Der Weg aus der Bleiwüste

Bergedorfer Zeitung, 1. Februar 1924

Die Bergedorfer Zeitung war vor hundert Jahren keine „Bild“-Zeitung – der redaktionelle Teil war eine reine Bleiwüste. Gestalterische Abwechslung brachten nur Anzeigen (wie z.B. im Beitrag Prognosen und Fehlprognosen zu sehen). Hamburger Textilhäuser inserierten z.T. aufwändig mit Abbildungen, Vereinsanzeigen waren oft mit dem Vereinswappen versehen – die grafischen Druckvorlagen waren wohl in der Regel vom Anzeigenkunden mitzubringen; über Wichtel-Bilder als Signal für Maskeraden usw. verfügte die BZ anscheinend selbst.

Jetzt also sollte der Weg aus der Bleiwüste angetreten werden, einmal pro Woche, immer am Sonnabend, beginnend am 2. Februar, sollte der BZ gratis die illustrierte Wochenbeilage Wort und Bild beigefügt werden.

Ausgabe 1924-1

Der Untertitel „Bünder Tageblatt (Ennigloher Zeitung)“ darf nicht irritieren: „Wort und Bild“ kam aus einem Berliner Verlag und lag wohl etwa zwanzig deutschen Provinzblättern bei, mit jeweils anderem Untertitel, aber sonst identisch. So darf man nicht auf „Bergedorfensien“ hoffen, aber beim virtuellen Durchblättern des Jahrgangs 1924 wurden immerhin zwei Bergedorfer gefunden: ein Foto zeigt den Afrikaforscher Hans Schomburgk mit einem Zwergflusspferd, und von der in Bergedorf geborenen Schriftstellerin Ida Boy-Ed kann man die Betrachtung über „Alt werden und alt sein“ lesen.

Titelseite der Ausgabe 1924-1

Hinsichtlich des Bildteils muss man sich bewusst sein, dass aktuelle Bilder, insbesondere Fotografien, sonst wohl gar nicht in die Häuser der Leserinnen und Leser gelangt wären. Einen „erstklassigen und aktuellen Bilderdienst“ anzukündigen, war allerdings schon etwas gewagt, denn zu vielen Fotografien in den ersten Ausgaben hätte die Unterzeile „Schwarzer Panther bei Nacht“ gepasst, und andere waren nicht sehr aussagekräftig.

Immerhin, im Laufe des Jahres trat eine sichtbare Besserung ein und die BZ-Leserinnen und -Leser konnten u.a. Portraitfotos bedeutender Personen, Aufnahmen aus aller Welt sowie technischer Neuerungen betrachten, vielleicht auch bestaunen, und sich über die gezeichneten Bildergeschichten amüsieren.

Insgesamt dürfte „Wort und Bild“ für das damalige Publikum einen beachtlichen Unterhaltungswert besessen haben, doch an die Spitze des Fortschritts im Zeitungswesen gelangte die BZ damit nicht. Was technisch und journalistisch möglich war zeigt die „Rundschau im Bilde“, Beilage zum Hamburger Fremdenblatt, mit (auch) örtlichen Ereignissen und Entwicklungen, zudem in einer sehr viel besseren Qualität, wie z.B. im Blog-Beitrag zur Bojewiese zu sehen ist.

In den  Räumen der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg kann man den Jahrgang 1929 von „Wort und Bild“ mit dem Untertitel „Beilage zur Bergedorfer Zeitung“ als Mikrofilm ansehen. Andere Jahrgänge liegen dort nicht vor.
Die hier genutzten Digitalisierungen wurden im Rahmen des vom Land Nordrhein-Westfalen geförderten Projekts Zeitungsportal NRW angefertigt.

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