Wenig Platz für die Fortbildung zur Hausfrau und Mutter

Bergedorfer Zeitung, 13. Oktober 1920

Da die im Vorjahr durch Gesetz beschlossene verpflichtende Fortbildungsschule in Bergedorf nicht über ein eigenes Gebäude verfügte, war sie zunächst als „Untermieter“ in den Stadtschulen Brauerstraße und Am Brink untergebracht gewesen, doch diese konnten nicht genügend Räume entbehren, sodass zum Schuljahresbeginn Ostern 1920 die Stadtschule Am Birkenhain als neues Quartier bezogen wurde (BZ vom 9. und 15. April). Auch dort blieb es beim Untermieterdasein: vier Klassenräume und ein Bureauraum wurden der Fortbildungsschule überlassen.

In diesen vier genannten Räumen wurde nun also der Fortbildungsunterricht für etwa 700 männliche und weibliche Jugendliche erteilt (BZ vom 11. Dezember), die wöchentlich nachmittags sieben Unterrichtsstunden hatten und auch zwei Stunden Leibesübungen (BZ vom 6. Oktober), deren Wichtigkeit der Gewerbeschulrat Thomae bei einer DNVP-Versammlung betonte: der Militärdienst sei ja fortgefallen (BZ vom 23. Oktober).

Schulsport sollten auch die Mädchen treiben (obwohl Thomaes Begründung auf sie nicht zutraf), von denen die wenigsten einen Lehrvertrag für einen Beruf gehabt haben dürften – die meisten waren als „Mädchen“ in Privathaushalten beschäftigt oder auch im Haushalt der Familie, und für sie sollte der Unterricht auf die „Erziehung … zur Hausfrau und Mutter“ ausgerichtet werden. Weibliche Jugendliche erhielten also Hauswirtschaftsunterricht, zu dem auch das Essenkochen gehörte – junge Männer konnten sich folglich bequem darauf verlassen, dass die häusliche Arbeit von der Frau erledigt würde, sie war ja entsprechend fortgebildet.

Die im Artikel erhobene Forderung nach einem eigenen Gebäude für die Fortbildungsschule war zweifellos berechtigt, um so mehr, als mit dem Beginn des nächsten Schuljahres die Gesamtschülerzahl auf etwa 1.000 in 40 „Abteilungen“ steigen würde (BZ vom 11. Dezember). Einen Neubau gab es zwar in den nächsten Jahrzehnten nicht, doch immerhin ein eigenes Quartier: 1927 räumte Bergedorfs Verwaltung die ehemalige Hansaschule und zog in das neue Rathaus (siehe die Beiträge zur Villa Hohentann und zum Bergedorfer Stadthaus). Aber vorerst blieb es eng an der Birkenhainschule.

Die Schule Am Birkenhain

 

Dieser Beitrag wurde unter Bergedorf 1920 veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert