Nach Ansicht der BZ war der Wahlkampf in Bergedorf „im parlamentsmäßigen Rahmen“ verlaufen – eine Einschätzung, der auf das Schärfste widersprochen werden muss: insbesondere die offen antisemitische Wahlkampagne der DNVP war dezidiert unparlamentarisch und volksverhetzend; wer will, kann das anhand der Inserate dieser Partei in der BZ problemlos überprüfen. In diesem Blog soll so etwas nicht wiedergegeben werden. Das politische Klima war jedenfalls seit dem Kapp-Putsch und dem Richtungswechsel der USP vergiftet.
Tatsache ist, dass die Hamburger und Bergedorfer Koalitionsparteien SPD und DDP erheblich an Stimmen verloren: hatte bei der Wahl zur Nationalversammlung die SPD in Bergedorf 51,1% der Stimmen erhalten, so fiel sie nun auf 37,1 % zurück, die DDP schrumpfte von 25,5% aus 13,8%. Stimmenzuwächse gab es vor allem bei der USP (von 3,1 auf 11,3%) und der DNVP (von 3,0 auf 14,1%): radikale Versprechungen stießen 1920 auf wesentlich mehr Resonanz als ein gutes Jahr zuvor. Die gemäßigt rechte DVP verbesserte sich von 15,3 auf 21,8%, ihre Stimmenzahl hatte sich nicht „fast verdoppelt“, wie der BZ-Redakteur meinte, sondern nur um 550 zugenommen.
In den anderen Gemeinden der Landherrenschaft war die Grundtendenz gleich. In Geesthacht allerdings wurde die SPD (von 1.550 auf 701 Stimmen) mehr als halbiert, in den landwirtschaftlich geprägten Gebieten trug die Kandidatur des „Lokalmatadors“ Heinrich Witthoefft zur Stärke der DVP dort in erheblichem Ausmaß bei.
Die reformorientierten und demokratiebejahenden Kräfte SPD und DDP waren also deutlich geschwächt worden. Die Propagandisten radikaler angeblicher Lösungen waren im Aufwind.