Hier Hamburg, da Preußen: das spielte in diesen Revolutionstagen keine Rolle, und durch Bekanntmachungen des Bergedorfer Arbeiter- und Soldatenrates vom 13. November erfuhr man, dass der Rat das preußische Sande in seinen Zuständigkeitsbereich aufgenommen hatte und nun als „Arbeiter- und Soldatenrat Bergedorf-Sande“ firmierte. Dieser war fast rund um die Uhr zu sprechen (was bald nur im Schichtdienst erledigt werden konnte, denn der Rat führte mit sofortiger Wirkung den Achtstundentag ein, BZ vom 16. November 1918). Er requirierte Waren und Sachen, auch kooperierte er mit den örtlichen Polizeibehörden, stellte Posten auf und patrouillierte beide Gemeinden (siehe hierzu auch den Beitrag Die Tätigkeit des Arbeiter- und Soldatenrats). Vermutlich hatte er rote Armbinden – ob es wie in der Stadt Hamburg eine „Armbindenhierarchie“ des Arbeiter- und Soldatenrats (BZ vom 16. November) gab, ist nicht überliefert. Auf jeden Fall gab es Ausweise und Stempel – dem Museum für Hamburgische Geschichte ist es gelungen, im Staatsarchiv Hamburg einen Bergedorf-Sander Stempelabdruck ausfindig zu machen:
Eine vom Arbeiter- und Soldatenrat Hamburg empfohlene Gestaltung eines Stempels hätte im Raum Bergedorf wohl Verwirrung gestiftet, denn das Hand-in-Hand-Symbol ähnelte dem der Vereinsbrauerei Bergedorf, das im Beitrag Bier für die Welt zu sehen ist.
Der Arbeiterrat war nur „provisorisch“, und so rief er zur Wahl von „Betriebsdelegierten“ auf, die dann den Arbeiterrat wählen und diesen damit legitimieren sollten, wobei sowohl Frauen als auch Männer wahlberechtigt waren. Diese Wahl wollte die Ortsgruppe Bergedorf-Sande des Deutschen Metallarbeiter-Verbands nicht dem Zufall überlassen; sie organisierte für den Vorabend der Wahl eine Versammlung ihrer Betriebsdelegierten und Arbeiter-Ausschussmitglieder (siehe den Beitrag Die Frauen und der Vaterländische Hilfsdienst) – der hiesige Geschäftsführer der Organisation war Friedrich Frank, der spätere Bergedorfer Bürgermeister (siehe Bergedorfer Personenlexikon, S. 71-73).
Mit dem Wahlergebnis (siehe unten) dürfte Frank zufrieden gewesen sein, nicht nur, weil er gewählt wurde (auch in die „Exekution“, richtiger wohl „Exekutive“), sondern weil sich mit ihm eine Reihe weiterer Bergedorfer Sozialdemokraten im Rat fand: der Geschäftsführer der Allgemeinen Ortskrankenkasse Friedrich Tonn wurde 1919 für die SPD ins Stadtparlament gewählt, H. G. W. Pappenhagen war SPD-Mitglied (BZ vom 6. November 1917) und auch Karl Storbeck gehörte der SPD an (siehe die Zusammenstellung bei Uwe Plog, S. 139f.). Wilhelm Reins kandidierte 1919 als Gemeindevertreter für die SPD in Sande, Beinsen für die USPD Sande (BZ vom 25. Februar 1919). Über Parteizugehörigkeiten anderer Mitglieder des Arbeiterrats war nichts in Erfahrung zu bringen, aber dass (mindestens) fünf von acht Mitgliedern der Exekutive SPD-Mitglieder waren und dass entsprechend dem Vorschlag des provisorischen Rates einstimmig gewählt wurde, spricht dafür, dass die SPD alles unter Kontrolle hatte.