Schneidern und Nähen will gelernt sein, und da machte der Hausfrauenverein Bergedorf ein passendes Angebot: „Anfertigen von Kleidungsstücken aus alten und neuen Stoffen, sowie Stopfen und Flicken“ beinhaltete das Programm des Nähkursus – Wegwerfmode gab es nicht, Altkleidercontainer wären leer geblieben. Löcher wurden gestopft, an beschädigten Stellen Flicken aufgesetzt, und aus nicht mehr tragbaren Kleidungsstücken konnte man noch Kinderkleidung herstellen.
Der Ende 1919 von Damen mit Hausangestellten gegründete Hausfrauenverein betonte in der Anzeige, dass „Frauen und Mädchen aller Stände“ an dem Kursus teilnehmen konnten und vielleicht wurden einige „Mädchen“ von ihren Arbeitgeberinnen sogar dorthin entsandt, denn auch in gut betuchten Haushalten des Villenviertels wurden Wäsche- und Kleidungsstücke repariert, wie die Anzeigen belegen.
Ob der Unterricht von Frl. Claßen ausreichende Kenntnisse vermittelte, um nach Schnittmustern der neuesten Mode Kleidung für die Dame des Hauses zu schneidern, muss offenbleiben. Vielleicht wandte man sich dann doch an eine der professionellen Schneiderinnen in Bergedorf, die ihrerseits als „Fachschulen für Damenschneiderei“ ähnliche Kurse zur Herstellung eigener Garderobe anboten (BZ vom 15. Juni und 23. September).
Über all diese Aktivitäten wird sich der Bergedorfer Emil Sahlmann gefreut haben: zwar ist er in den Adressbüchern als Schneider verzeichnet, doch in der BZ bot er seine Dienste nur auf einem anderen Geschäftsfeld an, dem Handel mit und die Reparatur von Nähmaschinen.
Die Rationierung von Nähgarn (siehe den Beitrag zu Schwindel mit Garn) schien jedenfalls Vergangenheit.