Die Anschuldigungen waren schwerwiegend, die Zurückweisung des Filz-Vorwurfs war entschieden:
Hatte die SPD Bergedorf ihre neugewonnene Machtstellung genutzt, um der Tochter des SPD-Ratmanns Wiesner an allen anderen Wohnungssuchenden vorbei in einem Dreiecksgeschäft eine Wohnung zu verschaffen – oder hatte Frl. Wiesner ohne Vermittlung des Amtlichen Wohnungsnachweises ihre Jungverheirateten-Wohnung erhalten, wie es in einer amtlichen Stellungnahme hieß?
Der Beschwerdeführer wiederum, laut Hamburger Adressbuch für 1920 der Handlungsgehilfe Eduard Meydag, blieb in einem weiteren Leserbrief bei seiner Darstellung und forderte erneut die Überlassung einer leerstehenden Wohnung im ehemaligen Hotel „Stadt Lübeck“ (BZ vom 25. September). Erfolg war ihm nicht beschieden: noch 1925 war er im Hamburger Adressbuch mit der Anschrift Friedrichstraße 1 zu finden, aber seine Situation hatte sich vielleicht durch den Wegzug der anderen beiden Familien, mit denen er die Zweizimmerwohnung teilte (BZ vom 25. September), verbessert.
Das Hotel „Stadt Lübeck“ gehörte seit 1912 der Stadt Bergedorf, und es war im Krieg und danach für verschiedene kommunale Zwecke genutzt worden (siehe den Beitrag zum Hotel „Stadt Lübeck“ im Kriegsjahr 1915), unter anderem als Verkaufsstelle für „Ia. Schweinefutter (Käseabfall), Pfund 45 Pfg.“ (BZ vom 22. August 1919). Angesichts der bestehenden Wohnungsnot sollte es nun für Wohnzwecke hergerichtet werden.
13.600 Mark bewilligte die Stadt für die Instandsetzung von „Stadt Lübeck“ und zwei weiteren Gebäuden, davon 3.800 Mark für das Erdgeschoss des früheren Hotels, das laut Ratmann Wiesner an die Firma Auer & Co. vermietet wurde, da es sich nicht für Wohnzwecke eignete – der vollständige Name der Firma war „Hamburger Buchdruckerei und Verlagsanstalt, Auer & Co“, Eigentümer u.a. die Sozialdemokraten Friedrich Paeplow und Heinrich Stubbe, Fehlandtstraße 11 in Hamburg, wo auch das „Hamburger Echo“, die Parteizeitung der SPD, residierte (Angaben laut Hamburger Adressbuch für 1919).
Das hatte schon einen Filzgeruch – ob die Miethöhe angemessen war, lässt sich nicht beurteilen; immerhin schien es, als würde die Stadt ihre Renovierungsausgaben recht schnell refinanzieren können. Doch dieser Geruch verflüchtigte sich einige Wochen später, als die Stadt die angeblich bereits vermieteten Räume öffentlich zur Miete anbot. Über das Ergebnis berichtete die BZ bis Ende 1919 nicht, aber bald roch es wieder, worüber in einem späteren Beitrag zu berichten sein wird.