Familienbad und „Negerdorf“ an der Oberelbe

Bergedorfer Zeitung, 19. August 1925

Mehr und mehr entwickelte sich die Elbe mit ihren ufernahen Bereichen oberhalb der Stadt Hamburg zu einem Freizeitgebiet eigener Art. Besondere Bedeutung kam dabei dem außendeichs liegenden Overwärder zu, das mal als „Freibad“, mal als „Familienbad“ bezeichnet wurde.

Es waren vor allem die Arbeiterwassersportvereine, die Overwärder zu einem beliebten Ziel für ihre Mitgliedschaft entwickelten: das Gebiet war von Hamburg aus per Dampfer in gut einer Stunde erreichbar, Luft und Wasser waren (relativ) sauber, und so konnte man die knappen Erholungsstunden angenehm verbringen.

Gleich mehrere Vereine aus Hamburg waren hier aktiv: der „Arbeiter-Wassersportverein von 1909“ (AWV, siehe den Beitrag zu den Schützengräben an der Elbe), der 1921 gegründete „Freie Wassersportverein ‚Vorwärts‘“ (FWV), und die „Strandvereinigung Overwerder von 1925 Sport- und Freizeitverein e.V.“, eventuell auch der „Wochenendverein e.V.“. Nicht zu allen Vereinen gab es in der Presse klare Informationen, und die Selbstdarstellungen im Internet sind für die Historie unergiebig. Festzustehen scheint, dass der Beitritt der Vereine zum Arbeiter-Turn-und-Sportbund und zum Arbeitersportkartell höchst umstritten war: als die Mehrheit im AWV diese „Unterordnung“ ablehnte, kam es zur Gründung des FWV – und von da an tauchte der AWV in der SPD-Zeitung „Hamburger Echo“ nur noch auf, wenn der FWV ihn kritisierte: mal wegen seines „syndikalistischen Fahrwassers“, mal wegen seiner Nähe zu bürgerlichen Verbänden (Hamburger Echo vom 24. Oktober 1921 und 20. Mai 1925). Völlig ungeklärt ist das Verhältnis von AWV und FWV zu Strandvereinigung und Wochenendverein.

Hamburger Echo, 20. Juli 1925

Bergedorfer Zeitung, 22. August 1925

Die Beziehungen zwischen Paul Schlottmann und den Vereinen ließen sich nicht wirklich aufklären: Schlottmann hatte 1925 ein gastronomisches „Kurhaus“ errichtet und betrieb ein Familienbad mit Übernachtungsmöglichkeit in Zelten. Er machte mit wohltätigen Aktionen auf seine Einrichtungen aufmerksam, aber auch (in Kooperation mit dem Wirt des Schützenhofs in Over) mit dem Event eines Fallschirmsprungs in die Elbe (Hamburger Volkszeitung vom 27. Juni, Harburger Anzeiger und Nachrichten vom 20. August und Bergedorfer Zeitung vom 22. August 1925).

Als rassistisch empfand der Journalist seine Charakterisierung der Zeltsiedlung offenbar nicht.

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