Die Probleme der Kleinbahn BGE

Bergedorfer Zeitung, 31. Mai 1923

BZ, 31. Mai 1923

Es war die sechste Tariferhöhung des Jahres, die die Bergedorf-Geesthachter Eisenbahn hier bekanntgab – es sollte nicht die letzte sein. Aber die Fahrpreise waren nicht das einzige Problem der BGE: um Personal einzusparen, wurden die Schranken an der Holtenklinke aufgehoben.

Vermutlich waren die Schranken (auch an anderen Bahnübergängen in Bergedorf) nach dem Kriegsausbruch 1914 installiert worden. Waren vor dem Krieg 12 bis 14 Zugpaare täglich zwischen Bergedorf und Geesthacht unterwegs gewesen, so stieg der Verkehr rapide an und erreichte mit 69 Zugpaaren das Maximum am Ende des Krieges, wobei in diesen Zahlen die Güterzüge nicht enthalten sind. Wegen der starken Zunahme war die Gesamtstrecke zweigleisig ausgebaut worden, durch Neubau eines Verbindungsgleises konnten in Bergedorf Züge direkt von Hamburg Richtung Pulverfabrik Düneberg und Dynamitwerke Krümmel geführt werden – aber nach Kriegsende ging die Zugfrequenz auf etwa 16 Paare zurück, und dafür meinte man, auf die Schranken an der Holtenklinke verzichten zu können. Das zweite Gleis wurde ebenso zurückgebaut wie das Verbindungsgleis und eine Abzweigung von Besenhorst nach Düneberg-West (siehe hierzu Jürgen Opravil, S. 44-58).

BZ 4. August 1923

Mehrfach wurde der Betrieb wegen Kohlenmangels eingeschränkt und wurden Züge wegen schlechter Auslastung eingestellt (BZ vom 3. Februar, 18. Juni und 3. August), sodass der Fahrplan im Laufe des Jahres immer dünner wurde und die eisenbahnrechtliche Einstufung als Kleinbahn uneingeschränkt zutraf. Auch gab es Vandalismus an den Bahnanlagen (BZ vom 12. Februar), und die Fahrgäste verhielten sich nicht immer vorbildlich: in den Arbeiterzügen zur Marschbahn-Baustelle gab es tätliche Angriffe auf das Bahnpersonal (BZ vom 17. und 18. Mai).

Immerhin konnte für 1922 eine Dividende von fünf Prozent ausgezahlt werden – pro Aktie also 50 Mark (BZ vom 9. Juli; Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung in der BZ vom 27. Juli). Wer zehn Aktien sein eigen nennen konnte, hätte sich für die Dividende ein Rundstück kaufen können (BZ vom 20. Juli).

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Wohnungsprobleme

BZ, 29. Mai 1923

Es war eine Folge der Wohnungszwangswirtschaft, dass das Wohnungsamt Bergedorf das Belegungsrecht für Wohnungen in der Stadt Hamburg hatte – als Mieter kamen folglich nur Menschen in Frage, die „in Bergedorf wohnungsberechtigt“ waren und durch ihren Wegzug nach Hamburg die Knappheit in Bergedorf etwas abmilderten.

In Bergedorf fehlten über 700 Wohnungen (BZ vom 26. Mai), der Neubau war praktisch zum Erliegen gekommen: obwohl alle Mieter eine „Wohnungsbauabgabe“ von 10.000 % auf die Friedensmiete zahlen mussten, war von diesem Geld laut Bürgermeister Wiesner lediglich der Bau von fünf Kleinwohnungen zu finanzieren, außerdem Wohnungsteilungen, die Zwangseinquartierungen ermöglichen sollten. Weiterer vermietbarer Wohnraum sollte mit einer „Freimachungsprämie“ von bis zu einer Million Mark an „zusammenziehende oder nach auswärts verziehende Personen“ mobilisiert werden: man hoffte auf zehn derartige Fälle. (BZ vom 14. und 18. Mai, Wortlaut der Verordnung siehe BZ vom 9. Juni).

BZ, 19. Mai 1923

Immerhin: die Stadt Bergedorf wollte bauen, der Bau von Wohnungen wurde ausgeschrieben, leider in der Bekanntmachung nicht quantifiziert. Magistrat und Bürgervertretung beschlossen, „ein Doppelwohnhaus auf dem städtischen Grundstück am Gojenbergsweg“ zu errichten (BZ vom 12. Juni), das wohl auch realisiert wurde – der Bürgervertreter Hinrichs nannte dieses Gebäude abschätzig „eine elende Kate“ (BZ vom 1. September).

 

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Falschgeld und Falschmeldungen

Bergedorfer Zeitung, 4. Mai 1923

Bergedorfer Zeitung, 5. Mai 1923

 

 

 

Zunächst in der „Umgegend Bergedorfs“, am Tag danach tauchte in Bergedorf selbst Falschgeld auf: es kam aus dem von französischen Truppen besetzten Dortmund und war „aus dem Keller der dortigen Reichsbank“ entwendet worden. Die Scheine sahen offenbar echt aus, sie waren ja auch im Auftrag der Reichsbank hergestellt worden, aber an der Kontrollnummer ließ sich die Fälschung erkennen: sie war nachträglich in einer falschen Farbe aufgedruckt worden, und sie war nicht wasserfest. Man kann sicher davon ausgehen, dass nach Veröffentlichung dieser Meldungen jeder 50.000-Mark-Schein mit feuchtem Zeigefinger getestet wurde.

Bergedorfer Zeitung, 17. April 1923

Wer hinter der Sache steckte, war der BZ nicht eindeutig zu entnehmen, doch hatten französische Besatzungstruppen einige Wochen vorher in Mülheim an der Ruhr 20.000-Mark-Scheine in einer Druckerei beschlagnahmt, bevor sie an die Reichsbank abgeliefert wurden – und diese Noten waren dann in den Verkehr gelangt und wurden von der Reichsbank für ungültig erklärt. Hatte sich Frankreich womöglich erneut an deutschem Geld vergriffen? Der Verdacht lag nahe.

Bergedorfer Zeitung, 26. Mai 1923

Jedoch entpuppten sich die falschen Fuffzigtausender als echt, wie die BZ gegen Ende des Monats mitteilte: die Druckerei hatte gepfuscht, und es waren auch unbescholtene Bergedorfer in den Verdacht gekommen, sie würden mit Falschgeld bezahlen wollen – keine schöne Vorstellung!

Den Überblick über echtes Geld und „Blüten“ zu behalten, war eine durchaus anspruchsvolle Aufgabe, denn von vielen Scheinen gab es mindestens eine Falschgeldversion (BZ vom 31. Mai). wie zwei Meldungen zu 20.000-Mark-Noten zeigen:

Bergedorfer Zeitung, 17. Mai 1923

Bergedorfer Zeitung, 25. Juni 1923

 

 

 

 

 

Auf das Thema wird im zweiten Halbjahr zurückzukommen sein.

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Stradivari und Fahrräder in Kleinanzeigen

BZ, 14. Mai 1923

Vielleicht brauchte Herr Fiebiger Geld, und so bot er „preiswert“ eine Stradivari-Geige und ein teilmontiertes Fahrrad für Herren zu 85.000 Mark an. Was genau unter „preiswert“ zu verstehen war, blieb ebenso unklar wie die Echtheit des Musikinstruments, aber Bergedorfs Musikkenner werden eher am Fahrrad interessiert gewesen sein als an der Violine: die angegebene Adresse „Hinterm Graben“ zählte mit Sicherheit nicht zu den besseren Wohnlagen der Stadt, wo man vielleicht eher eine wertvolle Geige hätte erwarten können.

BZ, 22. Mai 1923

Auch eine andere Kleinanzeige jener Tage ließ stutzen: kleinere Gegenstände wie Uhren oder Broschen wurden häufiger einmal verloren, anderes wurde liegengelassen (Aktentasche, Schirm und Hut) – aber wie verliert man ein Fahrrad? Und warum passierte einige Wochen später auf der selben Strecke entlang der Dove-Elbe im beschaulichen Curslack dasselbe (BZ vom 29. Juni), diesmal mit dem Vermerk „abhandengekommen“? Eventuell standen die beiden Ereignisse in einem Zusammenhang mit einem vorangegangenen Besuch in Richard Eggers‘ Gastwirtschaft „Stadt Hamburg“, aber sicher ist das nicht.

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Verlängert, um stillgelegt zu werden: die Hamburger Marschbahn

Bergedorfer Zeitung, 16. Mai 1923

Die Sinnlosigkeit wurde um drei Kilometer verlängert: ab dem 1. Juni 1923 sollte die Hamburger Marschbahn nicht nur von Geesthacht bis Fünfhausen verkehren, sondern bis Ochsenwärder. Das eigentlich angestrebte Ziel, die Stadt Hamburg, wurde weiterhin nicht erreicht.

Die Hamburger Marschbahn sollte den Transport von frischem Gemüse aus den Vierlanden und den Marschlanden nach Hamburg erleichtern und beschleunigen, um die Versorgung der Stadtbevölkerung zu verbessern, aber der Weg in die Stadt erforderte riesige Umwege: ab Ochsenwärder mit der Marschbahn nach Osten bis Zollenspieker, von dort mit der Vierländer Eisenbahn bis Bergedorf und von dort mit der Reichsbahn nach Hamburg. Das war also weder schnell noch direkt und wegen der langen Strecke so teuer, dass es in Ochsenwärder hieß, der Gemüsebau sei „nicht mehr lohnend“, weshalb „eine ganze Anzahl Gemüsegärtner … Beschäftigung bei den Entwässerungsarbeiten und beim Bahnbau gefunden“ habe (BZ vom 30. Januar 1923).

Bergedorfer Zeitung, 3. Juni 1923

Dennoch: zur Betriebsaufnahme putzte sich Ochsenwärder heraus, denn man wurde ja nun an das deutsche Eisenbahnnetz angeschlossen, und besonders die Schulkinder werden sich gefreut haben: sie erhielten eine Freifahrt nach Fünfhausen und zurück, was für die meisten die erste Bahnfahrt ihres Lebens gewesen sein dürfte. Danach ging die Auslastung der Züge deutlich zurück.

Schließlich kam es, wie es kommen musste: der sowieso nicht üppige Fahrplan wurde ausgedünnt (BZ vom 22. August 1923), und zum 1. November wurde der Betrieb auf der ganzen Strecke von Geesthacht bis Ochsenwärder „wegen allzugroßer Unwirtschaftlichkeit“ eingestellt (BZ vom 30. Oktober 1923). Nur die Arbeiter- und Materialzüge für den Weiterbau (und die Entwässerungsarbeiten) verkehrten weiter, denn der „Lückenschluss“ sollte geschafft werden: von Billbrook aus war man bereits bis Moorfleet gelangt (BZ vom 28. März 1923), also bis an die Dove-Elbe, auch von Tatenberg aus näherte man sich der zu querenden Dove-Elbe – doch der Brückenschlag verzögerte sich: „Die Brücke ist zum Montieren fertig, liegt aber leider im französisch-besetzten Gebiet“ (BZ vom 27. November 1923).

Auf dem Projekt Hamburger Marschbahn lag schlicht kein Segen, auch wenn die Züge später wieder fuhren, sogar über die neue Brücke.

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Feuerwehrgrenzen

Bergedorfer Zeitung, 9. Mai 1923

Es war ein furchtbares Unglück: drei Kinder verloren ihr Leben, als ein Haus in Billwärder niederbrannte. Die Bauart des Hauses und die Wohnverhältnisse dürften das Feuer gefördert haben.

Die vier Wohnungen des Hauses müssen winzig gewesen sein, sonst hätten die Kinder nicht direkt unter dem Strohdach des einstöckigen Hauses geschlafen, und vermutlich waren die Dachbereiche nur durch Bretterwände voneinander getrennt – ein Feuer musste fatale Folgen haben, so wie hier, zumal die Brandbekämpfung nicht sofort einsetzen konnte: das Spritzenhaus der Freiwilligen Feuerwehr Billwärder lag mehrere Kilometer entfernt und das Löschgerät wurde von Pferden gezogen, die erst herangeführt und eingespannt werden mussten.

Bergedorfer Zeitung, 11. Mai 1923

Die Feuerwehr aus Bergedorf, die telefonisch alarmiert worden war, stand vor den gleichen Problemen, und sie verhielt sich vorschriftsgemäß: sie hätte vom Billwärder Gemeindevorsitzenden offiziell angefordert werden müssen, und da das nicht geschah, beschränkte sie sich auf die Brandbeobachtung aus der Ferne, und außerdem sei ja sowieso nichts mehr zu retten gewesen. Das wiederum empörte die BZ: derartige bureaukratische Vorschriften sollten der Hilfeleistung nicht im Wege stehen, und sie warnte vor Wiederholungsfällen.

Nicht zu klären war anhand der vorliegenden Berichterstattung, ob die „bestehenden Vorschriften“ der Bergedorfer Feuerwehr jegliche Grenzüberschreitung zu Einsatzzwecken untersagten – oder ob es nur um die Kostenübernahme für den Einsatz ging.

Bergedorfer Zeitung, 20. Dezember 1923

Immerhin: ein halbes Jahr später wurden die Vorschriften geändert: die Bergedorfer durften fortan „auf Anruf hin sofort ausrücken“, und für den Einsatz musste die Gemeinde Billwärder finanziell geradestehen.

Das abgebrannte Haus vom Bautyp „Langer Jammer“ (siehe hierzu eine Seite des Denkmalvereins) hatte der Stadt Hamburg gehört, und sie wollte nun einen Neubau für die Brandgeschädigten errichten: zweigeschossig, vier Wohnungen mit je zwei Zimmern, Flur und Wohnküche. Die Baukosten wurden im August mit 400 Millionen Mark veranschlagt – sieben Wochen später benötigte man eine Billion und 623,75 Milliarden Mark. Hyperinflation eben.

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Das „Cantus“-Jubiläum: mit Sonderzug und Prügeln

Bergedorfer Zeitung, 8. Mai 1923

Wenn vor hundert Jahren auf dem Dorf gefeiert wurde, dann richtig: die Gäste konnten zu diesem Fest sogar mit einem Sonderzug der Marschbahn aus Richtung Geesthacht anreisen.

Seit 1873 gab es die Liedertafel „Cantus“ auf dem Krauel, einem besiedelten Landstrich an der Elbe östlich der Riepenburg (siehe die Karte der Vierlande und Umgebung), und obwohl der Krauel in „Ost-Krauel“ (eigene Gemeinde in der Landherrenschaft Bergedorf) und „West-Krauel“ (Teil Neuengammes) geteilt war, sang man gemeinsam – angesichts von damals etwa 400 Einwohnern für den ganzen Krauel wären zwei (Männer-)Gesangvereine wohl des Guten zu viel gewesen.

Bergedorfer Zeitung, 11. Mai 1923

Über 30 (Gesang-)Vereine konnte Cantus begrüßen – der Festzug durch das fahnengeschmückte Zollenspieker dürfte also eine beachtliche Länge von mehreren hundert Metern gehabt haben. Jedem Verein wird sein aufwändig mit farblichen Stickereien versehenes Vereinsbanner vorangetragen worden sein; das Cantus-Banner ist auf einer Seite des Chorverbands Hamburg zu sehen. Gesangsvorträge, Festreden und die Übergabe von Geschenken schlossen sich an, und die Feierlichkeiten fanden bei einem (wegen der großen Gästezahl) auf drei Lokale verteilten Ball ihren Abschluss.

Im Prinzip war das alles wie bei Jubiläen anderer Gesangvereine, z.B. bei der Liedertafel „Teutonia“ in Kirchwärder-Seefeld (BZ vom 7. Mai) oder dem gemischten Chor „Harmonie“ in Geesthacht (mit Platzkonzert, aber ohne Umzug, BZ vom 29. Mai), doch bei Cantus wurde die Harmonie vorübergehend gestört, als junge Leute aus Hamburg den schwarz-weiß-roten Fahnenschmuck herunterreißen wollten: diese ungebetenen Gäste wurden „weidlich verprügelt“, wie der Berichterstatter genüsslich vermeldete.

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Die offenbar anstrengenden Krankenhausbesucher

Bergedorfer Zeitung, 8. Mai 1923

„Im Interesse der Kranken“ sollte es im Staatskrankenhaus Bergedorf wie in den anderen Kliniken Hamburgs am Himmelfahrtstag keine Besuche geben. Da eine weitergehende Begründung dieser Besuchssperre nicht erfolgte, muss man unterstellen, dass die Besucher so anstrengend waren, dass zu häufige Besuche die Genesung der Patienten gefährdet hätten.

Auch am Pfingstmontag sollten die Kranken unter sich bleiben (BZ vom 18. Mai), wie zuvor auch schon am Karfreitag und am Ostermontag sowie am 1. Mai (BZ vom 23. März und 25. April). Zu Weihnachten wurden die Besuchsmöglichkeiten ebenfalls eingeschränkt: am 26. Dezember blieben die Krankenhaustore und -türen geschlossen (BZ vom 21. Dezember).

Derartige Feiertagsregelungen gab es ebenso in den Hamburger Museen (siehe z.B. BZ vom 28. März). Begründungen waren der BZ nicht zu entnehmen. Ob dort die Schließungen im Interesse und zur Schonung der Schausammlungen erfolgten?

BZ, 31. August 1923

Der Krankenbesucher, den die Bergedorfer Ortskrankenkasse zum 1. Oktober suchte, sollte mit Sicherheit nicht die Krankenhäuser aufsuchen, um den Familienbesuch zu ersetzen. Ob er seine Hausbesuche auch an Feiertagen durchführte, ist unbekannt.

 

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Der Nachschlüsseldieb und die Geldschränke

Bergedorfer Zeitung, 8. Mai 1923

Zwei Mal hatte sich der Dieb nach seiner Festnahme in der Holstenstraße wieder befreien können, doch letztlich war die Großfahndung erfolgreich: auf dem Reinbeker Bahnhof machte man ihn dingfest.

An Arbeitsgerät litt der Mann keinen Mangel: 54 Dietriche und 75 Sicherheitsschlüssel standen ihm zur Verfügung – seine Vorgehensweise war eigentlich unauffälliger als die der „Schaufensterdiebe“, die in Bergedorf ebenso aktiv waren (BZ vom 25. und 28. April), aber diese entkamen offenbar. Dem angeblichen Wagener wurde zum Verhängnis, dass er frühmorgens um halb vier mit gleich drei großen Koffern unterwegs war, was das Misstrauen eines Polizisten erregte, und so nahmen die Dinge ihren Lauf …

BZ, 4. Mai 1923

BZ, 3. Mai 1923

Einbruchsdiebstähle waren keine Seltenheit, den häufigen Zeitungsberichten nach zu urteilen. Wer also Wertsachen und/oder größere Bargeldbeträge im Hause hatte, tat gut daran, sich einen Geldschrank zuzulegen, was den Anzeigen nach aber nur wenige taten. Ob sich die Auftraggeber dieser Kleinanzeigen einig wurden, wurde nicht berichtet.

Bergedorfer Zeitung, 12. Februar 1923

Aber auch ein Geldschrank konnte keine hundertprozentige Sicherheit geben, wie der Bergedorfer Händler in Altmetallen, Paul Knoop, schon Monate vorher hatte erfahren müssen. Allein das goldene 20-Mark-Stück hatte damals einen Wert von 140.000 Papiermark, die Silbermünzen hätte die Reichsbank zum 2.900fachen des Nennwertes gekauft, wie die BZ am selben Tage angab; die Werte der weiteren Beute waren nicht im Einzelnen zu ermitteln.

Die von ihm angekündigte Belohnung brauchte Knoop wohl nicht auszuzahlen.

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Die allseits begrüßten Elbvertiefungen

Bergedorfer Zeitung, 26. April 1923

Bergedorfer Zeitung, 30. April 1923

 

 

 

Es waren Elbvertiefungen, gegen die niemand protestierte: es ging ja nur um Ausbaggerungen von Teilen der Dove-Elbe und der Gose-Elbe, durch die die Fahrrinnen eine Tiefe von 1,00 bis 1,25 m bei mittlerem Sommer-Niedrigwasser erhalten sollten. Für die Gemüsebauern der Vierlande und für die Versorgung Hamburgs mit gärtnerischen Erzeugnissen waren die Maßnahmen dringend erforderlich, denn die Waren wurden damals vor allem per Schiff nach Hamburg gebracht. Wenn aber der Ostwind das Wasser aus den beiden toten Elbarmen drückte, kam die Schifffahrt zum Erliegen, und auch bei günstigen Windverhältnissen gab es Probleme: im oberen Teil der Gose-Elbe sei „durch Abbröcklung vom Ufer und Verunkrautung des kaum mehr als Graben zu bezeichnenden Flußbettes eine völlige Verschlammung eingetreten“ (BZ vom 8. Mai). In der Dove-Elbe fiel das Niedrigwasser wegen Regulierung des Hauptstroms der Elbe noch niedriger aus als früher und so saßen Motorschiffe an seichten Stellen östlich der Brücke der Vierländer Eisenbahn häufiger einmal „auf Schiet“ (BZ vom 26. Februar, 12. März und 10. April).

BZ, 17. März 1923

Nachdem die Bürgerschaft das nötige Geld (nach)bewilligt hatte (BZ vom 5. Juli), konnten die Arbeiten beginnen – und das Problem der Baggergutentsorgung (15.000 cbm aus der Gose-Elbe und 16.000 cbm aus der Dove-Elbe) konnte vor Ort gelöst werden: den Ortsansässigen wurde das Material zur Verwendung auf den eigenen Grundstücken angeboten – und darauf werden viele eingegangen sein.

Die Karte der Vierlande und Umgebung (online) von etwa 1930 lässt den Verlauf von Dove- und Gose-Elbe erkennen, andeutungsweise auch die Breite beider Gewässer. Zu ihrer späteren Abschleusung bei Tatenberg siehe die Beiträge Die Elbvertiefung und die Folgen sowie Der Streit um die Schleusen der Elbarme.

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