Das verschollene Adressbuch

Bergedorfer Zeitung, 27. März 1920

Ja, es gab 1920 ein Bergedorfer Adressbuch – aber hat es noch jemand?

Es erschien im Frühjahr 1920, herausgegeben von einem Herrn R. Strauß, Brunnenstraße 150, der Ende 1919 per Annonce zu Bestellungen aufrief. Man musste allerdings Vertrauen zu ihm haben, denn zum Preis verriet er nur, dass dieser „so mäßig wie irgend möglich“ sein sollte; die regulären Einträge wollte er „aus amtlichen Quellen“ zusammenstellen – das war also vor Erfindung des Datenschutzes – und „Extra-Eintragungen und Anzeigen“ nahm er natürlich auch an (BZ vom 6. Dezember 1919).

Sein Subskriptionsangebot war erfolgreich: das bis dahin letzte Bergedorfer Adressbuch war 1915 erschienen, und wer „auf Stand“ sein wollte, brauchte es einfach angesichts all der Veränderungen in und nach den Kriegsjahren. Der Verkauf ging wohl auch recht flott: im Frühsommer bot Strauß die Restauflage zum reduzierten Preis von 15 M an (BZ vom 22. Juli 1920), der reguläre Verkaufspreis hatte 20 M betragen (BZ vom 14. Mai 1920).

Bergedorfer Adressbuch von 1880 (Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg)

Leider ist hundert Jahre später nicht ein einziges Exemplar zugänglich – vielleicht gibt es auch keins mehr. Ansonsten ist die Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg auf diesem Gebiet gut sortiert: die digitalisierten Bergedorfer Adressbücher von 1880, 1896, 1912, 1915, 1928 bis 1938 können online eingesehen werden, aus den folgenden Jahrzehnten zahlreiche örtliche Fernsprechbücher. Die Ausgaben von 1912 und 1915 sind im Kultur- und Geschichtskontor vorhanden, und das Museum für Bergedorf und die Vierlande hat kürzlich ein Adressbuch für 1925 erwerben können, aber damit gibt es immer noch eine große Lücke zwischen 1915 und 1925, die die Strauß’sche Ausgabe von 1920 wunderbar schließen könnte.

Sollte also jemand dieses Adressbuch zu Haus haben, geht an sie oder ihn die herzliche Bitte, es der „Stabi“ für eine Digitalisierung zu überlassen; es wäre dann über das Internet allgemein (und bequem vom heimischen Bildschirm aus) zugänglich. So würde der bisherige Besitzer bzw. die Besitzerin sich den großen Dank aller sichern, die sich mit der Geschichte der in der Anzeige oben genannten Orte befassen. Für manche Recherche zu Personen oder Firmen, auch zur öffentlichen Verwaltung, ist es ein unverzichtbares Hilfsmittel.

Das Blog ist unter bergedorfblog@sub.uni-hamburg.de zu erreichen.

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