Der Geburtstag Otto von Bismarcks, des ersten Reichskanzlers des wilhelminischen Kaiserreichs, wurde in Bergedorf und am Grabe Bismarcks in Friedrichsruh jedes Jahr mit Gedenkstunden, Kundgebungen und dergleichen begangen, oft verbunden mit Kranzniederlegungen: 1919 berichtete die BZ über Kranzniederlegungen am Bergedorfer Bismarck-Denkmal (Abbildung siehe unten) durch den Deutschnationalen Handlungsverband, die Deutschnationale Volkspartei (DNVP) und „Jung-Bergedorf“; die Hansa-Schule legte einen Kranz auf den Sarg Bismarcks (BZ vom 1. und 2. April).
Der Deutschnationale Jugendbund, dessen Ortsgruppe eine abendliche Geburtstags-Gedenkfeier ausrichtete, betonte zwar, dass er kein Teil der DNVP sei (BZ vom 13. Februar), aber es dürfte auch kein Zufall gewesen sein, dass er sich als deutschnational bezeichnete. Der Festredner Prof. Dr. Ohly, Direktor der Hansa-Schule und DNVP-Kandidat zur Bürgerschaft (ohne Erfolg) und zur Bürgervertretung (mit Erfolg), fand die für diesen Zuhörerkreis passenden Worte. Pastor Behrmann, der die Räume zur Verfügung gestellt hatte (BZ vom 31. März 1919), trug (nicht bezeichnete) Gedichte von Rudolf Kinau (nicht: Kienau) vor – ob das „Frei und unerschütterlich“ Hoffmann von Fallerslebens wirklich im Sinne des Dichters gesungen wurde, kann bezweifelt werden.
Was genau nun ein „deutschnational-bismarckischer Geist“ war? Wahrscheinlich mehr als nur ein nostalgisches Erinnern an Reichseinigung und Aufstieg Deutschlands – mit Sicherheit eine Ablehnung von Demokratie und gesellschaftlichen Reformen. Ebenfalls mit Sicherheit war dieser Geist nicht in der gesamten Jugend vorherrschend: die Jugendorganisationen der anderen Parteien hatten sich am Bismarck-Gedenken nicht beteiligt: die Jugendgruppe der DDP führte einen „Storm-Abend“ mit Rezitationen durch (BZ vom 2. April), über andere Veranstaltungen wurde nicht berichtet.