Es gab sie also doch: Delikatessen, nicht rationiert, und in Geesthacht wurde sogar eine Verkäuferin für Kolonialwaren und Delikatessen gesucht:
Leider weiß man nichts über das Gewicht der Gänseleber-Pasteten, die August Gerhus zu stolzen Preisen anbot, ebensowenig über das seines Krebs- oder Krabben-Extrakts, und auch die Zusammensetzung der Doseninhalte ist ungeklärt – mancher wird da überlegt haben, ob er nicht lieber frischen Spargel kauft (Höchstpreis für die beste Sorte: 1,35 M/Pfd im Kleinhandel, BZ vom 17. Mai 1918) und mit Kartoffeln, Schinken und zerlassener Butter bzw. Sauce Hollandaise ein qualitativ gutes Mahl auf den Tisch bringt.
Spargel und Gerhus‘ Angebote unterlagen keiner Rationierung, aber die Spargelfreunde mussten auch auf ihre sonstigen Lebensmittelrationen schauen: aktuell gab es in der Stadt Bergedorf pro Woche für den Normalverbraucher 30 g Butter, 40 g Margarine und sieben Pfund Kartoffeln – da musste man auf butterhaltige Zutaten verzichten. Ob es auf Fleischkarte überhaupt Schinken gab, kann bezweifelt werden, wobei die im gesamten Gebiet der Landherrenschaften gleich bemessene Fleischration sowieso sehr schmal war: mit 150 g (mit Knochen) bzw. 120 g (ohne Knochen) bzw. 300 g „Frischwurst, Eingeweide usw.“ musste jeder eine Woche lang auskommen. Komplettiert wurde die Versorgung dann durch 1950 g Brot und 200 g Zucker sowie 500 g Marmelade, zudem in Bergedorf 80 g Grieß (BZ vom 18. Mai 1918). Möglicherweise gab es noch Steckrüben oder Sauerkohl, wenn man denn eingelegt hatte, aber an Frühgemüse standen außer Spargel nur Rhabarber und Spinat zur Verfügung – die Ernährungslage war weiterhin trostlos und nicht wesentlich anders als z.B. im Frühjahr 1916 (siehe den Beitrag Kein Radrennen) und im Steckrübenwinter 1916/17.