Von Pelzen, Mäusen und Brotmarken

Bergedorfer Zeitung, 22. Januar 1923

Wenn Heizmaterial knapp und teuer ist, muss man zusehen, wie man sich warm hält – ein Pelz als Decke, Fußsack oder Kleidungsstück kann da durchaus helfen. Sogar Maulwurfsfelle wurden so zu Mänteln u.ä. verarbeitet – in Anbetracht der Größe eines Maulwurfs und des Fellpreises war das sicher kein billiges Vergnügen. (Die Preise waren stark gestiegen: Ende 1919 brachte der Verkauf eines Maulwurfsfells zwei bis drei Mark, siehe den Beitrag über den Bergedorfer Fellhändler Karl König, nun waren es 600 Mark.) Für einen Mantel aus Katzenfell mussten 24 bis 36 Tiere ihr Leben lassen – die Bergedorfer „Fell-Einkaufs-Zentrale“ kaufte erstklassige Katzenfelle zu 2.000 Mark an, eine Woche darauf zu 2.400 Mark (BZ vom 29. Januar 1923).

Bergedorfer Zeitung, 10. Januar 1923

Das war für dunkle Gestalten sicher attraktiv, und so geriet vermutlich manch eine Katze ohne das Einverständnis des Besitzers bzw. der Besitzerin in die Hände der Fellhändler und wurde schmerzlich vermisst, als Haustier und als Mäusefänger, was in dem hier berichteten Fall dazu führte, dass Mäuse die Brotkarten einer Kriegerwitwe in Schnipsel zerlegten (Abbildung einer intakten Hamburger Brotkarte von 1922).

Das hätte schlimme Folgen haben können: im schlimmsten Fall hätte die Frau das Anrecht auf die Brotration für zwei Wochen verloren, aber sie hatte Glück: sie erhielt Ersatz für die „gemausten“ Karten und musste kein „markenfreies Gebäck“ kaufen:

Bergedorfer Zeitung, 11. Januar 1923

Bergedorfer Zeitung, 12. Januar 1923

 

 

 

 

 

Die Preise für Markenbrot und markenfreies Brot waren demnach zwar gleich, doch im freien Handel gab es sehr viel weniger Ware für den selben Preis. In der Familie der Kriegerwitwe wäre Brot sehr knapp geworden, wenn ihr nicht die Gemeinde Neuengamme neue Karten ausgehändigt hätte.

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