Volkstümliches Turnen in Bergedorf-Sande

Bergedorfer Zeitung, 28. August 1919

Bergedorfer Zeitung, 1. September 1919

 

 

 

 

 

 

 

Nicht nur an Geräten sollte bei diesem Sport- und Spielfest geturnt werden, es sollte auch „volkstümliches Turnen“ geben. Hinter diesem Begriff verbarg sich die frühe Leichtathletik, zu der auch die aufgeführten „Eilbotenläufe“ gehörten, bei denen es sich um Staffelläufe handelte.

Veranstalter war der Arbeiter-Turn- und Sportbund (ATSB), Austragungsort der Sport- und Spielplatz an den Sander Tannen, noch bevor dieser offiziell eingeweiht wurde (siehe den Beitrag Der umkämpfte Sportplatz). Die Zahl von „etwa 1000 Turnern und Turnerinnen“ erklärt sich daraus, dass es sich um Bezirksmeisterschaften handelte und zahlreiche Vereine aus der näheren und weiteren Umgebung teilnahmen. Ob die Freie Turnerschaft Bergedorf-Sande dabei einen Heimvorteil hatte, geht aus dem Nachbericht nicht hervor, wie überhaupt die Wettkampfergebnisse offenbar nicht an die Zeitung gemeldet wurden: Ziel der Aktivitäten des ATSB war neben der körperlichen Ertüchtigung die Stärkung von Klassenbewusstsein und Solidarität, weniger das Streben nach Leistungen und Rekorden, wie Antje Fenner (S. 44ff.) schreibt. Das Gemeinschaftserlebnis wurde bei diesem Fest gefördert durch einen großen Umzug vom Brink in Bergedorf und durch Sande zum Sportplatz, ebenso durch die Abendveranstaltungen mit Tanz in zwei Sälen in Sande.

Die anderen Bergedorfer und Sander Vereine wie „Spiel und Sport“, „Bergedorfer Turnerschaft von 1880“, der „Männerturnverein“, der „Sander Turnerbund von 1892“ und der „Sander Spielverein von 1908“ blieben der Veranstaltung fern, denn sie waren in der Deutschen Turnerschaft (DT) organisiert und hielten Abstand zum ATSB und dessen Wettkämpfen: bürgerliche Sportler und Sportlerinnen blieben von den Sport treibenden Arbeitern und Arbeiterinnen getrennt, auch wenn die Sportarten im Wesentlichen gleich waren und beide Seiten „volkstümliches Turnen“ praktizierten.

Beim bürgerlichen „Bergedorfer Turn- und Spielfest“ (mit Beteiligung weiterer Vereine aus Hamburg und Umgebung) am 14. und 15. Juni 1919 hatte es eine Vielzahl von Wettbewerben gegeben, deren Ergebnisse die Zeitung ausführlich wiedergab. Hier spielte die Einzel- bzw. Mannschaftsleistung also eine sehr viel größere Rolle, aber das Gemeinschaftserlebnis durfte auch hier nicht fehlen: in zwei Sälen gab es ein abendliches „Kränzchen“ – mit Ehrung der Sieger (BZ vom 8. und 16. Juni).

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