Der Bau der Hamburger Marschbahn und die Lohnschiebungen

Bergedorfer Zeitung, 16. Oktober 1919

Der Bau der Hamburger Marschbahn diente der Arbeitsplatzbeschaffung, und die Arbeiten schritten zügig voran: die Durchquerung Kirchwärders (ca. 7 km) war geschafft. Im Abschnitt zwischen Düneberg und Altengamme ging es ebenfalls vorwärts, wobei einer der Bauübernehmer den Bau als große Chance zur Bereicherung sah.

Durchschnittlich 850 Arbeiter waren im ersten Quartal 1919 mit der Aufschüttung des Bahndamms beschäftigt, wie es im Jahresbericht der Bergedorf-Geesthachter Eisenbahn A.-G. über das 14. Geschäftsjahr vom 01.04.1918 bis 31.03.1919 (eingesehen im Privatarchiv des Vierländer Eisenbahn-Historikers Rolf Wobbe) hieß: die „Notstandsmaßnahme“ erfüllte also ihren Zweck der Arbeitsbeschaffung. Wenn der Zeitungsbericht von „fremden und vielen hiesigen Arbeitern“ sprach, so meinte der Autor mit den „hiesigen“ vermutlich die aus Kirchwärder – alle anderen konnte man damals unter „fremd“ subsumieren. Anderenorts war man weniger zufrieden mit der Zusammenstellung der Bahnarbeiterschaft: die Gemeinde Geesthacht protestierte, dass zu wenige Geesthachter eingesetzt würden; man habe doch wegen der örtlichen Beschäftigung einen Baukostenzuschuss von 20.000 Mark gezahlt (BZ vom 17. März).

Bergedorfer Zeitung, 23. September 1919

Aber ob es wirklich 850 Arbeiter waren, die den Damm aufschütteten, ist fraglich: der Curslacker Steinsetzer Jans hatte den Auftrag erhalten und war auch für die Zahlung der Löhne verantwortlich. Die gezahlten Beträge bekam er vom Staat Hamburg erstattet, und offenbar vereinnahmte er diese Gelder sogar für „erfundene“ und wieder ausgeschiedene Arbeiter und ebenso für solche, die er beim Straßenbau fern der Marschbahn einsetzte.

Er dachte wohl, dass bei solchen Arbeitermassen eine Kontrolle unmöglich wäre, zumal er „Beamte der B.G.E. sowie der hiesigen Baudeputation“ mit Lebensmitteln belieferte, was diese offenbar in ihrem Aufsichts- und Inspektionseifer beeinträchtigte, denn monatelang blieben die Schiebungen unentdeckt – als sie aufflogen, entzog der BGE-Vorstand dem betrügerischen Unternehmer Jans sofort den Auftrag und entließ die unzuverlässigen BGE-Mitarbeiter, wies aber darauf hin, dass der finanzielle Schaden von Jans gedeckt sei (BZ vom 25. September).

 

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