Die Verfechter der „Naturheilkunde“ in Bergedorf und Sande hatten sich neu organisiert: die neugegründete „Gesellschaft für allgemeine Lebensreform“ wollte gegen die „allopathische Heilweise“, also die Schulmedizin, die „natürlichen Heilweisen“ propagieren. Das deckte sich mit den Zielen des „Vereins für naturgemäße Lebens- und Heilweise (Naturheilverein) e.V. Bergedorf“, der auch in jenen Tagen öffentlichkeitswirksam wurde (Anzeige in der BZ vom 11. Oktober 1924).
Natürlich können sich auch Nobelpreisträger wie Paul Ehrlich irren, doch das „Ehrlich Hata 606“ war das erste wirksame Medikament gegen Syphilis, was den Heilpraktiker Kahle aus Sande aber nicht beeindruckte: seine alternativen Methoden brächten „rasch und sicher Heilung“. Vielleicht setzte er dabei auch auf die Suggestion, die sein Kollege, der selbsternannte Psychologe Weyrauch propagierte.
Und wenn Suggestion nicht half, dann taten es vielleicht die „Hilfen der Lichtgeister: Stilles Schaffen“, erschienen im Bergedorfer Schaffer-Verlag (BZ vom 12. März 1924), oder die Augendiagnose als Grundlage einer Kräuterkur (BZ vom 11. Oktober 1924). Wem das nicht zusagte, der konnte nach Geesthacht zu Alwin Klein fahren und sich seinen Behandlungskünsten unterwerfen, denn polizeilich waren diese nicht mehr verboten.