „Verwüstung der Deichstraßen“ war die Rede, sie seien „noch in ihrem Urzustande“ (z.B. BZ vom 31. Januar 1923 und 14. Januar 1925). Zur Frühjahrsdeichschau 1924 forderte der Deichvorstand dazu auf, „Löcher und Vertiefungen in der Deichkrone“ zu beseitigen, und als Ergebnis der Schauung empfahl der Vertreter der Baubehörde, Heinrich Osterath, die „baldige Befestigung der Deiche“ (BZ vom 6. Juni 1924), was eine Einigung zwischen der politischen Gemeinde Kirchwärder und dem Deichverband Kirchwärder erforderte: wer sollte die Kosten für die Pflasterung tragen, die weit höher waren als die für eine einfache Beschüttung mit Schlacken?

Bergedorfer Zeitung, 23. Juni 1924

Die Einigung kam wohl nur zustande, weil der Staat sich an den Ausgaben beteiligte – die „Interessenten“, also die Grundeigentümer, übernahmen die nötigen Materialtransporte, gaben aber ihre Verpflichtung zur Unterhaltung der Fahrbahn an die Gemeinde ab.

Für diese 470 Meter Deichstrecke war also eine Modernisierungsregelung gefunden. Sie war aber offenbar nicht ohne weiteres auf den folgenden Abschnitt vom Mühlendamm bis zum Bahnhof Zollenspieker am Sülzbrack übertragbar, denn dafür gab es neue Verhandlungen zwischen Gemeinde und Deichvorstand, und die fuhren sich erst einmal fest (BZ vom 4. Februar 1925), so wie manches Fuhrwerk auf dem unbefestigten Deich.

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Kein Zeppelin über Bergedorf

Bergedorfer Zeitung, 23. September 1924

Die „Deutschlandfahrt des Z.R. 3“ trieb die Massen in den Orten, die überflogen werden sollten, auf die Straßen, denn dieser 1922 bis 1924 gebaute Zeppelin war mit 200 Metern Länge das weltweit größte Luftschiff. Und die Chance, es zu sehen, war einmalig, denn es war als Reparationsleistung für die USA gebaut worden (siehe hierzu Wikipedia) und sollte bald auf Fahrt dorthin gehen – die erste Atlantikquerung eines deutschen Zeppelins.

Die Deutschlandflug-Route wurde von der BZ detailliert beschrieben, und die BZ glaubte, dass Z.R. 3 (damals noch unter der Bezeichnung LZ 126) „wahrscheinlich auch über Bergedorf zu sehen“ sein würde. Doch der um einen Tag verschobene Flug erfüllte die Bergedorfer Hoffnungen nicht:

Bergedorfer Zeitung, 26. September 1924

Zu sehen war lediglich ein „feiner grauer Strich am diesigen südwestlichen Horizont“. Über Elbe und Alster war Z.R. 3 eine Schleife geflogen, die aber nicht bis zur Bille bei Bergedorf reichte. Fotografien des Ereignisses brachte das Hamburger Fremdenblatt am 26. September in seiner „Rundschau im Bilde“ (Direktlink zur Seite) – die BZ war fotofrei. Der gefrustete BZ-Journalist ließ seiner Enttäuschung (und der seiner kleinen Tochter) am nächsten Tag in seiner Wochenkolumne noch einmal freien Lauf, Titel: „Zeppelin-Reminiscenzen eines Enttäuschten“.

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Friedensbewegung, Militärvereine und die BZ

Bergedorfer Zeitung, 20. September 1924

Der Deutsche Zweig der Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit (IFFF) begleitete seine Tagung in Hamburg mit öffentlichen Veranstaltungen. Eine fand in Bergedorf statt – die Rednerinnen Emmeline Pethick-Lawrence, Auguste Kirchhoff und Marcelle Capy zählten zweifelsohne zu den prominenten Mitgliedern der Liga.

Zwar brachte die BZ im Lokalteil einen Hinweis auf die Veranstaltung im Colosseum, aber leider keinen Bericht. Genauso war es in Hamburg: das Hamburger Echo druckte ebenfalls außer der Anzeige einen redaktionellen Hinweis auf einen Abend im Hamburger Gewerkschaftshaus, doch einen Bericht ebensowenig (Hamburger Echo vom 28. und 29. September).

Über den hamburgweiten „Antikriegstag“ am 21. September und die bei den Kundgebungen gehaltenen Reden hatte man sich hingegen aus BZ und „Echo“ am folgenden Tag ausführlich informieren können: in Sande waren mehrere hundert Menschen der Einladung der „Bergedorf-Sander Organisationen der freien Gewerkschaften, der Sozialdemokratie, der Friedensfreunde und der Kriegsbeschädigten“ gefolgt und forderten die „allgemeine Völkerversöhnung“ (gut 40 Zeilen in der BZ vom 22. September 1924). Auf einen vorangegangenen Vortrag Prof. Prinz Max von Sachsens über „Frieden – Die Grundlage aller Kultur“, zu dem die selben Organisatoren und das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold eingeladen hatten, hatte die BZ zwar hingewiesen (BZ vom 5. September 1924), dann aber nichts mehr darüber geschrieben.

Bergedorfer Zeitung, 25. September 1924

Mit Militärvereinen ging die BZ in aller Regel anders um, wohl nicht nur, weil sie mehr und größere Anzeigen ins Blatt setzen ließen: der Bericht über das Jubiläum der „Kampfgenossen“ nahm mit rund 180 Zeilen etwa eine halbe Zeitungsseite ein; der dort getätigte Ausspruch „Deutschland will, soll und muß leben“ (BZ vom 6. Oktober) ist durchaus als Kontrast zum zitierten Gedanken der Völkerversöhnung zu sehen. Eine Nähe der BZ zu den Militär- und Veteranenvereinen war unübersehbar; der Friedensbewegung stand sie eher distanziert gegenüber.

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