Trotz sehr gemischten Wetters war auf dem Herbstmarkt in Bergedorf die Stimmung gut, offenbar besser als die objektive Lage – das Angebot der Schausteller erinnerte den Berichterstatter „allmählich wieder an die Vorkriegszeit“, eine Fülle von Lebensmitteln und Leckereien wurde angeboten, die Glücksbuden offerierten „wirklich wertvolles Haushaltsgerät“, es gab Karussells und Luftschaukeln, Konzert und Tanz, Ring- und Boxkämpfe sowie die „herkömmlichen Marktgenüsse“ Krebssuppe, Beefsteak und Aal – bei allerdings „zeitgemäßen Preisen“.
Doch auch die Polizei musste einschreiten, um „Glücksspiele um eingesetzte Geldbeträge“ zu unterbinden. Der Autor hätte sich aber vor allem ein Vorgehen gegen die Kinderquälerei gewünscht, die er beobachtet hatte: ein Kleinkind musste immer wieder „allerlei Kunststückchen“ vor einer Schaubude vorführen und „verlangte sichtlich ins Bett, wohin es auch gehörte.“ Hoffentlich war der Journalist generell gegen solche Kinderarbeit und nicht nur gegen die abendliche Zeit der Vorführung.
Offenbar wurden diese Zeilen auch von der Polizei gelesen, die am nächsten Tag tätig wurde, das Kind versorgte und dem Arbeiter-Samariter-Bund übergab, bei dem es erst einmal schlafen konnte. Was anschließend mit dem Kind geschah, war der Zeitung nicht zu entnehmen, doch der Verstoß gegen das Kinderschutzgesetz (§ 6) dürfte mit einem Strafbefehl geahndet worden sein, und das bedauernswerte Kind wird beim nächsten Jahrmarkt in einer anderen Stadt wieder gequält worden sein.
Von den ebenfalls polizeilich erfassten und angezeigten Glücksspiel-Anbietern ging zumindest einer gegen die Geldstrafe von 1.000 Mark vor, traf aber nicht auf einen gnädigen Richter: dieser bestätigte das Strafmaß und brummte ihm zusätzlich „wegen Ungebühr vor Gericht“ 100 Mark auf (BZ vom 19. November).