Der Bergedorfer Steuerhammer zum Jahreswechsel

 

Bergedorfer Zeitung, 31. Dezember 1920

Das war schon überraschend: kaum hatten Arbeitgeber und Arbeitnehmer der freiwilligen Selbstbesteuerung zugestimmt, da kam der Magistrat Bergedorfs mit einer neuen Steuervorlage um die Ecke und in die Bürgervertretung: nun sollte obendrein – verpflichtend – eine Steuer auf den Grundfreibetrag erhoben werden, der vor fünf Monaten nachträglich in das neue System des Steuerabzugs von Lohn eingeführt worden war. Der reichssteuerfreie Einkommensteil betrug 1.500 Mark für Ledige, für Ehepartner und Familienangehörige kamen jeweils 500 Mark dazu – der Vereinfachung halber wird dies an dem Beispiel eines Ledigen erläutert, der ein Jahreseinkommen von 15.100 Mark hatte. Ihm wurde der Basissatz von 10% abgezogen, sprich 1.360 Mark. Nun sollte die Hälfte der bisher steuerfreien 1.500 Mark zusätzlich herangezogen werden, und zwar 23 Prozent von 750 Mark, sprich 172,50 Mark. Der kommunale Spitzensteuersatz wurde für ein Einkommen von 501.600 Mark bei 60 Prozent des Grundfreibetrags, also 450 Mark, festgesetzt; Einkommen unter 15.100 Mark blieben verschont (BZ vom 29. Dezember).

„An sich sei die Steuer nicht angenehm“, sagte laut BZ Bürgermeister Wiesner, doch angesichts der „bedrängten finanziellen Lage“ Bergedorfs bleibe keine andere Wahl, denn Reichszuschüsse wurden offenbar nur gezahlt, wenn eine Kommune die möglichen Steuerquellen restlos ausgeschöpft hatte (BZ vom 31. Dezember). Geld vom Reich wurde aber u.a. benötigt, um die geplanten Notstandsarbeiten ausführen zu können, und so stimmten Magistrat und Bürgervertretung nach kontroverser Debatte mehrheitlich zu (BZ vom 31. Dezember). Einen ähnlichen Beschluss hatte die Sander Gemeindevertretung noch vor Weihnachten gefasst (BZ vom 22. Dezember).

Die Motivation der Steuerzahler, sich freiwillig selbstzubesteuern, wird die neue Steuer nicht gefördert haben.

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