„Namens der U.S.P., Ortsgruppe Bergedorf,“ gab Carl Seß im „Sprechsaal“ der BZ eine Erklärung ab: seine Partei würde es „entschieden mißbilligen“, dass Arbeitslose, darunter auch USPD-Mitglieder, gegen Bezahlung durch die Landherrenschaft den Schleichhandel überwachten und Hamsterern „die oft unter großer Mühe erlangten Lebensmittel“ wegnähmen.
Das stieß auf den Widerspruch zweier anderer Leserbriefschreiber: ein USP-Mitglied namens Beuck, „Kontrolleur der Landherrenschaft über den Schleichhandel“ erklärte, dass die Mitgliederversammlung der USPD einen Antrag im Sinne Seß‘ kurz zuvor abgelehnt habe. Man wäre den Behörden sogar dankbar dafür, dass sie den Schleichhandel unter Beteiligung der USPD bekämpften und dass man nicht den Auftrag hätte, den Eigenbedarfs-Hamsterern alles abzunehmen. Der andere Leserbriefschreiber „P.H.“ begrüßte ebenfalls diesen Einsatz, bei dem die USPD-Leute angeblich zwei Drittel der Kontrolleure stellten.
Ob der ansonsten wortgewandte Seß sich hier nur unklar ausgedrückt hatte? Gegen den Schleichhandel und Lebensmittelwucher war er auch (BZ vom 8. April), aber vielleicht befürchtete er auch eine Vereinnahmung eines Teils der USPD durch die Dankbarkeit gegenüber den staatlichen und kommunalen Stellen. Oder dachte er, dass man es seiner Partei zur Last legen würde, wenn trotz der Kontrollen die Schiebungen andauerten oder bei kleinen Leuten Schwarzmarktware beschlagnahmt würde?
Die Differenzen scheinen tiefgehend gewesen zu sein: im September legte Seß sein Mandat in der Bürgervertretung nieder – das Hamburger Echo, die Zeitung der SPD, gab als Grund ein „Zerwürfnis mit den eigenen Parteifreunden“ an und erwartete, Seß bald in den Reihen der Kommunisten zu sehen (laut BZ vom 17. und 18. September). Jedenfalls blieb Seß politisch aktiv und beteiligte sich als Diskussionsredner an einer DNVP-Veranstaltung, wobei ihn die BZ weiter zur USPD zählte (BZ vom 28. November, siehe auch den Beitrag Es wurde gehol(t)zt).