Mit wenig Geld viel Arbeit und Zeit sparen – so lässt sich zusammenfassen, was der Ingenieur Johann Michaelis den Gärtnern versprach: das von ihm erfundene System einer Beregnungsanlage für den Gartenbau sollte insbesondere die Bewässerung von Frühbeeten erleichtern.
Da solche Frühbeete, auch Fensterkästen genannt, heutzutage weitestgehend durch Plastikfolien-Tunnel verdrängt sind, ist neben einer Fotografie eine kurze Beschreibung eines solchen Frühbeetes angebracht, die sich vor allem auf Werner Schröder (S. 66-71) stützt: auf einen zu einer Längsseite abfallenden Holzkasten wurden Fenster von zumeist 103 x 220 cm Größe aufgelegt, die die Sonnenwärme im Kasten hielten und die Pflanzen vor Wind schützten. Ein solcher Fensterkasten konnte bis zu 16 Fenster nebeneinander haben, und viele Betriebe hatten mehrere hundert „Fenster“, die sie bestellten, um mit früh erzeugter Ware am Markt bessere Preise zu erzielen.
Die Wirtschaftsform war aber sehr arbeitsaufwändig, nicht nur, weil die Kästen im Herbst zerlegt, eingelagert und gepflegt werden mussten, sondern weil sie täglichen Einsatz forderten: bei Frostgefahr mussten Reetmatten aufgelegt werden, die am nächsten Morgen wieder aufzurollen waren, damit die Pflanzen Licht bekamen. Bei Sonnenschein bestand die Gefahr der Überhitzung, der durch „Fensterstützen“ begegnet wurde.
Das nötige Bewässern der Pflanzen war mühsam: zwei Mann mussten die Fenster „abdecken“, damit mit der Gießkanne Wasser zugeführt werden konnte, und danach die Fenster wieder zurücklegen – nach dem System Michaelis sollte eine Person „ohne die Fenster abzudecken“ die gesamte Arbeit erledigen, also „in kürzester Zeit Hunderte von Frühbeeten beregnen“.
Wie Michaelis‘ System von 1921 genau aussah und wie es funktionierte, erschließt sich weder aus dem Text noch aus den Inseraten – auch Gisbert Götting von rasensprengermuseum.de konnte es nicht sagen. Wahrscheinlich wurden die Fenster mit den „hochkant“ gestellten Fensterstützen geöffnet und das Wasser mit fein verteilenden Düsen eingespritzt. Es setzte allerdings voraus, dass mittels einer Elektro- oder Benzin-Motorpumpe, die in dem Preis von 50 Mark bestimmt nicht enthalten war, kontinuierlich Wasser herangeschafft wurde, und geeignete Pumpen bot Michaelis ebenfalls an.
In den folgenden Jahren und Jahrzehnten wurden beim Patentamt insgesamt 71 Patente (Link zur depatis-Seite, dort den Namen „Johann Michaelis“ eingeben) eingetragen, die als Erfinder Johann Michaelis nennen und Bewässerungsanlagen nebst Zubehör zum Gegenstand haben. Das erste Patent dieser Liste, wohl primär für Freilandkulturen geeignet, stammt aus dem Jahr 1924, angemeldet von den Siemens-Schuckert-Werken in Berlin, das explizit „Johann Michaelis in Berlin-Charlottenburg“ als Erfinder angibt. Es könnte sich um eine zufällige Namensgleichheit handeln, aber wie wahrscheinlich ist das? Das Michaelis-Siemens-Schuckert-Patent jedenfalls war laut rasensprengermuseum.de (Eintrag vom 12. April 2020) „seiner Zeit 1926 weit voraus“ und wurde noch nach 1945 von der Firma Gasch in Pirna nachgebaut.
Schon als Verbandsingenieur des „Zweckverbands zur Versorgung der Marsch- und Vierlande mit elektrischer Energie“ war Michaelis im Amtlichen Fernsprechverzeichnis 1920 mit einem weiteren Eintrag verzeichnet: „Projektierung u. Ausführung sämtl. elektr. Anl., Blitzableiter, Beleuchtungskörper, Wasserversorgungsanl.“ – fünf Jahre später lautete der Eintrag „Wasserversorgungs- u. Regenanl., Licht- u. Kraftanl.“, der berufliche Schwerpunkt hatte sich also verschoben. Nach 1930 tauchte er in den Adress- bzw. Telefonbüchern für Hamburg nicht mehr auf – vermutlich zog er nach Berlin; im Berliner Adressbuch 1934 war im Branchenverzeichnis unter „Regenanlagen“ eine Firma Borm & Michaelis eingetragen.
Ohne Gisbert Götting von rasensprengermuseum.de, seine Fachkenntnisse und die Materialien aus seinem Archiv wäre dieser Beitrag nicht möglich gewesen. Ihm gebührt ein ganz großer Dank.