Nur „gesunde, genußfähige Kartoffeln“ durften verkauft werden – aus heutiger Sicht eine Selbstverständlichkeit, vor hundert Jahren offenbar nicht: sonst hätte Bergedorfs Magistrat nicht wiederholt darauf aufmerksam gemacht.
Kranke, nicht verzehrtaugliche Ware durften die Händler im Stadthaus umtauschen, weil Kartoffeln nach wie vor der Zwangsbewirtschaftung unterlagen: die Händler durften Kartoffeln nur von der Stadt beziehen, und deshalb erfolgte die Auswechslung eben auch bei der Stadt.
In welchem Ausmaß der Umtausch vonstatten ging, ist nicht bekannt – aber dass er überhaupt angeboten, ja geradezu beworben wurde, zeigt, dass es jetzt deutlich mehr Kartoffeln gab. Das hatte einige Wochen zuvor noch anders ausgesehen: die Pro-Kopf-Ration, die am Jahresanfang noch bei 5 Pfund à 12 Pfennig pro Woche gelegen hatte, war im Februar auf 4 Pfund zu 12 Pfennig gekürzt worden. Sie blieb auf diesem Niveau, aber im Juni kamen auch ausländische Kartoffeln zum Verkauf: 6 Pfund pro Person und Woche, zu stolzen Preisen von 45 bzw. 40 Pfennig pro Pfund. Mitte Juli stieg der Pfundpreis auf 21 Pfennig, die Ration schrumpfte auf drei Pfund alte Kartoffeln. Dann kam neue einheimische Ware, und bei sinkenden Preisen von 30, 20 und 17 Pfennig stieg die Ration wieder: von 4 über 7 auf 10 Pfund (Auswertung der wöchentlichen Meldungen zur „Lebensmittelversorgung in Bergedorf“, diverse Ausgaben der BZ von 1919). Doch die Freude der Kartoffelesser nahm zusehends ab: am Jahresende war man wieder bei 5 Pfund angelangt.
Die Bekanntmachung zum Umtausch minderwertiger Erdäpfel tauchte übrigens nicht wieder auf.