Der Appell „Sammelt Maikäfer!“ war nicht einfach Ausfluss der nahezu allumfassenden Sammelwut, er sollte einen doppelten Zweck verfolgen: Schädlingsbekämpfung und Futtermittelgewinnung.
Vielleicht drohte 1918 ein Maikäferjahr zu werden, d.h. ein Jahr, in dem die Blätter fressenden Tierchen in Massen auftreten, und man wollte sichergehen, dass die Baumfrüchte nicht in ihrem Wachstum durch Blättermangel des Baumes beeinträchtigt werden. Die Sorge um die Blätter, die ja auch als Tabakersatz dienten, und die Bäume hatte aber nicht nur mit den Ernteaussichten zu tun – Laub war auch aus anderen Gründen begehrt, worauf in einem späteren Beitrag eingegangen wird.
Die gefangenen Maikäfer sollten dann einer sinnvollen Nutzung zugeführt werden: als Hühnerfutter (roh) oder als Schweinefutter (geröstet). Überraschenderweise fehlte in der BZ der Hinweis, dass man aus ca. 30 Maikäfern bereits eine Suppe herstellen kann. Man kann sie auch rösten und kandieren und als Süßspeise verzehren, was man in Teilen Deutschlands damals auch tat, wie beim Bundeszentrum für Ernährung (dort auch weitere Links) nachzulesen ist.
Die Nachtigall hingegen sollte nicht im Topf landen, sondern singen, was sie ja in jenen Tagen endlich auch wieder (sogar im Villenviertel) tat. Die sarkastischen Spekulationen des Redakteurs über das längere Ausbleiben der Töne – Lebensmittelrationierung oder die Überzahl patriotischer Gesänge – werden bestimmt nicht allen Zeitungslesern gefallen haben.
Die Nachtigall stand wie andere Singvögel (mit Ausnahme des Sperlings) unter der Protektion des Vogelschutzgesetzes von 1908, weil „die gefiederten Sänger … im Kampf gegen allerlei Schädlinge“ halfen und sicher auch Maikäfer fraßen (ungeröstet).