Im „Italienischen Viertel“ wurde direkt nördlich des „Portici“ im selben Jahr 1842 wie dieses das „Colosseum“ gebaut. Seine Fassade war von den „sechs der toskanischen Ordnung der römischen Antike entlehnten Säulen“1 geprägt.
Das „Colosseum“ verfügte über einen großen Saal, der für Tanzveranstaltungen, Theateraufführungen und auch politische Veranstaltungen genutzt wurde (s. Abb. unten rechts Vierländer Nachrichten vom 17.02.1887):
Ob wirklich 2.000 Menschen in den Saal passten, darf bezweifelt werden – vermutlich wollte der Verfasser des Zeitungsartikels mit dieser Zahlenangabe die (letztlich erfolgreiche) Kandidatur Woermanns befördern. Für einen großen Saal spricht auch, dass die schon damals mitgliederstarke „Bergedorfer Schützengesellschaft“ dort ihre Generalversammlungen abhielt:
Eine Innenaufnahme des Saals von frühestens 1910 und nicht später als 1925 findet man bei Jörgen Bracker2, ebenso eine Schrägansicht von Fassade und Saal (Ebd., S. 33.).
Auch hier kann die Frage nach dem Architekten nicht endgültig geklärt werden: Der ungenannte Autor im Bergedorfer Schloßkalender3 (s.o.) nennt zwar den „Hamburger Unternehmer J.W. Dührkoop“ als Erbauer, macht aber keine Angaben zum Architekten. In Klemms Verzeichnis der Werke Chateauneufs ist der Bau nicht aufgeführt4. Für Geerd Dahms war zunächst klar, dass das „Colosseum“ ein weiteres Werk Chateauneufs war (Vgl. Geerd Dahms5), und seine Darstellung wurde auch von anderen übernommen (Vgl. z.B. Joachim Schmidt / Michael Zapf6), aber später rückte er hiervon wieder ab (Vgl. Geerd Dahms7).
Über das in einen Kinosaal für die „Kurbel“ umgewandelte Colosseum schreibt das Filmmuseum Hamburg: „1953 Umbau eines neoklassizistischen Theaters von Chateauneuf durch Georg Koyen“, ohne allerdings die Urheberschaft Chateauneufs zu belegen. Das Ende des Gebäudes kam in den 1970er Jahren durch Abriss – einen fotografischen Beleg für den verfallenen Zustand um 1970 findet man bei Olaf Matthes8. Sic transit gloria …
- Dahms, Bergedorf. Altes neu entdeckt. 2., überarb. Aufl., Hamburg 2004, S. 110 [↩]
- Jörgen Bracker (Hg.): Zu Gast in Bergedorf. Von alten Herbergen und Gaststätten in Bergedorf-Lohbrügge. Hamburg 1990 (Bergedorf-Porträt Heft 5), S. 46 [↩]
- Vgl. N.N., Das „Italienische Viertel“ in Bergedorf, in: Bergedorfer Schloßkalender, Hamburg, 3. Jg. 1927, o.p. [↩]
- David Klemm: Chronologisches Werkverzeichnis (Werke und Projekte), in: ders./ Hartmut Frank (Hg), Alexis de Chateauneuf 1799-1853. Architekt in Hamburg, London und Oslo. Hamburg 2000, S. 149–323 [↩]
- Geerd Dahms, Das vergessene Bergedorf neu entdeckt, Hamburg 1990, S. 66 [↩]
- Joachim Schmidt / Michael Zapf, Bergedorf, Lohbrügge, Vierlande, Marschlande im Wandel in alten und neuen Bildern. Fotografiert von Michael Zapf, mit Texten von Joachim Schmidt. Hamburg 1993, S. 33–34 [↩]
- Geerd Dahms, Bergedorf. Altes neu entdeckt, 2., überarb. Aufl. Hamburg 2004, S. 99, S. 108–110 [↩]
- Olaf Matthes, Hamburg-Bergedorf in den Fotografien von Egon Klebe (Reihe Archivbilder), Erfurt 2010, S. 118 [↩]
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde das Colosseum vorübergehend als „Neues Konzerthaus Bergedorf“ genutzt (Direktion: Franz Köpp). Dies belegen Dokumente aus dem Archiv der Hasse-Gesellschaft, darunter die Programme von zwei Konzerten, die am 8. April und 30. April 1946 dort stattfanden.