Von der Kriegsküche zur Volksküche

 

Bergedorfer Zeitung, 21. November 1916

Bergedorfer Zeitung, 21. November 1916

Gleich nach Beginn des Krieges waren in Bergedorf zwei „Kriegsküchen“ eingerichtet worden, in denen Soldatenfamilien kostenlos Essen erhielten (siehe den Beitrag Der Ausbruch des Krieges – Jubel und Sorgen). Die Zahl der ausgegebenen Portionen war rasant gestiegen und lag im Frühsommer 1916 bei 2.500 täglich (siehe den Beitrag Kommunalpolitik 1916) – im November 1916 kam die „Volksküche“ in der Turnhalle der früheren Hansaschule hinzu, in der alle Bergedorfer und Bergedorferinnen Essen erhalten konnten. Auch dieses Angebot stieß sofort auf Resonanz: obwohl die Mahlzeiten bezahlt werden mussten und außerdem Lebensmittelmarken abzugeben waren, meldeten sich binnen weniger Tage 350 Personen an, am Eröffnungstag kamen noch 150 Unangemeldete hinzu (die dann eine Suppenspeise bekamen), und nach vierzehn Tagen wurden 1.000 Menschen verköstigt (siehe BZ vom 25. und 27. November und 12. Dezember 1916).

Die Vorteile der „Massenspeisung“ hatte die BZ schon früher dargelegt: zentralisierter Einkauf sei billiger und erspare den vielen Einzelnen „das Warten und Stehen vor den Läden“, die Nahrungsstoffe könnten viel ergiebiger genutzt werden, das Risiko der Unterernährung würde vermindert, Arbeitskräfte könnten ökonomischer eingesetzt werden und nur so sei es möglich, „besonders den Minderbemittelten und Ärmeren die Wohltat behördlicher Unterstützung zuteil werden zu lassen“ (siehe BZ vom 27. Mai 1916).

Erstmals am 17. Juli 1916 hatte die Bergedorfer Zeitung berichtet, dass die „Einführung der Massenspeisung“ in Bergedorf bevorstehe – bis zur Realisierung dauerte es also vier Monate. Auch in Geesthacht wurde eine solche Küche geschaffen, zuerst gefordert von den Sozialdemokraten (siehe den Beitrag über Die SPD in Geesthacht), dann untermauert durch einen Bericht, dass die örtlichen Betriebe die nötigen Arbeitskräfte nur gewinnen und halten könnten, wenn es für sie eine „Beköstigung“ gebe (siehe BZ vom 14. Oktober 1916). Aber wie in Bergedorf nahm die Umsetzung des Beschlusses Zeit in Anspruch: erst am 9. Februar 1917 fand im Kaufhaus Lohmeyer, Marktstraße 10, die erste Essenausgabe statt, und sehr schnell stieg die Zahl der „Kunden“ auf 600 (siehe BZ vom 5., 6. und 16. Februar 1917). Die Pulverfabrik hatte übrigens eigene Versorgungseinrichtungen für ihre Arbeiter, wie Karl Gruber (S. 42) schreibt.

Dieser Beitrag wurde unter Bergedorf 1916 veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert