Der Beginn des Personenverkehrs auf der Hamburger Marschbahn

Bergedorfer Zeitung, 10. Mai 1921

Wohl eine halbe Million Kubikmeter Boden hatte man gebraucht, um den Bahndamm für die Hamburger Marschbahn aufzuschütten – das wird die Kraft der etwa 1.000 Arbeitslosen, die dabei eingesetzt worden waren, wirklich herausgefordert haben. Aber nach nur zwei Jahren waren 25 Kilometer Bahndamm fertig und insgesamt alle Arbeiten so weit vorangekommen, dass nun die eingleisige Strecke offiziell und mit allem Brimborium für den Personenverkehr eröffnet werden konnte – die Aufnahme des Güterverkehrs ein halbes Jahr vorher war hingegen schmucklos erfolgt, wie im Beitrag Die nicht gefeierte Eröffnung der Hamburger Marschbahn bereits dargestellt wurde.

Die Probefahrt in einem „maiengeschmückten Züglein mit seinen frischgestrichenen Wagen“ hatte über einhundert Teilnehmer, „darunter Vertreter der staatlichen und kommunalen Behörden, der Presse, sowie des Aufsichtsrats und der Mitarbeiter am Bahnbau“, wie die BZ am 11. Mai schrieb – man darf vermuten, dass von den oben genannten Arbeitslosen keiner eine Einladung erhalten hatte.

Die Probefahrer waren den ganzen Tag unterwegs, pünktlich 9:21 Uhr ab Bergedorf-Nordbahnhof, mit Aufenthalten an mehreren Stationen und einem „Frühstück“ in Geesthacht, bei dem Festreden von sechs namentlich genannten und von der BZ nicht gezählten „weiteren Rednern“ gehalten wurden. Gesättigt und ermattet konnte man dann in den Zug steigen, der um 16:47 Uhr nach Bergedorf zurückfuhr (BZ vom 11. und 12. Mai).

Die Erwartungen an die Wirtschaftlichkeit des Betriebs dieser jetzt eingeweihten Strecke waren nicht allzu hoch, was dem Betreiber BGE aber keine zusätzlichen Sorgenfalten ins Gesicht treiben musste, denn nach dem Vertrag zwischen Hamburg und der BGE musste der Staat bei der Inbetriebnahme von Teilstrecken außer den Investitions- auch die Betriebskosten übernehmen: neben einer monatlichen Pauschale für die Nutzung von BGE-Einrichtungen und -Personal von 25.200 Mark sollte die BGE 11,22 Mark pro gefahrenen Zugkilometer erhalten. Den errechneten Ausgaben von 2,1 Millionen Mark stand die Hoffnung auf 750.000 Mark Einnahmen gegenüber, was ein Defizit von (mindestens) 1,35 Millionen Mark erwarten ließ (BZ vom 12. Mai und Verhandlungen zwischen Senat und Bürgerschaft 1921, S. 539-540).

Der Zugverkehr konnte nun also aufgenommen werden: werktags vier, sonntags drei Zugpaare sollten laufen, allesamt gemischte Züge für Personen- und Güterverkehr. Das erforderliche An -und Abkoppeln der Güterwaggons wird die ohnehin beschauliche Reisegeschwindigkeit weiter reduziert haben.

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