In diesen Jahren muss das Bergedorfer Schützenfest, das hier abgehalten wurde, ein für die Stadt herausragendes Ereignis gewesen sein, das Besucher aus der ganzen Umgebung einschließlich der Stadt Hamburg anziehen sollte. Dies belegen folgende Ausschnitte aus den Vierländer Nachrichten (auf Klick Anzeige in groß):
Angesichts der Tatsache, dass die Stadt im Jahre 1885: 5.209 Einwohner hatte, ist eine Besucherzahl von „an 10.000“ sicher ein beachtlicher Wert (Einen Überblick über die Bevölkerungsentwicklung Bergedorfs bis 1885 gibt Voigt in «Topographische Nachrichten über die Stadt Bergedorf» (Johann Friedrich Voigt, Topographische Nachrichten über die Stadt Bergedorf, Bergedorf 1888, S. 28.). Die Besucherzahlen stiegen in den folgenden Jahren sogar noch, wie der Verein für Fremdenverkehr in Bergedorf schrieb: „Nicht weit vom Hotel Billtal und dem Waldhaus [im Plan von 1904 als Nr. 30 und Nr. 31 markiert] erstreckt sich, begrenzt von bewaldeten Höhen, das Schießtal, in welchem alljährlich das in der ganzen Gegend bekannte Bergedorfer Schützenfest Anfang Juli drei Tage lang gefeiert wird, ein Fest, das bei guter Witterung bis zu 30.000 Fremde herbeilockt. Auf diesem einzig gelegenen, wunderbaren Festplatze hat auch der große Hamburger Turngau des öfteren, seine großartigen, stets wohlgelungenen Feste gefeiert.“(Führer durch Bergedorf und Umgegend. Mit einem Stadtplan und einer Karte der Umgegend, hrsg. vom Verein für Fremdenverkehr in Bergedorf 1904, S. 12.) Wörtlich genommen müsste man also zu den 30.000 „Fremden“ noch die Besucher aus Bergedorf hinzuaddieren – bei 12.384 Einwohnern im Jahre 1905 (Vgl. Jahresberichte der Verwaltungsbehörden der Freien und Hansestadt Hamburg 1910, Hamburg 1911, XXXI, S. 1) und immerhin schon 14.907 fünf Jahre später, (vgl. ebd. 1911 [1912], XXXI, S. 2) dürften das auch nicht wenige gewesen sein.
Die Schützengesellschaft war dabei gleichermaßen traditionsbewusst wie sparsam: noch im Jahr 1895 kamen Waffen zum Einsatz, die zuvor zur Ausstattung des Hamburger Militärs gehört hatten: „Die 1857 [für die Jäger-Companie] angeschafften Spitzkugelbüchsen erwarb die Bergedorfer Schützengesellschaft und sind diese noch jetzt im Gebrauch. (“Verein deutscher Kampfgenossen für Bergedorf und Umgegend (Hg.), Gedenkbuch zum 2. September 1895 für die Landherrenschaft Bergedorf, Bergedorf 1895, S. 7).Wenig begeistert vom Schützenfest zeigte sich Heinrich Dräger, der sich in seinen Lebenserinnerungen über die Schützen, ihre Rituale und ihren „General“ Reppenhagen (seinen Nachbarn in der Neuen Straße) mokiert: „Im Sommer war das Scheibenschießen der Gipfelpunkt des Bergedorfer Volkslebens.“ (Heinrich Dräger, Lebenserinnerungen, Hamburg 1914, S. 88). Diesen Unterton findet man verständlicherweise nicht bei der Bergedorfer Schützengesellschaft, die in ihrer Selbstdarstellung auch historische Fotos zeigt.