Die große Verlosung der SPD

Bergedorfer Zeitung, 15. November 1921

Die Geschäftswelt steht sich gern gut mit den Mächtigen der Kommunalpolitik, und so steht zu vermuten, dass sie deshalb die Große Weihnachts-Verlosung der SPD Bergedorf mit Sachspenden ausstattete, und zwar nicht gerade knapp: insgesamt 377 Preise und eine Nähmaschine als „Prämie“ konnten ausgelobt werden. Allein der Wert der „kleinen“ Gewinne belief sich auf 8.900 Mark; für die Hauptgewinne ist der Wert schwerer zu schätzen, da die Geschäftsinhaber mit Preisangaben in ihren Anzeigen sehr zurückhaltend waren. Der Möbelhändler Mente immerhin inserierte mit Preisen: Schlafzimmereinrichtungen 3.300 bis 5.500 Mark, Kücheneinrichtung ab 850 Mark, Chaiselongues ab 400 M, eine Nähmaschine Schneider 350 M (BZ vom 12. Dezember 1921), die Gebr. Bernau boten Anzugstoffe zu 110 Mark pro Meter (BZ vom 3. November 1921). Wahrscheinlich summierten sich die Hauptgewinne ebenfalls auf etwa 9.000 Mark.

Die SPD als Veranstalter der Verlosung wollte die Einnahmen den „für die Arbeiterbewegung erforderlichen Einrichtungen“ zukommen lassen – welche dies genau waren, wurde nicht gesagt: mit ziemlicher Sicherheit werden Arbeiter-Gesang-, -Musik-, -Theater-, -Sport-Vereine dazu gehört haben, auch die Bildungs-Kommission der organisierten Arbeiterschaft und der Arbeiterjugendbund, über deren Tätigkeit im zweiten Halbjahr Meldungen bzw. Anzeigen zu finden waren (BZ vom 18. September und 30. November 1922). Ob auch das Gewerkschaftskartell zu den Begünstigten gehörte, muss offen bleiben.

Mit Sicherheit wird diese Anzeige auch im Bergedorf-Sander Volksblatt erschienen sein, denn in dessen Geschäftsstelle konnte man die Lose à drei Mark kaufen, und mit höchster Wahrscheinlichkeit wird das Volksblatt auch im redaktionellen Teil Werbung für die Verlosung gemacht haben – nicht aber die BZ, die ansonsten Anzeigenkunden dadurch belohnte, dass sie in der Rubrik „Hinweise auf Veranstaltungen“ die Annonce paraphrasierte. Redaktionelle Werbung für eine SPD-Veranstaltung wollte die BZ sich und ihren Lesern wohl nicht zumuten.

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