In beiderstädtischer Zeit war „Stadt Lübeck“, das Pendant zu „Stadt Hamburg“, die „lübsche“ Herberge in Bergedorf gewesen, in der zur Zeit der Lübisch-Hamburgischen Doppelherrschaft über Bergedorf und die Vierlande die Lübecker Senatoren Quartier nahmen, wenn sie zur „Visitation“ in Bergedorf waren. Die Senatoren waren allerdings nicht die hochrangigsten Gäste in diesem Hause: hier nächtigten 1682 der Große Kurfürst, 1838 König Ernst August von Hannover und 1848 Kronprinz Wilhelm von Preußen, wie aus Zu Gast in Bergedorf (dies auch die Quelle für die weiteren Angaben) und Das alte Bergedorfer Stadtbild zu erfahren ist.
1915 aber diente das (1912) von der Stadt Bergedorf angekaufte Gebäude einem profaneren Zweck, nämlich als Zentrale der Kriegsfürsorge Bergedorf: Volksküche (für einen Teil des Volks, s.u.), Waren- und Milchausgabestelle sowie Kriegsschreibstube des Bergedorfer Frauenvereins.
Autor des Zeitungsartikels oben war wohl Gustav Weitkamp (siehe den Beitrag Von altem Zopf und Hütefässern), dem sich hier eine Gelegenheit bot, seine „patriotische“ Einstellung auszubreiten – ob er in seinen Ausschmückungen eine Stimmung beschrieb oder diese hervorrufen bzw. verstärken wollte, sei dahingestellt, aber dass er als Kriegsziel nur noch ein „Durchhalten bis zum ehrenvollen Frieden“ angab, zeigt deutlich, dass die Hoffnung auf einen Siegfrieden geschwunden war.
Lesenswert ist der Artikel wegen der Details, die Weitkamp en passant erwähnte: die Zahl der ausgegebenen Essensportionen an Soldatenfamilien war erneut gestiegen (720 pro Tag gegenüber 571 im Juli, siehe den Beitrag Nach einem Jahr), für weitere bedürftige Personen gab es nur die Küchenreste. Der während des Krieges eingerichtete Knabenhort hatte seine Existenz der zunehmenden Erwerbsarbeit von Frauen zu verdanken. Und nie zuvor hatte die Bergedorfer Zeitung die Zahl der Bergedorfer genannt, die in Kriegsgefangenschaft geraten waren: es waren „über hundert“.
Erstmals erwähnt wurde „Stadt Lübeck“ anlässlich eines Verkaufs im Jahre 1557; die nachfolgend wiedergegebene Ansicht war die der lübschen Herberge (nach 1645), in der die fürstlichen Reisenden nächtigten.
Der vordere Teil wurde 1883 durch einen Neubau ersetzt, dem eine insgesamt nur kurze Lebensdauer beschieden war, ab 1919 als Jugendheim des Arbeiter-Jugendbundes, denn 1928 erfolgte der Abriss für die im Zeitungsartikel so genannte „Verbreiterung des Kuhbergs“, des schmalen Gässchens zwischen „Stadt Lübeck“ und „Stadt Hamburg“, tatsächlich der Ausgangspunkt der sogenannten „Durchbruchstraße I“, der heutigen Vierlandenstraße (Siehe hierzu Die Zerstörung von Alt-Bergedorf).