Nicht nur Hamburgs Studentenschaft feierte die Sommersonnenwende (siehe den ausführlichen Bericht über die „Akademische Bismarck-Sonnwendfeier“ in der BZ vom 22. Juni 1923), sondern auch eine „Deutschbruderschaft“, die mit dieser Annonce erstmals in der BZ in Erscheinung trat.
Während bei den Studierenden vor allem Reden auf dem Programm standen, war die Veranstaltung der Deutschbrüder eher unterhaltsamer Art, unter anderem mit Elfentanz und einem Sonnenwendspiel – aber wer oder was war die Deutschbruderschaft, welche Ziele verfolgte sie?
Der Verein erhielt am nächsten Tag Gelegenheit zur Selbstdarstellung im redaktionellen Teil der BZ: man wollte „anstelle des Schlechten das Gute, anstelle des Guten das Bessere unaufhörlich erkämpfen helfen“, berief sich auf den Reichspräsidenten und die von ihm geforderte Einheit, wollte u.a. „völkisch“ und „gegenvölkisch“ zusammenführen – vieles klingt nach einem identitären Gedankengebäude, aber sicher zu belegen ist das nicht: eine Internetrecherche zur „Deutschbruderschaft“ ergab lediglich, dass der Verein mit dem anspruchsvollen Untertitel „Geistiger Kulturbund für universale Wahrheit, Freiheit und Gerechtigkeit e.V.“ zumindest 1931 im Vereinsregister des Amtsgerichts Potsdam eingetragen war und dass er 1934 eine Denkschrift über eine „Deutsche Gottgemeinschaft“ herausgab; beides wurde nicht eingesehen.
Die Bergedorfer Feier der Deutschbrüder verlief nicht ungestört – ob es „einige auswärtige gewerkschaftlich organisierte Wandervögel“ waren, die den Ablauf und die Spendensammlung störten, oder die Verhaftung dieser Wandervögel, wie es in der Anzeige heißt, sei dahingestellt – jedenfalls sah sich die Deutschbruderschaft veranlasst, in einer weiteren Anzeige zu erklären, dass sie nichts „mit umstürzlerischen Machenschaften“ zu tun habe.
Übrigens: Sonnwendfeiern waren vor hundert Jahren durchaus verbreitet und nicht an eine bestimmte ideologische Richtung gebunden: 1921 gab der Arbeiterjugendbund Groß-Hamburg ein von Hermann Claudius für die Wintersonnenwende 1920 verfasstes Stück „Sonnenwende: Licht; Ein Sonnenwendspiel“ heraus, das mit zwei „mächtigen roten Fahnen“ und dem Gesang von „Wann wir schreiten Seit an Seit“ endete.