Der zweigleisige Ausbau der Bahnstrecke zwischen Bergedorf und Geesthacht war keine Konsequenz aus dem Eisenbahnunglück wenige Wochen zuvor (siehe den Beitrag Der schwere Eisenbahnunfall …), aber er verringerte natürlich die Gefahr weiterer Kollisionen. Der Ausbau erfolgte, weil die Strecke schlicht überlastet war, denn immer mehr Arbeiter von Pulverfabrik und Dynamitwerken kamen per Bahn, und auch die in Düneberg und Krümmel in immer größeren Mengen erzeugten Produkte wurden auf dem Schienenwege transportiert.
Nun hatte also Preußen die Ausbaugenehmigung auf seinem Gebiet erteilt, unter dem Vorbehalt der „etwa über die bisherigen militärischen Verpflichtungen hinaus vom Herrn Kriegsminister zu stellenden Anforderungen“. Aus dem „Hindenburg-Programm“ des Kriegsministeriums sollten 2,7 Millionen Mark der auf 4,6 Millionen Mark kalkulierten Gesamtkosten beglichen werden (vgl. Olaf Krüger, S. 100f.).
Die Bedeutung der Ausbaumaßnahme für das Militär wird durch die Bereitstellung von 100 Soldaten als Arbeitskräfte unterstrichen, für die die BGE in Erwartung der Genehmigung schon einige Wochen vorher Quartier einschließlich Verpflegung gesucht hatte, wobei die „Lebensmittel bahnseitig gestellt“ werden sollten. Der BZ war nicht mit Sicherheit zu entnehmen, wo genau die Unterbringung letztlich erfolgte: nur anlässlich eines Diebstahls wird einmal ein „Mannschaftsraum der Baukompagnie“ im Bergedorfer Portici erwähnt (siehe BZ vom 27. August 1917) – ob auch die für den Bau der Krümmel-Bahn errichteten „Russenbaracke“ (siehe die Abbildung bei Olaf Krüger, S. 128) genutzt wurde, muss offen bleiben; jedenfalls existierte diese Baracke noch, wie sich aus einer Anzeige in der BZ vom 9. Juni 1917 ergibt: einer im Bahnbau tätigen Firma waren dort Eisenbahnschwellen (und am Bahnhof Düneberg große Tonröhren) gestohlen worden.
Mit den einhundert Bahnbau-Soldaten war der Bedarf offenbar nicht gedeckt, denn mehrfach inserierten Firmen auf der Suche nach Erd-, Beton- und Gleisarbeitern für den Bereich Bergedorf-Süd – Holtenklinke (siehe BZ vom 19., 21., 24. und 26. März sowie 20. und 25. April 1917).
Eine große Baumaßnahme, über die in der Bergedorfer Zeitung ansonsten keine Zeile zu finden war, konnte im Frühjahr 1917 übrigens abgeschlossen werden, wie sich aus einer kleinen Anzeige der BGE (siehe BZ vom 24. März 1917) ergibt: „wegen Einlegung durchfahrender Züge zwischen Hamburg (Hauptbahnhof) und Düneberg bezw. Geesthacht“ gab es eine Fahrplanänderung. Für diese Zugverbindung war in Höhe des Oberen Landwegs eine Abzweigung von den Staatsbahngleisen Richtung Bahnhof Bergedorf-Süd mit neuer Überbrückung des Schleusengrabens geschaffen worden, womit die ursprüngliche Trasse und Verbindung von 1842 wiederhergestellt war (siehe den Beitrag Das „Italienische Viertel“ und die Karte 1875).
Wohl ebenfalls in diesem Jahr wurde ein vom Bahnhof Besenhorst abzweigendes „Personenzuggleis“ zu einem neuen Betriebsteil (Tri-Fabrik) der Pulverfabrik gelegt, was die Reisezeit für die dort Beschäftigten weiter erheblich verkürzte; die Station erhielt den Namen „Düneberg-West“ (vgl. Jürgen Opravil, S. 55).
Fertiggestellt wurde der zweigleisige Ausbau auf der Gesamtstrecke zwischen Bergedorf und Geesthacht im April 1918, letzte Arbeiten zogen sich bis ans Kriegsende (vgl. Olaf Krüger, S. 100f. und Stefan Meyer, S. 27). Kurz nach Ende des Krieges wurde die Pulverfabrik stillgelegt (vgl. die Seite des Industriemuseums Geesthacht), das Gleis nach Düneberg-West demontiert und das dortige Bahnhofsgebäude abgerissen. Auch die Verbindung zur Staatsbahn verschwand wieder, und 1923 folgte der Abbau des zweiten Gleises zwischen Bergedorf und Geesthacht (vgl. Jürgen Opravil, S. 58ff., S. 116).