Die nebenstehende Schilderung der Stimmung bei Kriegsausbruch lässt sich durchaus als Korrektur des Berichts am 2. August lesen, auf wessen Veranlassung hin auch immer: waren zunächst „Ernst und Ergriffenheit“ die geschilderten Emotionen, so wurde daraus binnen kürzester Zeit „flammende Begeisterung“, dem Ruf des Kaisers zu folgen, und die Tränen der Mütter und Schwestern von Eingezogenen und Kriegsfreiwilligen würden von den Daheimgebliebenen schon getrocknet werden. Manche Anzeige oder Bekanntmachung in der selben Ausgabe dürfte aber wieder zur Ernüchterung beigetragen haben:
Insbesondere der „Aufruf“ des Bergedorfer Bürgermeisters Dr. Walli macht die zu erwartenden Probleme deutlich, wie u.a. die Formulierungen „Linderung der allgemeinen Notlage“, „Pflege der Kranken und Verwundeten“ belegen. Die „Zentrale Auskunftsstelle für Kriegsfürsorge“ in Bergedorf, die in ihrer Anzeige um Spenden warb, sollte letztlich alle städtischen Hilfsaktionen koordinieren.
In der Sondersitzung von Magistrat und Bürgervertretung, über die mit Datum vom 5. August berichtet wird (siehe den langen Artikel am Ende dieses Beitrags), zeigte sich Bürgermeister Dr. Walli gut vorbereitet und entschlossen handelnd – man darf vermuten, dass er auf vorhandene „Notstandspläne“ zurückgreifen konnte.
Die Bürgervertretung stimmte allen vom Magistrat vorgeschlagenen Maßnahmen zu, obwohl diese weitreichend waren: die Einrichtung von zwei öffentlichen Küchen für kostenlose Essensausgabe und einer städtischen Abgabestelle für Lebensmittel an die Soldatenfamilien wurde wohl nur bewilligt, weil Walli betonte, es handle sich nicht um „Armenunterstützung“, und die Schaffung eines „Arbeitsnachweises“ zur Stellenvermittlung an Arbeitslose brach ebenfalls ein Tabu, weil dies einer sozialdemokratischen Forderung entsprach.
Hunger, Arbeitslosigkeit, Kohleknappheit, Personalmangel bei der Erledigung der städtischen und der durch den Krieg hinzugekommenen Aufgaben kennzeichneten die Lage auch im viel kleineren Sande, das aber ebenfalls 100.000 Mark „zur Unterstützung der Familien der Einberufenen“ bereitstellte.