Es war ein deutlicher Hinweis: zugelaufene Hunde sollten der Polizei gemeldet (und wohl auch bei ihr abgeliefert) werden. Wer das nicht tat, sondern das Tier behielt oder verkaufte, machte sich der Fundunterschlagung schuldig. Wie viele Hunde entliefen und woanders zuliefen, ist nicht überliefert, aber geht man nach den Anzeigen in der BZ, dürften es beträchtliche Zahlen gewesen sein:
Der hier wiedergegebene Block wies die größte Zahl von Annoncen eines Tages auf. Allein von Inserenten aus der Stadt Bergedorf gab es im Januar acht, im Februar neun, im März (nur) fünf und im April neun Suchanzeigen nach Entlaufen – die Zahl mit „Hund zugelaufen“ lag jeweils deutlich darunter (drei, fünf, eins, drei). Vielleicht lag es daran, dass auf „Entlaufen“-Anzeigen sehr schnell reagiert wurde und „Zugelaufen“-Anzeigen nur dann in Auftrag gegeben wurden, wenn man nicht wusste, wohin der Hund zurückzubringen war. Vielleicht gab es auch Fundunterschlagungen – über eine diesbezügliche Verurteilung (zu 100 Mark Geldstrafe) durch das Amtsgericht Bergedorf wurde nur einmal berichtet (BZ vom 11. Juni). Nicht auszuschließen ist auch, dass Hunde gestohlen wurden: in Hamburg wurden mehrfach Diebesbanden verhaftet, die das Fleisch der Tiere als Kalbfleisch verkauften (BZ vom 4. Juni 1921).
Weitere Hunde wurden bei der Polizei abgegeben, und diese kamen dann zur Versteigerung im Schlosshof, was im ersten Quartal 1921 fünfmal geschah.
Bei den „Entlaufen“-Anzeigen fällt auf, dass nur in wenigen Fällen das „Steuerzeichen“, vulgo Hundemarke, angegeben wurde, was die Identifizierung sicher erleichtert hätte. Man will den Besitzern nichts Böses unterstellen, aber angesichts der seit Jahresbeginn auf 75 Mark erhöhten Hundesteuer (gegenüber 20 Mark im Jahr 1916, siehe den Beitrag zur Hundesteuer und BZ vom 6. und 28. Januar 1921) scheint es nicht sicher, dass wirklich alle Hunde angemeldet und die Steuern bezahlt waren.
Nicht nur Hunde wurden übrigens ihrem Heim und Besitzer untreu, aber da gab es nur wenige Anzeigen: mehrere Hennen, eine Katze, ein Kater wurden als vermisst gemeldet (BZ vom 8., 24. und 28. Januar sowie 9. und 15. März und 2. April).
In Sande wurde mit eingelieferten Tieren genauso verfahren wie in Bergedorf; es gab wiederholt Hundeauktionen. Im Falle des Ferkels konnte Witwe Bertram die Versteigerung wohl abwenden und brauchte eventuell nicht einmal die ausgesetzte Belohnung zu zahlen.