Ein „Fliegender Holländer“ in Bergedorf

Bergedorfer Zeitung, 11. Juni 1920

Da kam also ein mit einem „Fliegenden Holländer“ ausgebüxter Elfjähriger nach Bergedorf – aber was war ein fliegender Holländer?

Musikfreunde werden an Richard Wagners Oper „Der fliegende Holländer“ denken – Physiker eher an ein Phänomen der atmosphärischen Optik (laut Spektrum-Lexikon der Physik die „obere Luftspiegelung eines Schiffes, das sich unter dem Horizont befindet“), literarische Verarbeitungen der Legende sind Legion. Gängige Internet-Suchmaschinen führen daneben zu Restaurants, Ferienwohnungen, Pizza, Cocktail, verschiedenen Spielen, einem Taxi-Service und dergleichen mehr, was alles nicht für diesen Knaben in Frage kommt und somit nicht weiterhilft.

Auf einer Nordseeinsel gibt es aktuell (2020) eine Fahrradvermietung dieses Namens, was einen ja gleich an ein Hollandrad denken lässt, und so könnte man vermuten, dass der Übeltäter auf einem Fahrrad holländischer Bauart nach Bergedorf kam. Das tat er aber wohl nicht: ein „Holländer“ war ein Fahrzeug für Kinder, das vor allem die Armmuskulatur beanspruchte – man musste auf dem Gefährt sitzend eine Art Deichsel vor- und zurückziehen, was die Hinterräder antrieb.

BZ, 18. Dezember 1920

BZ, 4. Dezember 1916

Gestützt wird diese Vermutung durch mehrere Kleinanzeigen zu Kauf bzw. Verkauf eines „Fliegenden Holländers“ oder „Holländers“, auch in zweisitziger Ausführung (BZ vom 14. Dezember), weiter untermauert durch eine frühere Anzeige, in der alternativ nach einem kleinen Dreirad für einen Achtjährigen gesucht wurde.

Der unternehmungslustige Junge wurde seiner Mutter übergeben – hoffentlich ebenso der „Fliegende Holländer“, was den materiellen Schaden der Expedition gemindert haben würde.

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