Die Rückkehr der Kriegsgefangenen

Bergedorfer Zeitung, 22. August 1919

Bergedorfer Zeitung, 22. August 1919

 

 

 

 

 

Neun Monate nach Kriegsende sollten die Kriegsgefangenen aus England und Frankreich nach Deutschland zurückkehren, und in Bergedorf wollte man ihnen mit Flaggenschmuck und Girlanden einen ehrenden Empfang bereiten. Die Flaggen mussten die Organisatoren der „Kriegsgefangenen-Heimkehr Bergedorf“ allerdings als Leihgabe erbitten; die Girlanden sollten die Schülerinnen der Mädchenschulen und der „Jungmädchenbund“ in der Stadt fertigen.

Es fällt auf, dass in der Anzeige neben Bergedorfer Flaggen um „Flaggen in den alten Reichsfarben“ schwarz-weiß-rot ersucht wurde – die neuen Reichsfarben waren in Art. 3 der Verfassung des Deutschen Reichs vom 11. August 1919 als schwarz-rot-gold festgelegt worden. Ob der Cheforganisator Pastor Behrmann mit dieser Flaggenwahl ein politisches Signal gegen die neuen Farben setzen wollte, muss offenbleiben; zu seiner sonstigen Einstellung hätte es gepasst (siehe den Beitrag Der gut deutschnational-bismarckische Geist in der Jugend). Er hatte aber offenkundig die Erlaubnis der Stadtväter, denn die Abgabe der Flaggen sollte im Stadthaus erfolgen, und das überrascht schon, denn gegen Symbole des Kaiserreichs ging der Magistrat ansonsten entschlossen vor, wie im Beitrag Die Bergedorfer Bilderstürmerei nachzulesen ist.

Flaggen und Girlanden mussten einige Zeit überdauern, bis Gefangene in größerer Zahl eintrafen, denn es gab Schwierigkeiten: die Transportmittel mussten von deutscher Seite gestellt werden, aber „Eisenbahnmaterial“ (Lokomotiven und Waggons) und einsatzfähige Schiffe waren knapp:

Bergedorfer Zeitung, 26. August 1919

Bergedorfer Zeitung, 1. September 1919

 

 

 

 

 

 

So zog sich die Heimkehr über Wochen, teils Monate hin – ein aus englischer Kriegsgefangenschaft entlassener Soldat vom Ost-Krauel meldete seine Ankunft in Köln am 25. September, von wo aus er „um das Einschleppen von Krankheiten zu verhindern“ in das Durchgangslager Grossporitsch bei Zittau bis ca. zum 1. Oktober verlegt wurde (seine Briefe liegen im Museum für Hamburgische Geschichte und wurden eingesehen). Gegen Jahresende waren noch 3.621 Kriegsgefangene in Lagern der Engländer (BZ vom 23. Dezember) und 500.000 in Lagern der Franzosen (BZ vom 27. Dezember).

 

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