Zentnerweise teure Kartoffeln

Bergedorfer Zeitung, 5. November 1921

Alle konnten so viele Kartoffeln kaufen, wie sie wollten, denn die Zeit der Rationierung (siehe den Beitrag zur Kartoffellage) war endlich vorbei, die Reichskartoffelstelle zum 1. Juli aufgelöst, die Zwangswirtschaft beendet (Ankündigung in der BZ vom 11. März). Und es waren auch ausreichend Kartoffeln vorhanden, wie die Bergedorfer Kommission von Magistrat und Bürgervertretung festgestellt hatte – ob die Versicherung, dass es „zu einer Beunruhigung … keine Veranlassung“ gebe, die Menschen nach den Erfahrungen der Kriegsjahre nicht eher misstrauisch stimmte, sei dahingestellt.

Die Ankündigung, dass die „Produktion“ zunächst zehn Waggons Kartoffeln erhalten würde, klang wirklich beruhigend, und umgehend meldeten 320 Haushalte bei der Stadt Bedarf an, durchschnittlich sechs Zentner, was die Gesamtmenge von 2.000 Zentnern nahezu ausschöpfte (BZ vom 8. November). Und es sollte ja noch als Reserve „ein größeres Quantum“ (bis zu 10.000 Zentnern, BZ vom 30. November) ins Lager der PRO gebracht werden – auch das beruhigend.

Bergedorfer Zeitung, 17. November 1921

Wetterbedingt verzögerten sich die Lieferungen bis in die zweite Hälfte des Monats. Der Bericht nennt auch den Abgabepreis: 95 Mark pro Zentner, beim Erhalt zu bezahlen. Die nötigen Säcke mussten die Käufer mitbringen, aber so konnten sie beim Einwiegen kontrollieren, ob das Gewicht wirklich stimmte.

Bergedorfer Zeitung, 30. November 1921

Allerdings holten die Bergedorfer ihre Kartoffeln „nur sehr schleppend“ ab, wie der Magistrat zu einem Bericht der Kartoffelkommission anmerkte. Die Gründe sind unbekannt; vielleicht war es der Preis. In den vorangegangenen Wochen waren in der BZ mehrfach Kartoffeln zu 45 bis 65 Mark angeboten worden, die Preisunterschiede waren wohl sorten- und qualitätsbedingt, eine generelle Tendenz zur Verteuerung im Herbst war nicht festzustellen.

BZ, 26. November 1921

Doch im Mehrjahresvergleich waren die Preise explodiert: 1915 hatte der (amtliche) Höchstpreis 10 Pfennig pro Pfund betragen (siehe den Beitrag Vierländer vs. Maltakartoffeln). Dafür gab es 1921 nicht einmal Kartoffelschalen. Und waren lange Jahre wegen der Rationierung nur wenige Kartoffeln auf den Tisch gekommen, so wird bei vielen Familien jetzt der Preis für Knappheit gesorgt haben.

 

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